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Im Auftrag des Papstes

Die Kurie unterstützt den Papst bei der Leitung der Kirche. Die Kongregationen kümmern sich um vielfältige Aufgaben von der Liturgie über die Heiligsprechungen bis zu den religiösen Orden. Ihr Chef ist der Kardinalstaatssekretär - den Papst Franziskus vermutlich bald austauschen wird.

Von Thomas Migge | 25.04.2013
    "Das wird kein Übergangspapst sein. Johannes XXIII. hat nur fünf Jahre gewirkt und mehr verändert in der Kirche als 500 Jahre Päpste zuvor. Und der heutige Papst hat schon gezeigt, dass er die ganze Atmosphäre verändern kann durch sein einfaches und schlichtes Auftreten."

    Der Theologe Hans Küng erhofft sich viel von Papst Franziskus. Auch und vor allem eine Kurienreform.

    "Es wird darauf ankommen, dass er den richtigen Staatssekretär wählt, dass er die Chefs der römischen Ministerien, der Dikasterien, nicht einfach bestätigt, sondern kompetente Leute heranholt, die die Kirche wirklich reformieren können. Wir brauchen nichts dringender als eine Reform des römischen Hofstaates, der zu einer Form der Zentrale der Kirche werden muss, die wirklich funktioniert und nicht nur obstruiert."

    Die Kurie ist ein komplexes Gebilde. Sie setzt sich heute aus neun Ministerien zusammen, erklärt Markus Graulich, als hoher Richter des vatikanischen Rota-Gerichts selbst Mitglied der Kurie:

    "Die Aufgaben der Kurie sind, dem Papst zur Seite zu stehen, was die Kirchenleitung angeht. Es gibt verschiedene Abteilungen. Im weltlichen Bereich würde man sagen 'Ministerien', hier nennen wir sie Kongregationen und Räte und Gerichte, die in den verschiedensten Aufgabenfeldern, die der Papst zu bearbeiten hat, ihm zuarbeiten, in seinem Auftrag arbeiten, Entscheidungen fällen, Entscheidungen vorbereiten."

    Die Kongregationen kümmern sich beispielsweise um die orientalischen Kirchen, um die Liturgie und die Sakramentenordnung, um den Klerus und die Bischöfe, um Selig- und Heiligsprechungserfahren, um die Einhaltung der Glaubenslehre, um die Evangelisierung der Völker, um die die religiösen Orden, das katholische Bildungswesen und vieles mehr.

    Im hohen Mittelalter und in der Renaissance war die römische Kurie berühmt für ihre Sprach- und Schriftkultur. In der päpstlichen Kanzlei arbeiteten bekannte Humanisten und Experten der lateinischen Sprache, die nicht nur über einen reichen Wortschatz verfügten, sondern auch über einen besonders eleganten Schreibstil. Sie arbeiteten in der Cancelleria. Das prächtige Gebäude der Cancelleria aus der Renaissance befindet sich beim Campo de' Fiori, im Herzen Roms.

    Auch heute noch, berichtet Rota-Richter Graulich, existiere eine päpstliche Schreibstube:

    "Das ist keine Behörde mehr, aber es gibt immer noch einige, die für die Pergamente des Papstes entsprechend handschriftlich solche Sachen anfertigen. Wenn der Papst zum Beispiel Glückwünsche schickt, persönlicher Art."

    Das wichtigste und wegen seiner Machtfülle auch umstrittenste Ministerium der römischen Kurie ist zweifelsohne das Staatssekretariat. Es ist für die Politik des Heiligen Stuhls und für die diplomatischen Beziehungen zu anderen Staaten verantwortlich. Seinen Sitz hat es im Apostolischen Palast, also dort, wo in der Regel die Päpste wohnen und arbeiten. Diese räumliche Nähe erklärt sich auch aus der engen Zusammenarbeit zwischen Papst und Staatssekretariat.

    Die römische Kurie umfasst zahllose Behörden und Einrichtungen innerhalb des Kirchenstaates. So auch den Chor der Sixtinischen Kapelle, das zentrale Statistikbüro der Kirche und eine Vielzahl von Kommissionen, die sich um kirchliche Kongresse, die Geschichtswissenschaften, die Schweizer Garde und das Presseamt sowie um die vatikaneigenen archäologischen Grabungsstätten und Kulturgüter kümmern.

    Eine Herkulesaufgabe für den Chef der Kurie, erklärt der Theologe Michael Schmitz, der an der Gregoriana-Universität unterrichtete und als Kenner der Kirchenverwaltung gilt:

    "Der päpstliche Staatssekretär, eine Figur, die sich langsam aus der Figur des Kanzlers der Kirche entwickelt hat, und gerade unter Paul VI. eine entscheidende auch innerkirchliche Bedeutung gewonnen hat, leitet für den Heiligen Vater die gesamte Kurie."

    Oder sollte es wenigstens, meint Rota-Richter Markus Graulich – mit Blick auf den noch amtierenden Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone:

    "Er hat nicht das getan, was getan werden sollte. Ein Kardinalstaatssekretär muss von morgens bis abends an seinem Schreibtisch sitzen und die Kurie koordinieren. Was aber vor ihm die Kardinalstaatssekretäre gemacht haben. Er war sehr beschäftigt mit Dingen, die nicht sein Kerngeschäft sind."

    Bertone wird weithin vorgeworfen, am schlechten Bild, das der Vatikan nicht zuletzt durch die Vatileaks-Affäre abgegeben hat, wesentlich mitverantwortlich zu sein. Papst Franziskus dürfte deshalb mit ziemlicher Sicherheit einen neuen Kardinalstaatssekretär ernennen. Gut möglich, dass es sich dabei um einen Italiener handeln wird. Auf jeden Fall aber um eine Person, die sich auskennt in dem engen Geflecht aus Kongregationen, Kommissionen, Akademien und sonstigen päpstlichen Einrichtungen.


    Serie "Die Geschichte der Kurie":
    Teil 1: Wichtiges Machtinstrument der Kirche