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"Ich schlafe mit Wissen um dieses schlagkräftige Team der Union absolut ruhig"

Ronald Pofalla erwartet vom frisch gekürten SPD-Führungsduo Müntefering und Steinmeier konsequentes, gemeinsames Weiterregieren bis zu einem kurzen, fairen Wahlkampf 2009. Strukturelle Verbesserungen im Zuge der Finanzkrise schließt Pofalla für die Koalition zudem nicht aus.

Ronald Pofalla im Gespräch mit Stefan Heinlein |
    Stefan Heinlein: Aufmerksam mitgehört hat der Generalsekretär der CDU, Ronald Pofalla. Guten Morgen!

    Ronald Pofalla: Guten Morgen, Herr Heinlein.

    Heinlein: Neue selbstbewusste Töne von Seiten des Koalitionspartners. Freut Sie das, oder macht Ihnen das Sorgen?

    Pofalla: Die CDU gratuliert dem neuen Parteivorsitzenden und dem Kanzlerkandidaten. Die SPD hat auf ihrem Parteitag der Versuchung widerstanden, den Wahlkampf auszupacken. Das ist doch ein klares Zeichen für eine auch weiter handlungsfähige Regierung. Wenn es nach mir geht, regieren wir bis zum Sommer 2009 konzentriert weiter, führen dann einen kurzen fairen Wahlkampf und schicken nach der Bundestagswahl die SPD in die Opposition.

    Heinlein: Franz Müntefering ist ja zuständig für die Abteilung Attacke. Wir haben es ansatzweise gerade gehört. Erwarten Sie, dass er in den kommenden Wochen und Monaten seine Angriffe auf die Union noch steigern wird?

    Pofalla: Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten in der Bundesregierung kraftvoll die Dinge anpacken, die anstehen. Und im Blick auf den SPD-Parteitag muss man sagen, es ist dennoch enttäuschend, dass auch die neue SPD-Führung nichts gegen die geplante Wortbruchkoalition in Hessen unternimmt, und es ist gerade in dieser Situation mehr als paradox: Während der Bundesfinanzminister alles tut, um das deutsche Finanzsystem zu stabilisieren, rühren der SPD-Kanzlerkandidat und der neue SPD-Parteivorsitzende keinen Finger, um waghalsige politische Experimente am Bankenstandort Nummer Eins in Hessen zu unterbinden. Weder Herr Müntefering, noch Herr Steinmeier bringen den Mut auf, Frau Ypsilanti aufzufordern, ihre Wortbruchvorhaben zu stoppen. Damit ist die neue Führung, wie ich finde, mit einem beachtlichen Makel gestartet.

    Heinlein: Dennoch, Herr Pofalla, Müntefering und Steinmeier haben beide ja sehr deutlich eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei auf Bundesebene abgelehnt. Wie groß ist denn Ihr Vertrauen in dieses Versprechen?

    Pofalla: Dasselbe haben wir doch von Frau Ypsilanti vor der Hessenwahl hundertfach gehört. Die Bundes-SPD unter Führung von Müntefering und Steinmeier sagt, im Bund nicht, aber konkret in der Bundesversammlung bei der Wahl des beliebten Bundespräsidenten wirbt sie um die Stimmen der Linkspartei. In den Ländern lässt sie den Ländern die Freiheit, in der SPD selber darüber zu entscheiden, und wir werden im Sommer des nächsten Jahres sehen, dass die SPD sogar so weit gehen wird, in Thüringen, im Saarland, dass die SPD bereit ist, als Juniorpartner mit der Linkspartei bereitzustehen. Das alles zeigt: dieses kann nicht geglaubt werden.

    Heinlein: Einen Wortbruch von Steinmeier und Müntefering, nach der Bundestagswahl auf Bundesebene eine Koalition mit der Linkspartei einzugehen, halten Sie also durchaus auch für möglich?

    Pofalla: Ich gehe davon aus, dass das, was wir in Hessen mit Frau Ypsilanti erlebt haben, kein singuläres Ereignis war. Der SPD kann nicht mehr geglaubt werden, wenn sie behauptet, im Bund würde sie niemals mit der Linkspartei koalieren.

    Heinlein: Dennoch wollen Sie mit der SPD in den kommenden Wochen und Monaten ja weiter auf Bundesebene zusammenarbeiten. Welche gemeinsamen Projekte können Sie denn noch anschieben in dem Rest der Legislaturperiode?

