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Hunde und Katzen
Blut spenden für die Artgenossen

Die Tierklinik der Freien Universität Berlin betreibt eine Blutspendestelle für Hunde und Katzen mitsamt Blutbank. Denn auch für Vierbeiner können Blutspenden erforderlich sein. Für Spendertiere gelten dabei strenge Auflagen. Dafür winken Leckerli und ein Sack Hundefutter für zuhause.

Von Daniela Siebert | 12.09.2019
Husky "Sirius" beim Blutspenden in der Tierklinik der FU Berlin, 2013
Husky "Sirius" beim Blutspenden in der Tierklinik der FU Berlin, 2013 (dpa / Stephanie Pilick)
Fabi ist heute zur Nachuntersuchung in die "Klinik für kleine Haustiere" der Freien Universität Berlin gekommen. Die hellbraune Promenadenmischung trägt einen riesigen Verband um den Leib und hat sich im Behandlungszimmer unter dem Stuhl von Herrchen Thomas Putz zusammengerollt. Vor zwei Tagen hatte die zwölfjährige Hündin auf einmal einen Schwächeanfall und er fuhr mit ihr hierher in die Klinik.
"Wir dachten schon, sie stirbt uns weg. Das Team hat sehr schnell eine Notoperation arrangiert, also man hat dann festgestellt: Die Schwäche kommt durch einen Blutverlust aus der Milz. Man hat dann auch ganz schnell einen Tumor in der Milz festgestellt und sie wäre ohne diese Operation innerlich verblutet, das hat man aber alles stoppen können."
Rettung auf dem OP-Tisch durch Blutspende
Tierärztin Barbara Kohn kommt dazu, im weißen Arztkittel. Die Professorin berichtet, wie es zu der Bluttransfusion kam:
"In der Operation hat der Tumor noch mal sehr stark angefangen zu bluten. Und der Chirurg rief dann aus dem OP, dass der Tumor jetzt sehr stark blutet und dann ging auch der Blutdruck runter in der Operation. In dem Moment haben wir dann eben entschieden und sind schnell gelaufen, insofern hat sie bestimmt überlebt wegen des Blutbeutels."
Fabi hatte das Glück, dass die Tierklinik eine Blutspendestation mitsamt Blutbank für Hunde und Katzen betreibt. Denn es gibt immer wieder medizinische Probleme, die Blutspenden für solche Haustiere nötig machen, erklärt Barbara Kohn.
"Vor allem Blutarmut - wenn die Blutarmut zu schlimm und lebensgefährdend wird, dann muss transfundiert werden. Weil es keinen anderen verfügbaren Sauerstoffträger gibt, nur die roten Blutkörperchen. Und bei beiden Tierarten kommen dann auch noch Gerinnungsstörungen dazu, zum Beispiel Rattengift-Vergiftungen oder Bluter oder Verbrauch von Gerinnungsfaktoren bei schweren Entzündungen."
Etwa ein Dutzend Blutbeutel lagern im Kühlschrank der Klinik: Vollblut für Katzen und für Hunde: getrennte Packungen mit Plasma oder roten Blutkörperchen.
Ähnlich wie beim Menschen gilt es, bei beiden Tierarten verschiedene Blutgruppen zu unterscheiden.
"Hunde haben mindestens zwölf verschiedene Blutgruppen. Und bei den Katzen, da gibt es vorwiegend die Blutgruppen A, B und AB und darauf testen wir auch. Es muss für die Blutgruppe der entsprechende Spender gesucht werden und besonders bei Katzen ist das extrem wichtig."
Strenge Auflagen für Spendertiere
Als Spendertiere kommen nur gesunde Tiere in Frage. Sie müssen ein Mindestgewicht haben und dürfen höchstens zehn Jahre alt sein. Regelmäßige Impfungen und Wurmkuren sind Pflicht. Außerdem gibt es geografische Ausschlusskriterien, etwa Hunde, die in Südeuropa waren.
"Wir testen momentan unsere Spender zum Zeitpunkt der Blutentnahme nur auf eine Infektionskrankheit, das ist die sogenannte Anaplasmose, die wird vom Holzbock übertragen. Und wenn wir einen Hund aus dem Mittelmeerraum nehmen würden, dann müssten wir auf sechs, sieben Krankheiten testen und wären immer noch nicht ganz sicher."
Nach einer Eingangsuntersuchung mit Gewichts- und Blutkontrolle geht es zur Blutspende. Heute wurde Emma herbestellt, ein schwarzer Labrador Retriever, dessen Blut zu einem Hunde-Patienten auf der Intensivstation passt. Frauchen Julia kommt mit ihrem Haustier schon zum zweiten Mal zum Blutspenden. Ein Grund: Sie ist Krankenschwester auf einer Intensivstation für Menschen:
"Als wir vor zwei Jahren etwa zum ersten Mal hier waren zum Blutspenden, dachte ich eben auch: Wenn beim Menschen Blutspenden gesucht werden, warum kann man das nicht auch beim Hund unterstützen?"
Leckerli als Belohnung und Hundefutter für zuhause
In einer etwa viertelstündigen Prozedur wird eine Stelle am Hundehals für die Einstichkanüle kahl rasiert, dann halten zwei Erwachsene Emma in Seitenlage fest und beruhigen sie, während rund 300 Milliliter Blut über einen Schlauch in einen Blutbeutel fließen. Katzen bekommen beim Blutspenden üblicherweise eine Beruhigungsspritze.
Emma erhält als Lohn für ihr Blut sofort danach Leckerli. Frauchen Julia bekommt einen Sack Hundefutter für zuhause. Eine weitere Entschädigung gibt es für die Spender nicht, das ist aber auch nicht entscheidend findet die Hundebesitzerin mit Säugling im Tragetuch.
"Weil ich denke, vielleicht kriegen wir auch mal Schwierigkeiten und dann freuen wir uns ja auch, wenn andere Hundehalter ihre Hunde zur Verfügung stellen."
Auch viele andere Universitäts-Tierkliniken unterhalten solche Blutbanken, so Barbara Kohn. Ihr eigenes Haus rekrutiert die Spenden vor allem über direkten Kontakt zu Tierbesitzern und durch Mundpropaganda unter Hunde- und Katzenhaltern. Die Behandlung der Patienten bezahlen entweder die Besitzer selbst oder einschlägige Tierversicherungen.