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Idomeni
Griechenland rechnet nicht mit sinkenden Flüchtlingszahlen

Das Deutsche Rote Kreuz wird heute nahe Idomeni mit dem Aufbau einer mobilen Krankenstation für etwa 10.000 Menschen beginnen. Ein neues Flüchtlingslager ist 80 Kilometer südlich der albanischen Grenze eingerichtet worden, mit Platz für 4.000 Menschen. Die Botschaft solcher Vorkehrungen ist klar: Die griechische Regierung rechnet nicht mit sinkenden Flüchtlingszahlen.

Von Michael Lehmann | 21.03.2016
    Menschen stehen um ein Feuer in Idomeni herum, es wehen kurdische Flaggen, das kurdische Neujahrsfest wird gefeiert.
    In Idomeni wird das kurdische Neujahrsfest gefeiert. (picture alliance / dpa / Orestis Panagiotou)
    Idomeni, eine Wiese am Rande des Flüchtlingscamps. Es sind ein paar hundert Flüchtlinge, die sich im saftigen Grün an den Händen halten, kurdische Flaggen sind zu sehen, manche tanzen und singen, das kurdische Neujahrsfest wird gefeiert. Nicht weit weg, mitten in der Zeltstadt, die von Weitem harmlos bunt wirkt, brennen kleine Holz-Feuer.
    Ein LKW hat frisches Holz gebracht, denn die Nächte sind noch kalt, auch wenn endlich der Regen abgezogen ist. Kinder und Frauen tragen dickflüssige Suppen in Plastikbechern, manchen sieht man an, dass sie das regelmäßige Essen hier im Lager sehr genießen. Ein Reporter kommt etwas verschämt aus einem der Toilettenhäuschen, ein Afghane winkt ihn zu sich, reicht ihm aus seinem Zelt stolz ein Stück Seife. Der Reporter bedankt sich nach kurzem Zögern und wäscht sich die Hände - neben einem Jungen, der sich mit kaltem Wasser das Shampoo aus den Haaren spült.
    Einige wollen zurück nach Athen
    Finstere Mienen sind auch immer wieder zu sehen in Idomeni - das UN-Flüchtlingshilfswerk hat mehrsprachig die Neuigkeiten vom EU-Gipfel-Ergebnis in mehreren Sprachen an eine Info-Tafel gehängt. Babar Balach, Koordinator in Idomeni vom UNHCR, hat einige Kameras um sich versammelt und kritisiert den Deal mit der Türkei. Flüchtlinge über die Ägäis wieder zurückschicken - genau das Falsche, sagt er:
    "Deshalb werden wir nicht aufhören, nach legalen Wegen der Umsiedlung zu fragen. Um dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge menschlicher wo auch immer aufgenommen werden. Es muss einen Weg geben, der diese verzweifelten Flüchtlinge davor bewahrt sich gewissenlosen Schleusern und Menschenhändlern anzuvertrauen."
    Nach der gesperrten Balkanroute jetzt auch noch Rückführungen in die Türkei. Versteh ich nicht, sagt ein Mann aus dem Irak, er will wegen des im Moment unüberwindbaren Zauns an der Grenze zu Mazedonien nach Athen zurück:
    "Geh bloß nicht nach Athen - völlig überfüllt", sagt Herakles, ein freiwilliger griechischer Helfer. Für Flüchtlingsfamilien sei es dort ganz schlecht. Also richten sich wohl viele der Menschen hier im Camp auf längere Zeit in Idomeni ein. Das Deutsche Rote Kreuz hat aus Berlin ein mobiles Krankenzentrum auf LKW gepackt - gemeinsam mit dem finnischen Roten Kreuz soll heute mit dem Aufbau begonnen werden - in Ne a Kavala und einem zweiten Standort nicht weit weg von Idomeni. Alexandra Burck, die Sprecherin des Deutschen. Roten Kreuzes in Idomeni, sagt, die Gesundheitsstation sei für die Versorgung von 10.000 Menschen ausgelegt.
    Viele helfen in Idomeni
    "Es sind Zelte und wir können uns so auch auf schnelle Veränderungen einstellen. Sollten also sich die Flüchtlingsrouten ändern, können wir uns da gut anpassen. Deshalb planen wir auch, mindestes vier Monate hier in Nordgriechenland im Einsatz zu bleiben mit der mobilen Krankenstation."
    Nicht nur das Rote Kreuz hilft in Idomeni. Ein deutscher alter VW-Bus mit einer kleinen Freiwilligeninitiative verschenkt Urlaubstage am Camp. Kleinere NGOs kümmern sich um Kinder mit Tanzspielen und Süßigkeiten. All das beobachtet weiterhin die griechische Polizei - sehr entspannt zwar in der Abendsonne - aber mit einem beachtlichen Aufgebot an großen blauen Mannschaftsbussen. Niemand kann eben garantieren, dass die Stimmung so entspannt bleibt wie in diesen Frühlingstagen in Idomeni.