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"In Buckingham Palace blühe ich auf"

Der Buckingham Palace ist der Hauptsitz des britischen Königshauses: Ungefähr 50.000 Menschen empfängt die Queen hier jedes Jahr. Der Palast ist aber nicht nur Amts-, sondern auch Wohnsitz der Königsfamilie.

Von Vanessa Loewel | 13.07.2012
    Reportage von 1953: Krönungszug Elisabeth II.

    Der Tag ist gekommen, die Stunde ist gekommen. In wenigen Minuten wird die junge Königin hier uns gegenüber, in der goldenen königlichen Karosse durch dieses breite und Wappen geschmückte Gittertor fahren.. ."

    Erst mit dem feierlichen Einzug in den Buckingham Palace beginnt die Regentschaft der britischen Könige und Königinnen offiziell - auch die von Queen Elizabeth II. vor sechzig Jahren.

    Der Buckingham Palace ist der Hauptsitz der britischen Monarchie, das imposante Verwaltungszentrum der "Firma", wie die Queen ihren Hofstaat angeblich nennt - mit 775 Räumen, darunter 19 Prunksäle, 52 Schlafzimmer, 78 Bäder und 92 Büros.
    Neben den technischen Fakten gibt es auch eine symbolische Bedeutung, erklärt
    Gesa Stedman, Direktorin des Großbritannien-Zentrums in Berlin.

    "Das ist ihr Londoner Zuhause, wenn man so will und da London die Hauptstadt Großbritanniens ist, ist das gemeinsam das Zentrum der Macht, das Zentrum der Monarchie."

    Dabei war das Gebäude zunächst gar nicht für so große Aufgaben vorgesehen: 1703 wurde es als Stadthaus für den Herzog von Buckingham errichtet, in einem ehemaligen Maulbeergarten. Die Villa im klassizistischen Barock kam 1762 in königlichen Besitz, als George III. sie als Wohnhaus für seine stetig wachsende Familie kaufte. Die offizielle Königsresidenz blieb jedoch der

    St. James's Palace. Erst sein Sohn, George IV., ließ das Buckingham House zu einem prunkvollen Palast umbauen. Er beauftragte dafür den im London der Regency-Zeit prägenden Architekten John Nash, der die zwei Seitenflügel abreißen ließ, um sie neu zu konstruieren. Als pompösen Eingang baute er einen Triumphbogen aus Marmor, den "Marble Arch", der heute im Hyde Park steht. Im Inneren des Prachtbaus schaffte er mit einer Galerie - länger als zwei Tennisplätze - Platz für die königliche Gemäldesammlung und entwarf die Halle mit den majestätisch geschwungenen Marmor-Treppen.

    Doch George IV. starb, bevor er seinen Palast beziehen konnte. Sein Bruder William IV. führte die Arbeiten sehr viel bescheidener weiter. Erst Williams' Nachfolgerin, Königin Victoria, machte den Buckingham Palast zur Hauptresidenz der britischen Krone. Sie war erst 18 Jahre alt, als sie den Thron bestieg. Der Umzug vom ungeliebten Kensington - in den neuen Buckingham Palace am 13. Juli 1837 war eine ihrer ersten Amtshandlungen.

    "Sie hat sehr früh beschlossen, da will ich hin ... ich glaube, sie wollte sich unabhängig machen von dem Kensington Palace und dem Einfluss ihrer Mutter. Sie war sehr, sehr jung und zu dem Zeitpunkt auch noch nicht verheiratet. Sie hat Prinz Albert erst drei Jahre später geheiratet, 1840. Sie musste einen Platz finden, um zu zeigen, hier bin ich und das ist meine Regentschaft."

    "In Buckingham Palace blühe ich auf," soll die junge Königin gesagt haben und das, obwohl es hier alles andere als komfortabel zuging. Es war kalt, stickig und es stank. Die Abflüsse funktionierten nicht und belüftet wurde das Gebäude über die Kanalisation. Victorias Vorgänger hatten den Palast in erster Linie aus Prestigegründen gebaut, aber nicht unbedingt, um hier zu wohnen. Unter Victoria wird der Buckingham Palace zu der vierseitigen Trutzburg, die wir heute kennen.

    "Manche haben auch kritisiert, dass es viel zu überladen sei und viel zu groß. Es gibt sicherlich gelungenere, in Anführungsstrichen, Schlösser oder Burgen, die als Einheit gebaut wurden und das auch in einem Zug. Und an diesem Palast wurde eben relativ viel 'herumgemurkelt'. Aber da kann man auch sagen: Das passt auch zu dem Zweck des Gebäudes, der ist nicht nur für repräsentative Zwecke, es wird auch darin gewohnt und gearbeitet. Und dann muss man eben vielleicht, wenn man wie Queen Victoria neun Kinder bekommt, aber keinen Platz für Kinderzimmer hat, eben einen weiteren Flügel bauen, damit es Kinderzimmer und Bedienstetenzimmer dazu gebaut werden können."

    Der "Marble Arch" wurde versetzt, um Raum zu schaffen für den vierten Flügel, der sich mit seinem Balkon, von dem noch heute die königliche Familie grüßt, zur Stadt hin öffnet. Und Victoria, die gerne tanzte, ließ jenen gigantischen Ballsaal bauen, der auch die Gäste der heutigen Queen bei Empfängen und Staatsbanketten beeindruckt.

    Königin Victoria regierte 63 Jahre. Das 26 Meter hohe Victoria Memorial wurde 1911 am Ende der Prachtstraße "The Mall" aufgestellt, direkt vor dem Buckingham Palace.