    Pofalla: Ja nun, wir haben eine ganze Reihe von ganz konkreten Gesetzesvorhaben in der Pipeline und in der Vorbereitung. Es geht jetzt darum, die Erbschaftssteuerreform zu Ende zu bringen. Es geht darum, den Bundeshaushalt für das Jahr 2009 mit der dazugehörigen mittelfristigen Finanzplanung zu beraten und zu verabschieden. Das sind wichtige Projekte, die jetzt im Deutschen Bundestag anstehen und die wir gemeinsam meistern werden.

    Heinlein: Wird für diese Projekte die Zusammenarbeit mit Franz Müntefering einfacher werden als mit Kurt Beck?

    Pofalla: Die Zusammenarbeit mit der SPD in der Großen Koalition war ja dadurch gekennzeichnet, dass wir seit dem Beginn der Großen Koalition jetzt den dritten Parteivorsitzendenwechsel erleben. Die Union war Anker der Stabilität und daran wird sich nichts ändern.

    Heinlein: Aber die Kanzlerin konnte in der Vergangenheit - so hieß es immer wieder - sehr gut mit Franz Müntefering. Was ist denn der Grund für die große Wertschätzung, die Müntefering bei der Kanzlerin genießt?

    Pofalla: Franz Müntefering ist ein erfahrener Mann, der an ganz unterschiedlichen Stellen bewiesen hat, dass er auch in schwierigen Situationen zu Vereinbarungen steht, und davon gehen wir aus, dass das auch weiter so sein wird.

    Heinlein: Herr Pofalla, die SPD hat nun ein starkes Führungsduo und einen populären Finanzminister. Drei starke Männer also. Die CDU hat die Kanzlerin. Wo ist denn das Team, das Angela Merkel den Rücken freihält?

    Pofalla: Die Union ist sehr gut aufgestellt mit einer äußerst erfolgreichen und angesehenen Bundeskanzlerin an der Spitze. Hinzu kommen gestandene Bundesminister und Ministerpräsidenten. Seien Sie also versichert: Ich schlafe mit Wissen um dieses schlagkräftige Team der Union absolut ruhig. Im Gegenteil: ich freue mich wirklich auf den anstehenden Wahlkampf, allerdings erst 2009. Bis dahin wird anständig regiert.

    Heinlein: Dennoch, Herr Pofalla, wer kann denn etwa auf Unionsseite dem starken Finanzminister Steinbrück Paroli bieten? Wirtschaftsminister Glos agiert ja eher im Verborgenen.

    Pofalla: Wir haben ganz starke Mitglieder der Bundesregierung, die in ihren Aufgabenfeldern ihrer Verantwortung gerecht werden. Die SPD sucht doch beispielsweise jetzt seit Monaten eine Frau, die unserer engagierten und beliebten Bundesfamilienministerin das Wasser reichen soll, aber es wird keine Frau gefunden in der SPD, die diese Aufgabe tatkräftig wahrnehmen kann.

    Heinlein: Herr Pofalla, einer Ihrer starken Ministerpräsidenten, Jürgen Rüttgers aus Nordrhein-Westfalen, fordert heute in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" eine Neuausrichtung des CDU-Parteiprogramms, weg von neoliberalen Vorstellungen, hin zu einer echten sozialen Marktwirtschaft. Ist dieser Vorstoß mit Ihnen, mit Angela Merkel auch abgesprochen?

    Pofalla: Im Grundsatzprogramm der CDU Deutschlands, das wir im Dezember des vergangenen Jahres in Hannover verabschiedet haben, haben wir uns auf Freiheit und Sicherheit festgelegt. Wir haben gesagt, Freiheit ohne Sicherheit ist für uns nicht vorstellbar, aber Sicherheit ohne Freiheit auch nicht. Ich leite gerade eine Arbeitsgruppe, die für den Bundesparteitag in Stuttgart Anfang Dezember einen Antrag vorbereitet, "Die Mitte stärken". In diesem Antrag werden wir uns deutlich mit den Vorteilen der sozialen Marktwirtschaft auseinandersetzen und wir werden deutlich machen, dass diese soziale Marktwirtschaft ein Ordnungsmodell für die Bewältigung der Globalisierung ist, und in diesem Ziel sind wir uns in der Parteiführung völlig einig.

