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"Im Grunde bin ich sehr dankbar"

Der geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes deutscher Banken, Manfred Weber, hat eine weitere Unterstützung der Banken als notwendig bezeichnet. Es müsse gewährleistet werden, dass die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten gesichert sei. Was das Bad-Bank-Modell tatsächlich leisten könne, werde von den Einzelheiten des Gesetzentwurfes abhängen.

Norbert Weber im Gespräch mit Christian Schütte | 13.05.2009
    Christian Schütte: Verschuldungsbremse für Banken, sogenannte Bad Banks, sollen Kreditinstitute von ihren faulen Wertpapieren befreien, doch die Verluste sollen nicht einfach beim Steuerzahler abgeladen werden, sondern die Aktionäre sollen mögliche Verluste über Jahre, vielleicht über Jahrzehnte hinweg abstottern. So sieht es das Modell vor, auf das sich das Bundeskabinett in Berlin heute vermutlich einigen wird.

    Mitgehört hat Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Banken. Guten Morgen, Herr Weber!

    Manfred Weber: Guten Morgen, Herr Schütte.

    Schütte: Selten hat man einen Bankmanager in der Öffentlichkeit weinen sehen. Wenn er es insgeheim doch tut, Herr Weber, geschieht das aus Freude, weil der Staat die Hand ausstreckt, oder aus Trauer, weil die Bank bei den Bad Banks für mögliche Verluste doch aufkommen muss?

    Weber: Ich glaube, für Emotionen ist hier nicht der Platz. Wir sollten uns nüchtern mit den Problemen auseinandersetzen und wir haben noch genügend Probleme - nicht nur im deutschen Bankgewerbe, sondern auch vor dem Hintergrund des so scharfen Wirtschaftseinbruchs. Die offizielle Prognose - Sie wissen es -, Minus sechs Prozent für dieses Jahr, das ist schon etwas, wo wir uns das Hirn zerbrechen sollten, aber nicht mit Emotionen wie gesagt an die Sache herangehen.

    Schütte: Herr Weber, bleiben wir einmal bei dem Vorschlag der Bad Banks, der heute im Bundeskabinett beraten wird. Stellt Sie das zufrieden?

    Weber: Das vermag ich noch nicht endgültig zu sagen. Hier wird es auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfes sehr ankommen, und wir haben dann ja auch noch einen parlamentarischen Prozess zu durchlaufen, bis diese Regelung dann im Bundesgesetzblatt steht. Im Grunde bin ich aber sehr dankbar, dass die Politik sich dieses Problems angenommen hat, und in Ihrem Beitrag kam ja sehr richtig zum Ausdruck: Es geht nicht darum, den Banken zu helfen, geschweige denn Bankern zu helfen. Es geht darum, dass die Kernaufgabe eines Bankensystems, nämlich die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen, auch in Zukunft gewährleistet ist. Hier gibt es eine Gefahr, dass wir in eine Kreditklemme hinein geraten könnten, in der wir noch nicht sind, andere Länder hingegen schon, aber wir sollten auch alles tun, um diese Gefahr gar nicht erst real werden zu lassen.

    Schütte: Die Gefahren scheinen ja da zu sein; sonst müsste man nicht handeln, oder?

    Weber: So ist es! Ich spreche ja von einer konkreten Gefahr. Das Eigenkapital der Banken, ohne das die Kreditvergabe eben nicht gewährleistet ist, gerät von mehreren Seiten her unter Druck. Zum einen ist da alles das, was mit der Finanzmarktkrise zu tun hat. Da sind die sogenannten toxischen Wertpapiere, die gar nicht immer so toxisch sind, wie es bisweilen dargestellt wird, für die ich aber aktuell keinen Markt oder keinen richtig funktionierenden Markt habe und wo ich von Quartal zu Quartal gezwungen bin, neue Wertberichtigungen vorzunehmen. Das zerrt am Eigenkapital. Vor allen Dingen aber die Tiefe der Rezession wird dazu führen, dass zwangsläufig die Bonität unserer Kunden sich in den nächsten Zeiten, in den nächsten Monaten verschlechtern wird. Auch das führt dann dazu, dass ich mehr Eigenkapital vorhalten muss schon bei gegeben Krediten. Das ist genau der Punkt, an dem man hier jetzt ansetzen muss.

    Schütte: Herr Weber, bleiben wir noch einmal beim Thema toxische Wertpapiere und Auslagerung in Bad Banks. Sie sagen, Sie sind dankbar, dass der Staat jetzt handelt, aber dass die Aktionäre für Verluste geradestehen müssen, kann Ihnen nicht gerade schmecken, oder?

    Weber: Wir haben doch selbst schon vor Monaten einen Vorschlag hierzu vorgelegt; der ist nicht so ganz unähnlich dem, was jetzt offiziell auf den Tisch kommt. Auch unser Vorschlag sah keinesfalls vor, die Lasten einfach beim Steuerzahler abzuladen. Viel wichtiger ist, dass wir jetzt Zeit bekommen, damit der bilanzielle Druck jetzt weg ist und wir nicht in die Probleme so hineingeraten, wie ich sie eben geschildert habe. Ansonsten wird es wie gesagt sehr auf die Einzelheiten ankommen. Man kann ein an und für sich gutes, richtiges Instrument, das in der gegenwärtigen Situation unabdingbar ist, auch kaputt machen, wenn man es mit zu vielen Auflagen versieht, wenn die Konditionen im einzelnen dann eben nicht stimmen.

    Schütte: Wie erklären Sie beziehungsweise die Bankmanager das dann den Aktionären, wenn ihre Dividende künftig an den Staat fließt?

