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Im Rausch der Geschwindigkeit

Technologie.- Das mobile Surfen im Internet wird immer schneller. Die Smartphones von Morgen sind mit Prozessoren ausgestattet, die so stark sind wie ein herkömmlicher Büro-PC und die Datenübertragungsraten im mobilen Web rücken denen einer DSL-Leitung immer näher. Zu sehen ist das derzeit auf dem Mobilfunk-Weltkongress in Barcelona, woher der Wissenschaftsjournalist Manfred Kloiber im Gespräch mit Monika Seynsche berichtet.

15.02.2010
    Monika Seynsche: Heute Morgen hat in Barcelona der Mobile World Congress begonnen, das wichtigste Jahrestreffen der Mobilfunkbranche.

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    Für uns ist Manfred Kloiber dort. Herr Kloiber, was ist denn in diesem Jahr das wichtigste Technologiethema?

    Manfred Kloiber: Ich glaube, Frau Seynsche, das wichtigste Technologiethema das hat hier drei Buchstaben, LTE. Und das steht für Long Term Evolution und diese Abkürzung und auch dieser schwierige Begriff meint eigentlich nur die vierte Generation des Mobilfunks. Lange Zeit war ja in der Branche nicht so ganz klar, wie die Mobilfunk-Zukunft aussehen soll. Zahlreiche Alternativen, Technologien wurden hier in Barcelona immer wieder diskutiert, zum Beispiel WiMAX aber auch die Frage, ob man die herkömmliche 3G-Technologie, bei uns besser unter dem Kürzel UMTS bekannt, nicht weiterentwickeln könne, damit es ausreicht. Diese Diskussion ist jetzt wirklich zu Ende dieses Jahr. Die Mobilfunkausrüster müssen das Spektrum erweitern. Sie müssen mehr Frequenzen, mehr Übertragungskapazität schaffen und in neue Technik investieren. Und das wird sicherlich bei allen Ausrüstern und Netzbetreibern LTE sein. Die Ansprüche der Mobilfunkkunden sind dabei ziemlich gewaltig. Denn die Nutzung des mobilen Internets wächst wirklich explosionsartig. Vor einem Jahr noch war davon die Rede, dass per LTE Datenraten bis zu 100 Megabit pro Sekunde zu schaffen sind, jetzt wird schon über 800 Megabit pro Sekunde gesprochen. Und es gibt noch eine ganze Reihe von Detailproblemen, zum Beispiel Roaming und Handover – das alles muss geklärt werden, das alles wird hier in den technischen Panels diskutiert.

    Seynsche: Aber es wird doch auch jetzt schon im mobilen Internet gesurft. Tut sich da denn wirklich noch was?

    Kloiber: Ja, auch bei 3G, also bei UMTS, tut sich noch etwas. Auch hier wird ständig nachgeliefert. Denn kaum ein neues Notebook kommt ja heute ohne ein UMTS-Modem mehr auf den Markt. Surfsticks für drahtloses Highspeed-Internet bekommt man schon für Null Euro. Und die Flatrate für das mobile Internet ist schon für 45 Euro zu haben. Und das 3G-Surfen nennt sich im Sprachgebrauch der Techniker HSPA und das war bislang mit Geschwindigkeiten bis zu sieben Megabits pro Sekunde möglich, aber auch schon viel, viel mehr als manch ein DSL-Anschluss zu Hause hat. Hier präsentieren jetzt die Netzbetreiber und die Anbieter den HSPA-Plus-Modus mit doppelter Geschwindigkeit und ein Hersteller verspricht sogar schon 84 Megabits. Das ist jenseits von vielen DSL-Anschlüssen. Sie merken es schon: In allen Netzen herrscht hier eigentlich der absolute Geschwindigkeitsrausch.

    Seynsche: Ich könnte mir vorstellen, davon profitieren gerade diese Smartphones, diese neuen Telefone, die nicht nur telefonieren, sondern auch sonst noch alles mögliche können. Werden die denn auch einfach nur immer schneller?

    Kloiber: Ja, auch die Smartphones werden immer schneller und sie werden zugleich immer kleiner. Bildschirmgrößen unter acht Zentimeter Diagonale sind angesagt. Aber egal ob groß oder klein: sie alle kommen mit ziemlich leistungsfähiger Elektronik daher. Die aktuellen Modelle, die hier in Barcelona gezeigt werden, die kommen mit Prozessoren auf den Markt, die sind so leistungsfähig wie ein gewöhnlicher Büro-PC. Taktfrequenzen zwischen 600 Megahertz und ein Gigahertz – auch das normal. Die Bildschirme sind fast alle multitouch-fähig. Das bedeutet, man kann sie mit zwei Fingern bedienen, um zum Beispiel in eine Webseite hineinzuzoomen.

    Seynsche: Das ist dieses System, was auch das iPad macht, oder?

    Kloiber: Ja, das iPad und das iPhone. Das iPhone hat es eigentlich vorgemacht, hier machen die Hersteller das alles nach. Und sie bauen auch Bewegungssensoren, Beschleunigungssensoren, Lagesensoren ein – alles musthave eines Smartphones, damit man das Handy allein durch Bewegung zum Beispiel des gesamten Gerätes steuern kann. Heute Morgen habe ich gesehen, kam ein Anruf. Man dreht das Handy einfach um und schon wird der Anruf auf die Mailbox geleitet. Das sind diese Features von den Smartphones – alle Spielereien, die zum Erfolg einfach wichtig sind.

    Seynsche: Aber für diese ganzen Spielereien braucht man doch wahrscheinlich auch entsprechende Software, oder?

    Kloiber: Ja, auch das. Und beim Smartphone mit solch einer technischen Ausstattung muss eben halt auch die Software ziemlich ausgefeilt sein. Komfortable Webbrowser, umfangreiche E-Mail-Funktionalität, die mit einem Mail-Server in der Firma zusammenspielt und vor allem ausgefeilte Kontaktverwaltungsprogramme für soziale Netzwerke wie Twitter, Xing oder Facebook – auch das alles ein Muss. Und weil die Betriebssysteme jetzt extrem aufwendig werden, teuer in der Entwicklung, setzen viele auf Betriebssystem-Plattformen, die dann für verschiedene Geräte universell genutzt werden kann. Windows Mobile war die erste Plattform dieser Art. Dann zog Google mit Android, einer Linux-Variante, nach. Und heute haben Intel und Nokia hier in Barcelona gemeinsam die Linux-Variante Migo gestartet. Da passiert jetzt unglaublich viel in den nächsten Monaten.

    Seynsche: Herzlichen Dank. Das war Manfred Kloiber vom Mobile World Congress in Barcelona.