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Hygiene im Alltag
"Wasser und Seife reichen völlig aus"

Zu Beginn der Corona-Pandemie waren Desinfektionsmittel besonders schell vergriffen. Experten raten jedoch, dass sie mit Bedacht eingesetzt werden sollten - auch in Zeiten von Corona. Für das Alltagsleben unter gesunden Menschen reichen in der Regel Wasser und Seife.

Von Susanne Kuhlmann | 10.07.2020
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Die effektivste Maßnahme zum Schutz vor Infektionen ist das Waschen der Hände mit Wasser und Seife, meint Ralf Dieckmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung (Jasmin Sessler | unsplash.com)
Sie sind winzig, und sie sind zahlreich – Mikroorganismen, die unter anderem auf unserer Haut und im Darm leben. Und sie gehören unbedingt dorthin, sagt Dr. Ralf Dieckmann, Chemiker und im Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, mit biologischer Sicherheit befasst.
"Zunächst sollte man sich klarmachen, dass Mikroorganismen überall um uns herum sind, in uns und auf uns und die allerwenigsten von diesen uns krankmachen."
Sie regeln zum Beispiel die Verdauung und schützen die Haut, und mit regelmäßiger Körperhygiene werden wir normalerweise die los, die uns schaden könnten. Wasser und Seife reichen völlig aus, so Dr. Gunter Linsel. Er ist bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin für den Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen zuständig. "Die Wirkung der Seifen, also der Tenside der oberflächenaktiven Substanzen, ist eher die, dass sie die Mikroorganismen, in diesem Fall auch die Viren, abwäscht, herunter wäscht und damit die Infektionslast, die Viruslast reduziert."
Normale Putz- und Spülmittel reichen aus
Das gilt auch für das Coronavirus, mit dem wir es gerade zu tun haben. Normale Putz- und Spülmittel für Wohnung und Geschirr und normales Waschmittel für die Kleidung sind auch jetzt ausreichend. "Das ist ganz wesentlich das Tensid, was da drin ist, was dafür sorgt, dass die virenhaltigen Partikel, die Mikroorganismen-haltigen Partikel von den Oberflächen herunter gewaschen werden." Auch Säuren, die in Putzmitteln oder auch Hausmitteln verwendet werden, erfüllen diesen Zweck.
"Das betrifft zum Beispiel auch organische Säuren wie Essig. Die Viren, die Mikroorganismen mögen mitunter die sauren Umgebungen nicht, und so hat auch eine Säure eine desinfizierende, inaktivierende Wirkung." So wie das Chlor, das uns aus dem Schwimmbad bekannt ist. "Das Chlor hat eine direkt keimtötende Funktion. Das ist das Problem, dass das Chlorgas auch eine Atemweg reizende Wirkung hat. Aber die steht im Vergleich zur desinfizierenden Wirkung im Chlorwasser, im Schwimmbadwasser, eindeutig im Hintergrund." Es gibt auch chlorhaltige Waschmittel, die ebenfalls desinfizierend wirken.
Desinfektionsmittel eher im medizinischen Bereich
In einem Haushalt mit gesunden Menschen braucht man sie allerdings nicht, meint Ralf Dieckmann vom Bundesinstitut für Risikobewertung. Wie erwähnt, reizt Chlor die Atemwege und Desinfektionsmittel können generell Allergien auslösen. Sie sollten darum nur dort verwendet werden, wo sie tatsächlich notwendig sind, weil die Viruslast erheblich ist. Also vor allem im medizinischen Bereich. Das gilt laut BfR auch für antimikrobiell wirkende Substanzen wie Kupfer- oder Silberionen in Kleidung.
"Über die Wirkung von zum Beispiel Silber auf das Hautmikrobiom ist noch relativ wenig bekannt. Das heißt, bei solchen Anwendungen besteht immer das Risiko der Selektion von resistenten Bakterien. Das heißt, die Bakterien bilden dann Abwehrmechanismen aus und tolerieren dann diese Substanzen besser. Und im schlechten Fall werden sogar Antibiotika-Resistenzen ausgelöst."
Hände waschen mit Seife am effektivsten
Anders, so das BfR, ist wiederum mit Kupferionen ausgerüstete medizinische Arbeitskleidung zu bewerten, beispielsweise Arztkittel. Sie könnten verhindern, dass Arzt- und Pflegepersonal multiresistente Keime von einem Patienten zum anderen tragen. Für das Alltagsleben unter gesunden Menschen gilt aber: "Schließlich ist immer noch eine der effektivsten Maßnahmen zum Schutz vor Infektionen das Waschen der Hände mit Wasser und Seife." Das hat auch zurzeit Bestand, meint Ralf Dieckmann.