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"Ich denke, dass das der Markt entscheiden wird"

Die herkömmlichen Diplom-Studiengänge sind ein Auslaufmodell. Mit der Bologna-Reform kommt das "Aus" für den deutschen "Diplom-Ingenieur". Nicht aber in Sachsen. Während andernorts lediglich Studienfächer mit dem Abschluss "Staatsexamen nach altem Muster angeboten werden, ist in Sachsen das Umstellen auf Bachelor und Master gesetzlich nicht vorgeschrieben.

Von Ulf Walther | 05.01.2010
    "Es gibt eine Identität in Sachsen: Wir sind ein Land der Ingenieure. Das wird sehr breit getragen. Und der Ingenieur wird gegenwärtig sehr stark einfach mit dem 'Diplom-Ingenieur' identifiziert."

    Das sagt Friedrich Albrecht, Prorektor für Bildung an der Hochschule Zittau/Görlitz. Diese Hochschule ist nicht die einzige in Sachsen, die auch künftig Diplomstudiengänge anbietet. Möglich macht das das sächsische Hochschulgesetz. Das schreibt zwar vor, dass die Studiengänge künftig modularisiert, also Bologna-konform, angeboten werden. Aber es schreibt nicht vor, mit welchem Abschluss das Studium beendet wird. Und so bietet die Hochschule Zittau/Görlitz weiterhin die Fächer Wirtschaftsingenieurwesen, BWL, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Maschinenbau und Umwelttechnik als reine Diplomstudiengänge an, sagt Prorektor Friedrich Albrecht:

    "Es ist so, dass insbesondere in den Ingenieur- und einigen Naturwissenschaften weiterhin eine große Nachfrage speziell nach diesem Abschluss besteht. Man ist vermutlich noch verunsichert: Was kann man mit dem Bachelor überhaupt anfangen? Und da setze ich doch lieber auf das sichere Pferd des 'Diplom'."

    Dank des modularen Aufbaus der Studiengänge sei der Wechsel in einen Bachelorstudiengang einer anderen Hochschule problemlos möglich. Und so lange Diplomabschlüsse sowohl von Studierenden als auch der Wirtschaft nachgefragt werden, biete die Hochschule Zittau/Görlitz das Diplom auch weiterhin an. Parallel dazu ist aber auch der Masterabschluss möglich.

    Auch an der TU Dresden können Studierende weiterhin den Titel "Diplomingenieur" erreichen. Die Fakultät Elektrotechnik und Informationstechnik etwa führt auch weiterhin die Fächer Elektrotechnik, Informationssytemtechnik und Mechatronik mit dem Abschluss "Diplom". Für Dekan Klaus Janschek hat das einen klaren Grund:

    "Es hat sich in 50 oder 60 Jahren Bundesrepublik gezeigt, dass eine fünfjährige Ingenieurausbildung zu hervorragenden Ergebnissen führt. Und eine kürzere Ausbildung, wie es also jetzt angedacht ist, ein Bachelor-Studium solle drei Jahre dauern, wird eben für den Markt auch nur 3/5 Ingenieure, also Teil-Ingenieure, produzieren."

    Und ein "dreifünftel" Ingenieur könne nun mal in der Wirtschaft nicht das leisten, was ein Diplom-Ingenieur leisten kann. Auch an der TU Dresden sind die Diplomstudiengänge modularisiert und werden die Bologna-üblichen Creditpoints vergeben. So ist der Wechsel zu einer anderen und auch von einer anderen Hochschule möglich. Auch Dank eines parallel angebotenen Masterstudiengangs. Mit modularisierten Vordiplom-Prüfungen sei auch die Zweigliedrigkeit des Studiums garantiert. Und ein weiterer Punkt spricht nach Ansicht von Janschek für ein Diplom- und gegen ein Bachelor- und Masterstudium:

    "Es ist also so, dass sie ein Masterstudium erst dann beginnen dürfen, wenn das Bachelor-Studium erfolgreich beendet ist. Nun wird es nur in ganz seltenen Fällen vorkommen, dass sie dieses Dreijahres-Studium wirklich am Ende des letzten Sommersemesters voll beendet haben, dass sie also alle Prüfungen unter Dach und Fach haben, dass sie ihre Bachelor-Arbeit unter Dach und Fach haben. Und sie dürfen dann im anschließenden Wintersemester überhaupt noch nicht mit dem Masterstudium beginnen."

    Und so könne es sehr schnell passieren, dass zwischen dem beendeten Bachelor- und dem Beginn des Masterstudiums ein Jahr verloren geht. Und somit würde der Studienabschluss die durchschnittlich elf Semester des Diplomstudiengangs überschreiten.

    Und noch einen Vorteil gibt es für Klaus Janschek: Das Alleinstellungsmerkmal. Der ein oder andere Abiturient auch aus anderen Bundesländern könnte den Weg nach Sachsen, nach Dresden finden, um hier Diplomingenieur zu werden. Wie lange das Diplom noch angeboten wird? Klaus Janschek:

    "Ich denke, dass das der Markt entscheiden wird."