    Weber: Das ist gerade die Gratwanderung, vor der wir stehen. Auf der einen Seite ist es notwendig, hier für eine Bilanzbereinigung zu sorgen, und ich verstehe sehr wohl die Politik, dass sie sagt, wir können nicht einfach Lasten auf den Steuerzahler nehmen in diesem Punkt, aber man muss eben auch berücksichtigen: Funktioniert die ganze Sache noch, oder schaffen wir nicht nur neue Probleme. Alles das, was Banken auch in Zukunft zu tragen haben werden, sind eine Art Vorbelastung in den Augen des Kapitalmarktes, in den Augen der Aktionäre. Dies gilt es, genau auszutarieren. Das ist keine einfache Aufgabe.

    Schütte: Unklar ist ja noch, wie freiwillig die Teilnahme an der Rettungsmaßnahme zu den Bad Banks ist. Womit rechnen Sie? Wie viele Banken nehmen diese Hilfe jetzt in Anspruch?

    Weber: Darüber will ich nicht spekulieren. Auch das hängt ja wieder genau von den Einzelheiten dieses Paketes, dieses Maßnahmenpaketes ab. Im Übrigen - und das halte ich für richtig - hat sich ja beispielsweise der Bundesfinanzminister eindeutig hier geäußert, dass für ihn eine zwangsweise Teilnahme an diesem Paket, an diesen Maßnahmen nicht in Frage kommt. Das halte ich auch für richtig. Welchen Sinn sollte es machen, Banken hier hineinzuzwingen, die dies nach eigener Entscheidung, also auch nach wirtschaftlicher Abwägung nicht für erforderlich ansehen.

    Schütte: Zwingen kann man sie nicht; deshalb sagen Sie, man muss abwarten. Aber müssten Sie als Bankverband da nicht stärker appellieren, anstatt sich zurückzulehnen, damit das ganze auch ein Erfolg wird?

    Weber: Woher wissen Sie, dass wir uns zurücklehnen?

    Schütte: Sie haben gesagt, man muss erst mal abwarten.

    Weber: Wir sind hier sehr intensiv an diesen Diskussionen beteiligt, aber natürlich haben wir keine Stimme und keinen Sitz im Parlament. Dies wird zunächst Sache des Bundeskabinetts sein, heute eine Entscheidung zu treffen, und dann läuft die Sache im Parlament weiter, wo sicherlich die Fraktionen sich damit beschäftigen werden, wo es dann die entsprechenden Lesungen, aber auch Anhörungen geben wird. Abwarten heißt nicht nichts tun.

    Schütte: Als der Bankenrettungsschirm aufgespannt wurde, da hat sich in den ersten zwei Monaten keine Bank so richtig darunterstellen wollen. Josef Ackermann, den haben wir noch sinngemäß im Ohr. Er sagte, das ist einer deutschen Bank nicht würdig. Wenn sich jetzt nur die Commerzbank oder die Hypo Real Estate eine Bad Bank leisten, ist damit nicht viel gewonnen, oder?

    Weber: Das hängt wie gesagt von der konkreten Ausgestaltung ab. Ich sehe hier schon breiteren Handlungsbedarf, und zwar nicht nur bei den Landesbanken oder Fällen, wie Sie sie jetzt angesprochen haben. Im Vordergrund muss das Interesse stehen, dass die Kreditvergabe weiter funktioniert. Sonst gerät nicht zuletzt unser deutscher Mittelstand in erhebliche Probleme hinein.

    Im Übrigen noch ein Wort zu dem ersten Hilfsprogramm. Von einer Aussage von Herrn Ackermann, "nicht würdig", ist mir jedenfalls nichts bekannt. Sollten wir nicht ein bisschen stolz darauf sein, dass das eine oder andere Haus Hilfen staatlicherseits nicht benötigt? Warum bringen wir das immer mit so einem negativen Unterton in die Diskussionen hinein?

    Schütte: Herr Weber, das lassen wir jetzt einfach mal so stehen, gehen noch mal auf die toxischen Papiere ein, die ausgelagert werden sollen. Was passiert mit denen eigentlich? Kann man Schrott noch einmal recyceln?

    Weber: Das ist wie gesagt nicht alles Schrott. Hier werden wir noch abwarten müssen, wie der Kreis der Papiere genau definiert und abgegrenzt wird. Teilweise haben wir heute Probleme mit Staatsanleihen von Euro-Ländern. Wir schreiben italienische Anleihen teilweise ab, spanische, griechische, portugiesische, weil die Zinsen an den Märkten hier auseinandergelaufen sind. Also ein bisschen vorsichtig mit diesem Ausdruck.

    In der Sache selbst gibt es unterschiedliche Kategorien. Sicherlich ist einiges nichts oder nur noch sehr wenig wert. Hier sind ja auch schon Wertberichtigungen seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise vorgenommen worden. Andere Papiere hingegen wird man bis zum Ende der Laufzeit durchhalten können, und da bin ich mir ziemlich gewiss, dass man dann auch sozusagen die Beträge dann wieder zurückerhält. Aber dieses Durchhalten ist etwas, was nur der Staat machen kann oder eine staatliche Institution, also eine Einrichtung, die nicht den internationalen Bilanzierungsstandards unterliegt, wie das für Banken zutrifft, damit wir hier die notwendige Luft, die notwendige Zeit gewinnen können.

    Schütte: Manfred Weber, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Bankenverbands. Ich danke Ihnen für das Gespräch.

    Weber: Vielen Dank, Herr Schütte.