    Heinlein: Auch mit Jürgen Rüttgers?

    Pofalla: Auch mit Jürgen Rüttgers, der ja dieser Arbeitsgruppe angehört und in dieser Arbeitsgruppe diese Grundausrichtung des Antrages mitgetragen hat.

    Heinlein: Blicken wir auf die bevorstehenden Aufgaben. In dieser Woche soll es ja bereits um ein Konjunkturprogramm gehen, um mehr Entlastung für Bürger und Unternehmen. Wird hier die Koalition gemeinsam an einem Strang ziehen?

    Pofalla: Die Wortmeldungen des Wochenendes haben deutlich gemacht, dass wir am gleichen Strang ziehen. Keine der Koalitionsparteien will ein klassisches Konjunkturprogramm, wie wir es in den 70-er und Anfang der 80-er Jahre in Deutschland erlebt haben. Wenn allerdings die Notwendigkeit besteht, sollten wir über strukturelle Verbesserungen nachdenken. Das wären zusätzlich gezielte Anreize für Investitionen und damit für anhaltendes und solides Wachstum. Dazu könnte gehören, dass wir die ohnehin vom Bundesverfassungsgericht angemahnte volle Absetzbarkeit der Krankenkassenbeiträge zeitlich nach vorne ziehen, Förderprogramme der KfW in Bezug auf Gebäudesanierung und Anreize beim Kauf verbrauchsärmerer Autos in Erwägung ziehen.

    Heinlein: In Erwägung ziehen, aber beschlossen ist die steuerliche Absetzbarkeit von Krankenkassenbeiträgen in diesem Jahr noch nicht?

    Pofalla: Beschlossen ist in der Koalition, dass wir das Bundesverfassungsgerichtsurteil umsetzen, und in dieser Phase wird es darum gehen, sich darüber zu unterhalten, ob wir die Umsetzung dieses Verfassungsgerichtsurteiles um ein Jahr vorziehen. Diese Entscheidung werden wir in den nächsten Tagen gemeinsam miteinander beraten.

    Heinlein: Heute soll es im Kabinett ja auch um die Rechtsverordnung für die Banken gehen, die das Rettungspaket der Bundesregierung in Anspruch nehmen. Dabei geht es auch ganz konkret um die Deckelung von Managergehältern. Muss die Grenze von 500.000 Euro kommen?

    Pofalla: Wenn der Staat mit Steuergeldern Banken vor dem Bankrott rettet, ist es sonnenklar, dass er für die Dauer des Engagements ein Mitspracherecht besitzt, und dafür sorgen muss, dass wieder Vertrauen einkehrt. Dazu gehören selbstverständlich auch die Gehälter. Im Übrigen ist das, was wir jetzt in diesen Tagen an Diskussionen darum erleben, doch etwas absurd. Der Staat fördert auch an anderer Stelle mit Geld bestimmte Entwicklungen und verbindet dies mit Voraussetzungen und eine der Voraussetzungen ist, dass wir in einer Verordnung festlegen, welche Gehälter für die Phase der Inanspruchnahme der Gelder aus dem Fonds von uns als Obergrenze vorgesehen werden.

    Heinlein: Haben Sie denn schon Informationen, was die Staatssekretäre in dieser Nacht im Einzelnen entschieden haben?

    Pofalla: Das Kabinett tagt um 8:30 Uhr und die Ergebnisse der Beratungen werden wir dann alle gemeinsam zur Kenntnis nehmen können. Ich gehe aber davon aus, dass es zu einer einvernehmlichen Entscheidung kommt.

    Heinlein: Insgesamt wird aber die Regel gelten, wer die staatlichen Hilfen in Anspruch nimmt, wird vom Staat an den engen Zügel genommen?

    Pofalla: Der enge Zügel ist die Voraussetzung dafür, um aus dem Fonds entsprechende Hilfe zu erfahren. Und noch mal: der Staat praktiziert das doch an anderer Stelle an vielen Stellen. Dieses Instrument muss jetzt auch genutzt werden, weil ja die Banken, die diese Fördergelder in Anspruch nehmen, bewiesen haben, dass sie in der Vergangenheit auch auf der Ebene der Managergehälter es übertrieben haben.

    Heinlein: Im Deutschlandfunk heute Morgen der CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla. Ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören.

    Pofalla: Danke schön!