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Immer noch nicht pleite

Die Bundestagverwaltung hat gegen die NPD einen Strafbescheid ausgestellt, über 870.000 Euro. Um ihr Fortbestehen braucht sich die NPD dennoch keine ernsthaften Sorgen zu machen. Denn fast ihr halber Etat stammt aus Steuermitteln. Die Gelder des Staates, den die NPD bekämpft, bewahren sie vor der Pleite.

Von Wolfgang Kapust | 03.06.2010
    Ungemach droht der NPD derzeit vor allem wegen Spendenbetrügereien in den 90er-Jahren und falscher Rechenschaftsberichte aus den Jahren 2006 und 2007: Die Bundestagverwaltung hat gegen die NPD einen Strafbescheid ausgestellt, über 870.000 Euro. Allerdings muss die NPD diesen Betrag nicht auf einmal überweisen, sondern erhält stattdessen weniger Geld bei den Abschlagszahlungen durch den Bundestag. Und wie bei anderen Parteien auch, die solche Strafen zahlen mussten, soll die Rückerstattung so in kleinen Raten erfolgen, dass die NPD weiterarbeiten kann. Hier gilt der Gleichheitsgrundsatz. Noch immer sind dazu Verfahren anhängig, notfalls die NPD will dies vom Bundesverfassungsgericht klären lassen.

    Auch der Fall Erwin Kemna ist für diese Rechtsextremisten verkraftbar. Der ehemalige Schatzmeister sitzt derzeit für fast drei Jahre im Gefängnis, weil er Parteigelder veruntreut und gegen das Parteiengesetz verstoßen hat. Zwischen 2002 und 2006 hat er mehr als 270.000 Euro Staatsgelder erschwindelt. Und Kemna hatte auch mehr als 600.000 Euro aus der Parteikasse ins eigene Portemonnaie geleitet. Mit ihren knappen Finanzen hat die NPD zwar erhebliche Probleme, in ihrer Existenz gefährdet ist sie jedoch nicht.

    Eine verlässliche und die bedeutendste Einnahmequelle ist die staatliche Parteienfinanzierung. Auch wenn die NPD es bei Wahlen nicht schafft, über die fünf Prozent-Hürde zu kommen und in Parlamente einzuziehen, so ist doch bei Erreichen von einem Prozent der Stimmen die Erstattung der Wahlkampfkosten sicher. Bei den Landtagswahlen in Nordrhein -Westfalen erreichte sie mit nur 0,7 Prozent diese Marke nicht. Aber bei den Bundestagswahlen und den Landtagswahlen in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Niedersachsen und dem Saarland kam die NPD in den Genuss dieser Wahlkampfkostenrückerstattung. Von ihren durchschnittlichen jährlichen Gesamteinnahmen in Höhe von drei Millionen Euro stammen damit fast 1,5 Millionen aus Steuermitteln. 2008 war das fast die Hälfte, Spenden machten etwa ein Drittel aus.

    Mit dem Einzug in die Landesparlamente von Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sprudeln auch dort weitere Quellen. Zunächst in Dresden, dann auch in Schwerin, hat die NPD in den Fraktionen Mitarbeiterstäbe einrichten können. Insbesondere langjährige Parteikader aus dem gesamten Bundesgebiet sind dort beschäftigt, sie arbeiten der Partei gezielt zu. Mit dem Wiedereinzug in den sächsischen Landtag hat die NPD auch Anspruch auf Gelder für eine Parteistiftung.

    Auch der Parteiverlag im sächsischen Riesa erwirtschaftet Gewinne. Nicht nur mit der Parteizeitung "Deutsche Stimme", sondern auch mit dem parteieigenen Versand von Büchern und DVDs. 2007 lag der Umsatz bei etwa 1, 4 Millionen Euro. Die NPD hatte sich nach dem Tod des Parteivize und maßgeblichen Geldgebers Jürgen Rieger zudem Gelder aus dessen Nachlass erhofft. Rieger hatte Gelder eines verstorbenen Alt-Nazis verwaltet, offenbar mehr als eine Million Euro. Damit kaufte er mehrere Immobilien. Auf eine Erbschaft aus seinem Vermögen hat die NPD allerdings vergeblich gehofft.

    Auch von den Mitgliedern kommen Gelder. Ihre Zahl steigt weiter leicht an, derzeit liegt sie bei etwa 7000. Parteichef Voigt hat alle mehrfach um 100 Euro-Spenden gebeten. In den letzten Jahren hat die NPD erbliche Gelder als Darlehen von Privatpersonen verbuchen können, mehr als eine Million Euro pro Jahr, vom verstorbenen Jürgen Rieger allein eine halbe Million. Mitgliedsbeiträge und kleine Spenden lagen bei etwa 600.000 Euro, nur vereinzelt wird die Partei mit Vermächtnissen bedacht, Großspender aus der Wirtschaft sind bisher nicht bekannt.

    Die NPD tritt auch auf die Kostenbremse. Bei Parteitagen ist die Ausstattung dürftig, bei Wahlkämpfen werden die Kosten niedrig gehalten, zeitweise wurden die Gehälter der Vorstände gekürzt und Mitarbeiter entlassen. Insgesamt aber hat sich der Etat für Personal und Propaganda erhöht. Um ihr Fortbestehen braucht sich die NPD also keine ernsthaften Sorgen zu machen. Denn fast ihr halber Etat stammt aus Steuermitteln, ein finanzielles Aus droht diesen Rechtsextremisten nicht. Die Gelder des Staates, den die NPD bekämpft, bewahren sie vor der Pleite.