Mittwoch, 24. April 2024

Archiv

Hunderttausende demonstrieren gegen Waffengewalt
"Schützt Kinder, nicht Waffen!"

In der US-Hauptstadt Washington haben Hunderttausende gegen Waffengewalt und für schärfere Waffengesetze demonstriert. Auch viele Prominente waren dem Aufruf gefolgt. Auf Plakaten stand unter anderem: "Schützt die Kinder, nicht die Waffen" oder "Die NRA hat Blut an ihren Händen". Weltweit gab es mehr als 800 Solidaritätsveranstaltungen.

24.03.2018
    "March for our lives" in Washington
    "March for our lives" in Washington (dpa / abaca / Olivier Douliery)
    Zu den Organisatoren gehören Überlebende des Massakers Mitte Februar an einer Schule aus Parkland im Bundesstaat Florida. Der "Marsch für unsere Leben" steht unter dem Motto "Nie wieder". Auf Twitter forderten die Organisatoren, Waffengewalt und Massenerschießungen in Schulen und Gemeinden zu beenden. Die Schüler fordern unter anderem ein völliges Verbot von Sturmgewehren in den Händen von Zivilisten und eine generelle Heraufsetzung des Alters bei Waffenkäufen auf 21 Jahre.
    Sechs Minuten und 20 Sekunden für 17 Menschenleben
    Emma Gonzalez, die durch eine kämpferische Rede zum Gesicht der Protestbewegung wurde, hielt erneut eine Rede und schwieg minutenlang - Rede und Schweigen dauerten genau sechs Minuten und 20 Sekunden - so lange, wie der Todesschütze von Parkland benötigte, um 17 Menschen an ihrer Schule zu töten. Dann sagte sie: "Kämpft um euer Leben, bevor es jemand anderes tun muss!"
    "Ich habe einen Traum - von einer Welt ohne Waffen"
    Auch die neunjährige Enkelin des Bürgerrechtlers Martin Luther King sprach auf der zentralen Kundgebung in Washington. Sie habe einen Traum, sagte Yolanda Renee King in Anlehnung an die berühmte Rede ihres Großvaters: von einer Welt ohne Waffen.
    Die meisten der Demonstranten und fast alle Rednerinnen und Redner waren Schüler. Cameron Kasky aus Parkland in Florida sagte bei seiner Rede, "wir sind der Wandel". Und die 17-jährige Lauren Tilley aus Kalifornien meinte, "wir sind diejenigen, die jeden Tag Angst haben, zur Schule zu gehen". Es könne nicht so weitergehen wie bisher.
    "Wenn unsere Führer sich wie Kinder verhalten, müssen Kinder führen"
    Etwa 20.000 Menschen kamen zu einer Kundgebung in der Nähe der Stoneman Douglas Highschool in Parkland. In mehreren hundert weiteren Städten der USA, darunter Chicago, Boston, Atlanta und Los Angeles und auch in vielen anderen Ländern gab es ähnliche Proteste. In New York, der Heimatstadt von US-Präsident Trump, hielten Demonstranten vor dem Trump-Tower selbstgemalte Schilder hoch. Auf einem stand "Wenn unsere Führer sich wie Kinder verhalten, müssen Kinder führen". Chelsea Clinton twitterte, sie sei mehr als inspiriert.
    In Deutschland gab es Solidaritäts-Demonstrationen unter anderem in München, Berlin und Hamburg. Auch in China sollen sich Menschen versammelt haben.
    March for our lives in Hamburg
    March For Our Lives in Hamburg (dpa / Markus Scholz)
    Trump ist in Florida und spricht von "mutigen jungen Amerikanern"
    US-Präsident Trump hatte zwar diesen Monat unter dem Druck der Proteste ein Maßnahmenbündel zur Schulsicherheit verkündet, aber praktisch nichts zur Verschärfung der Waffengesetze. Offenbar mit Blick auf den Massenprotest stellte die US-Regierung aber am Freitag ein Verbot von Schnellfeueraufsätzen in Aussicht. Durch die neue Kategorisierung würden die Vorrichtungen, die eine halbautomatische Waffe zu einer Maschinenpistole mit Dauerfeuer umfunktionierten, de facto verboten.
    Trump selbst war nicht in Washington. Er verbringt das Wochenende auf seinem Anwesen in Mar-a-Lago. Das Weiße Haus veröffentlichte jedoch eine Erklärung, in der es hieß: "Wir applaudieren den vielen mutigen jungen Amerikanern, die heute ihr Verfassungsrecht nach Artikel 1 (Recht auf freie Meinungsäußerung) ausüben. Unsere Kinder zu schützen ist eine Top-Priorität des Präsidenten."
    March for Our Lives - Washington|
    March for Our Lives - Washington (dpa / abaca / Olivier Douliery)
    Viele Prominente unterstützen die Proteste
    Die Demonstranten bekamen auch von Prominenten viel Zuspruch. In Washington traten unter anderem Miley Cyrus, Ariana Grande und Jennifer Hudson auf. Der Schauspieler George Clooney schrieb: "Ihr macht mich wieder stolz auf mein Land." Miley Cyrus twitterte ein Selfie von der Demonstration in Washington und den Aufruf, ein Lied von Überlebenden der Stoneman Douglas Highschool in Florida anzuhören.
    Der frühere US-Präsident Barack Obama, der sich in seiner Amtszeit erfolglos für strengere Waffengesetze eingesetzt hatte, lobte in einem Brief an die Parkland-Schüler ihre "Ausdauer, Entschlossenheit und Solidarität". Sie hätten dabei geholfen, "das Gewissen der Nation zu wecken". In einem Tweet schrieb Obama, nichts könne Millionen Stimmen aufhalten, die einen Wandel verlangten.
    Der frühere US-Präsident Bill Clinton erklärte, das Land müsse den Schülern und ihren Mitstreitern dankbar sein. Der Schauspieler George Takei, bekannt als Sulu aus Star Trek, bedankte sich bei den Schülern. Er twitterte: "Danke an alle, die heute marschieren. Ihr bewirkt etwas und rettet Leben. Die jungen Leute, die diese Bewegung anführen, inspirieren mich jeden Tag."
    Der Politikwissenschaftler Christian Hacke sieht in den Großemonstrationen ein Zeichen, "dass die Zivilgesellschaft in den Vereinigten Staaten funktioniert". Hacke sagte im Deutschlandfunk, die Jugendlichen könnten eine Vorreiterrolle einnehmen und den Druck auf das Establishment in Washington "und diese Machenschaften zwischen Politik und wirtschaftlichen Interessen, die geradezu Gewaltbereitschaft unterstützen" erhöhen. In den USA sterben jedes Jahr mehr als 30.000 Menschen durch Schusswaffen.
    (ren/mw)