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Im Dienste der Wissenschaft

Die Hochschulrektorenkonferenz vertritt die Interessen der Universitäten im Kampf um die knappen Ressourcen. Vor 60 Jahren wurde ihre Vorgängerorganisation, die Westdeutsche Rektorenkonferenz (WRK), gegründet. Damals verstand sich die WRK noch nicht als Lobby-Organisation sondern als honoriger Club, der nur der reinen Wissenschaft verpflichtet ist.

Von Karl-Heinz Heinemann | 21.04.2009
    Als die Westdeutsche Rektorenkonferenz am 21. April 1949 in München gegründet wurde, war sie tatsächlich nur, wie der Name sagt, eine gelegentliche Zusammenkunft von 31 Magnifizenzen, die gegenüber der staatlichen Kultusverwaltung und der Öffentlichkeit als Stimme der Hochschulen auftraten. Der Rektor der gastgebenden Alma Mater war für ein Jahr der Präsident der Konferenz.

    "Eine Reiseschreibmaschine, Modell Olympia, eine Aktentasche, Leder, braun, circa 50 Mehle- und Elba-Aktenordner, sechs Gummistempel, ein Aktenlocher. Die Besitzverhältnisse hinsichtlich der Tischlampe sind nicht geklärt."

    Erst nach fünf Jahren gab sich das Forum der 31 Universitätsleiter festere Strukturen und stellte den ersten hauptamtlichen Mitarbeiter ein, der zunächst einmal so akribisch seine kärgliche Büroausstattung auflistete.

    Seit 2002 residiert die Rektorenkonferenz in einem Neubau für neun Millionen Euro in Bad Godesberg, und ihre 60 Mitarbeiter sind für 258 Mitglieds-Lehranstalten tätig.

    "Die Westdeutsche Rektorenkonferenz ist ein freiwilliger Zusammenschluss der akademischen Selbstverwaltung, der wissenschaftlichen Hochschulen im Bundesgebiet","

    beschrieb Rudolf Sieverts, Präsident der WRK von 1964 bis 1967, den Charakter der Vereinigung.

    ""Wir legen großen Wert darauf, nicht Lobby zu sein. Wir vertreten die reinen Sachinteressen auf dem Gebiete der Wissenschaft und Forschung."

    Nach dem Zweiten Weltkrieg regte die britische Militärregierung an, dass die Hochschulen in ihrer Zone eine eigene Vertretung bilden sollten. Der schlossen sich bald die Universitäten in der französischen und amerikanischen Besatzungszone an. Als der Münchner Rektor Walter Gerlach auf der Versammlung im April 1949 vorschlug, eine westdeutsche Rektorenkonferenz zu bilden, war vor allem das Adjektiv umstritten: Was ist mit den ostdeutschen Hochschulen?

    Die nahmen an den Treffen nicht teil, und sie waren ja auch nicht im gleichen Maße eigenständig gegenüber der staatlichen Kultusverwaltung. So beschlossen die 31 Magnifizenzen in München, das "Westdeutsch" groß zu schreiben.

    Als dann die Studentenbewegung mit ihrer Forderung nach paritätischer Mitbestimmung an den Grundfesten der Ordinarienherrschaft rüttelte, wagten 1968 die mittlerweile 38 Rektoren einen Schritt nach vorn. In ihrer Godesberger Erklärung bekannten sie sich dazu, dass alle Universitätsangehörigen zumindest ein wenig mitbestimmen könnten. Ihr damaliger Präsident Walter Rüegg:

    "Wir wollen einer falschen Demokratisierung entgegenwirken, dadurch, dass wir allen Mitgliedern der Universitätskooperationen entsprechend ihrem Anteil an den Aufgaben der Universität in Forschung und Lehre eine Mitwirkung sichern. Auch die Studenten sollen an allen willensbildenden Gremien beteiligt sein, soweit ihre Sachkompetenz dafür gegeben ist."

    Vielen Ordinarien war schon die bloße Anwesenheit von Studenten in den Gremien ein Gräuel. In ihren Augen knickte die WRK vor der Studentenbewegung ein, den Studenten dagegen ging die Godesberger Erklärung nicht weit genug.

    Von Anfang an beklagten die Rektoren die Überfüllung ihrer Einrichtungen. 1956 waren es 140.000 Studenten, 1972 waren es schon 650.000, und der damalige WRK-Präsident Gerd Roellecke klagte:

    "Wenn die Leute natürlich alle zur Universität kommen, um möglichst schnell irgendeine Berufsberechtigung zu erhalten, mit der sie möglichst viel Geld verdienen können, dann lässt sich das alte Prinzip der freien wissenschaftlichen Diskussion in einer Universität mit sehr vielen Studenten nicht durchhalten."

    Heute erschrecken die Rektoren nicht mehr über 140.000 Studenten, sondern über zwei Millionen. 1990, nach der Wiedervereinigung, benannte sich die Westdeutsche Rektorenkonferenz in Hochschulrektorenkonferenz um.

    Die HRK versteht sich nicht mehr als die interesselose Sachwalterin einer vermeintlich reinen Wissenschaft, sondern als Lobby der Hochschulen im Kampf um die knappen Ressourcen. Und heute findet es kein Rektor mehr anstößig, dass junge Menschen mit dem Ziel eines schnellen Broterwerbs studieren. Im Gegenteil, das ist ja gerade das Ziel der aktuellen Umgestaltung der Hochschulen.