Archiv


IM "Alexander"

Der deutsche Rudersport hat viel aufzuarbeiten. Die Vorkommnisse um die Rostocker Sportlerin Nadja Drygalla zum Beispiel, die von den Sommerspielen in London abgereist war, nachdem öffentlich wurde, dass sie mit einem Neonazi liiert ist. Und jetzt auch die Stasi-Vergangenheit des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern.

Von Thomas Purschke |
    Ruderin Nadja Drygalla
    Ruderin Nadja Drygalla (picture alliance / dpa / Bernd Wüstneck)
    Anfang der Woche gab es in Hannover ein klärendes Gespräch mit der Rostocker Ruderin Nadja Drygalla, ihrem Anwalt sowie Vertretern des Deutschen Ruderverbandes. Ebenfalls zugegen war der Präsident des Landesruderverbandes Mecklenburg-Vorpommern und Vize-Chef von Drygallas Heimatverein ORC Rostock Hans Sennewald. Nach der Aussprache ließ der DRV-Präsident Siegfried Kaidel verkünden, der Verband würde hinter seiner Athletin stehen.

    In der öffentlichen Diskussion über den Freund von Nadja Drygalla und ihre Eignung für weitere Auswahlnominierungen, sprach Funktionär Hans Sennewald immer von notwendiger Transparenz. Zudem erweckte er den Eindruck, schon vor den Spielen von London den DRV über die brisante Beziehung informiert zu haben.

    Der heute 51-jährige Ruder-Funktionär Hans Sennewald war in der DDR als Inoffizieller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit tätig. Laut einem Zeitungsbericht der "Welt" führte ihn die Stasi ab 1984 circa fünf Jahre unter dem Decknamen IM "Alexander".

    1982 war Sennewald Ruder-Weltmeister im Vierer mit Steuermann, später saß er im DDR-Achter. Laut der über 240 Seiten umfassenden Stasiakte habe der damalige Ruderer Sennewald vom Armeesportklub Rostock über Sportkameraden und deren Verhalten berichtet. Im März 1989 beendet die Stasi den Aktenvorgang, weil Sennewald einer kontinuierlichen Trefftätigkeit ausgewichen sei.

    Wie "Die Welt" weiter berichtet, wollte sich der heute im Hauptberuf als Steuerberater tätige Sennewald auf Anfrage nicht zu seiner Stasi-Vergangenheit äußern. Es stellt sich nun die Frage, ob Funktionär Sennewald überhaupt geeignet ist, den Fall Drygalla zu bearbeiten, wenn er selber seine einstige Stasi-Vergangenheit offenbar über zwei Jahrzehnte lang verschwiegen hat.