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"Ich halte ihn für einen großen Papst“

Papst Benedikt XVI. wurde während seiner Amtszeit immer wieder kritisiert – nicht zuletzt wegen seines Umgangs mit der umstrittenen Pius-Bruderschaft. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Norbert Geis findet die Kritik am Papst "kleinkariert". Der Rücktritt sei ein "Verlust" für die Kirche und Deutschland.

Peter Kapern im Gespräch mit Norbert Geis (CSU) | 11.02.2013
    Peter Kapern: Und bei uns am Telefon ist nun Norbert Geis, der CSU-Bundestagsabgeordnete. Guten Tag, Herr Geis!

    Norbert Geis: Ich grüße Sie!

    Kapern: Herr Geis, wie fällt Ihre Reaktion auf diesen angekündigten Rücktritt aus?

    Geis: Ja, ich war sehr überrascht und auch betroffen. Ich halte ihn für einen großen Papst, es gibt wohl kaum jemand, der gerade die geistlichen Strömungen im Westen und insbesondere auch in Deutschland so genau analysiert hat wie unser jetziger Papst, und der vor allem auch mit einem, wie ich meine, großen Einfühlungsvermögen und auch der gebotenen Zurückhaltung, die auch sehr menschlich zu werten ist, immer aber mit großer Klarheit versucht hat, das Evangelium in die Zeit hineinzubringen und in die Zeit hinein zu verkündigen, in unsere Zeit hinein zu verkündigen, und das mit der Kenntnis der gesamten Theologie seit Augustinus, muss man ja wissen, dass dieser Mann diese Theologie und die ganzen theologischen Strömungen bis in unsere Zeit hinein präsent hat und wie kein anderer präsent hat. Also es ist ein Verlust für die Kirche, aber es ist auch zunächst einmal ein Verlust für Deutschland. Immerhin ist er ein Mann, der in Deutschland, auch wenn er sehr viel kritisiert worden ist und auch manchmal kleinlich kritisiert worden ist, doch einen großen Einfluss ausgeübt hat. Das hoffe ich jedenfalls.

    Kapern: Wie sah diese kleinliche Kritik Ihrer Meinung nach aus?

    Geis: Na ja, gut, also die kam aus den Kirchenreihen selbst, die kam auch von kirchenfernen Leuten, die manchmal, meine ich – habe ich sie als kleinkariert empfunden. Ich meine, da möchte ich jetzt gar nicht groß Aufhebens davon machen. Aber wie auch immer, wenn jemand da vorne steht, und sagt etwas, in Deutschland ist man da immer sehr schnell dabei zu kritisieren und ein wenig die Anerkennung einer solchen Tätigkeit wirklich in den Blick zu nehmen.

    Kapern: Aber kann man so wirklich gewissermaßen den Vorhalt, der ihm von den Laien, der ihm von vielen Laien gemacht worden ist, nämlich nicht progressiv genug auf die Herausforderungen, denen die Kirche sich gegenüber sieht zu antworten, kann man diese Vorhaltungen so leicht vom Tisch wischen?

    Geis: Das möchte ich nicht. Nein, da haben Sie vollkommen recht. Die, die diese Vorhaltungen machen, machen das ja mit großer Verantwortung. Aber ich bin nicht der Meinung, dass diese Vorhaltungen zu Recht gemacht worden sind, das heißt, dass sie richtig sind. Denn ich glaube schon, dass der Papst – gerade aufgrund seines Amtes, das ist ja nicht nur ein Papst aus Deutschland, sondern er ist Papst der Weltkirche –, dass er da nicht anders viel handeln konnte, als er gehandelt hat und als er gesprochen hat. Und ich glaube auch nicht, dass ein Nachfolger jetzt in Anführungszeichen "progressiver" sein wird, Anführungszeichen oben, denn das ist sehr schnell auch gesagt, was ist denn progressiv dann, und wo soll denn Progressivität auch hinführen. Progressivität nur um des Fortschritts willen, das ist zu wenig. Und da muss man auch ein wenig Verständnis, glaube ich, aufbringen, und ich glaube, das kommt auch mehr und mehr, dass er eben Papst einer ganz großen Kirche ist, einer weltumfassenden Kirche, und mit vielen, vielen anderen Strömungen auch, denen er gerecht werden muss.

    Kapern: Norbert Geis, der CSU-Bundestagsabgeordnete. Herr Geis, vielen Dank für das Gespräch heute Mittag hier im Deutschlandfunk!

    Geis: Danke, bitte schön!


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