Donnerstag, 28. März 2024

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Identitäten (5/7)
Schwarzer Körper

Teju Cole folgt einer Einladung in das Schweizer Bergdorf Leukerbad, wo der US-Autor James Baldwin seinen ersten Roman beendete. 60 Jahre später begibt sich Cole auf Baldwins Spuren und geht dessen Erfahrungen als erster Schwarzer im Essay "Fremder im Dorf" nach.

Von Teju Cole | 05.01.2020
    Teju Cole
    Teju Cole (imago / Leemage)
    Anders als für Baldwin sind für Teju Cole amerikanische Identität und europäische Kultur keine Gegensätze mehr. Cole definiert sich als Weltbürger. "Ich nenne das alles mit Freuden mein. (…) Ich kann gegen weiße Vorherrschaft sein und mich trotzdem für die gotische Baukunst begeistern." Cole arbeitet Unterschiede und neue Denkansätze für die Gegenwart heraus.
    "Die gleiche schwelende Wut über Rassismus im Leib"
    Ob er Baldwins schonungslose Analyse über Rassismus und weiße Vorherrschaft in ihren Schlussfolgerungen teilen kann, ist Gegenstand seines Besuchs vor Ort in Leukerbad, das heute ein stolzes Kurbad mit internationalen Gästen ist. "Und doch verstehe ich, der ich fast ein halbes Jahrhundert nach Baldwin in den USA geboren wurde, was ihn bewegte, denn ich habe die gleiche schwelende Wut über Rassismus im Leib." Coles Essay "Schwarzer Körper" erschien in dem Band "Vertraute Dinge, fremde Dinge". Aus dem Amerikanischen von Uda Strätling.
    Teju Cole, geboren 1975 in den USA, wuchs in Nigeria auf und kehrte zum Studieren in die USA zurück. Der Schriftsteller, Kunsthistoriker und Fotograf lebt heute in New York, lehrt dort als Distinguished Writer in Residence am Bard College, schreibt für verschiedene Zeitschriften und ist Fotografie-Kritiker beim "New York Time Magazine". 2018 erschien sein Essayband "Vertraute Dinge, fremde Dinge", in dem Cole über die Gegenwart, die Dichtung und die Geschichte zur Kunst reflektiert. Sein literarisches Debüt hatte er mit dem Buch "Jeder Tag gehört dem Dieb". Für seinen Roman "Open City" wurde er 2013 mit dem Internationalen Literaturpreis ausgezeichnet.

    Identitäten (4/7) / Fremder im Dorf
    Ins schweizerische Leukerbad reiste der New Yorker Schriftsteller James Baldwin 1951, um seinen ersten Roman "Go and tell it on the mountain" fertig zu schreiben. Im damals noch beschaulichen Bergdorf war er der erste Schwarze überhaupt. Die Einwohner behandelten ihn wie eine Sehenswürdigkeit oder eine Art Wunder.
    Eine Szene am Schauspiel Hannover mit Viktoria Miknevich und Anja Herden.
    People of Colour am Theater / Geld, Macht und Hautfarbe
    Theater ist oft weiß – und das liegt maßgeblich an kolonialen Strukturen und alten Machtverhältnissen am Theater. Ein Lösungsansatz: Mehr People of Colour sollen bei Theaterstücken über Gelder, über Spielpläne und über Sprache entscheiden und künstlerische Leitungen übernehmen.
    Cover von James Baldwin: Nach der Flut das Feuer; im Hintergrund eine Straßenszene in Harlem 1960
    James Baldwin: "Nach der Flut das Feuer" / Der lange Weg zur Freiheit
    Warum der US-amerikanische Schriftsteller James Baldwin in den vergangenen Jahren eine Renaissance erfuhr, zeigt auch sein Essayband "Nach der Flut das Feuer". Er machte Baldwin in den 1960er-Jahren schlagartig berühmt und wurde zum Bestseller. Miriam Mandelkow hat ihn neu übersetzt.