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In Sand gespeichert

Energietechnik. - Die große Achillesferse von Solarkraftwerken ist die Nacht. Im Dunkeln können sie nicht produzieren, dann muss die Energie aus zuvor geladenen Speichern fließen. Beim Versuch, solche Hitzebunker immer besser und billiger zu machen, setzen Jülicher Forscher jetzt auf das denkbar preiswerteste Speichermedium: Auf ganz gewöhnlichen Sand.

Von Ralf Krauter | 18.03.2010
    "Sand hat eine gemeine Eigenschaft, da man selten Sand findet, wo komplett jedes einzelne Korn dieselben Eigenschaften aufweist wie das Nachbarkorn. Ein homogenes Material ist natürlich immer wünschenswerter, weil man es besser vorhersehen kann, was da passiert. Aber das ist nunmal die Herausforderung des Projektes."

    HiTexStor, so heißt das Projekt an dem der Ingenieur Cristiano Boura am Solar-Institut Jülich arbeitet. Sein Ziel: Effiziente Wärmespeicher aus einem Stoff zu bauen, den es wie Sand am Meer gibt. Oder besser gesagt wie Sand in der Wüste Nordafrikas. Denn dort, im Strahlungsgürtel der Erde, werden künftig wohl Dutzende Solarthermie-Kraftwerke entstehen, bei denen gigantische Spiegelfelder Sonnenwärme einfangen und über Dampferzeuger und Turbinen in Strom verwandeln. Damit diese Sonnenstromfabriken grundlastfähig sind, die Lichter also auch bei Wolken am Himmel nicht ausgehen, benötigen sie riesige Wärmespeicher, die Hitze stundenlang bunkern, bis die Sonne wieder scheint. Boura:

    "Wenn man sich die Kosten von Speichern anguckt, dann ist es meist so, dass die Materialkosten einen sehr hohen Stellenwert einnehmen. Wenn man es jetzt schaffen könnte, den kostenlosen Sand, der im Grunde genommen an den zukünftigen Zielgebieten herumliegt, zu verwenden, dann wären grob geschätzt ein Drittel der Kosten sofort erspart, was ein riesiger Sprung wäre in dieser Speichertechnologie."

    Bei den 50-Megawatt-Sonnenwärme-Kraftwerken Andasol in Südspanien, speichern riesige Tanks mit flüssigen Salzlösungen Überschusswärme für die Nacht. Das funktioniert, ist aber nicht ganz billig. Um die Kosten zu drücken, testet man beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Stuttgart, inwieweit tonnenschwere Klötze aus Spezialbeton als thermische Energiespeicher taugen. Das Konzept, das Cristiano Boura und Kollegen von der Fachhochschule Aachen verfolgen, geht noch einen Schritt weiter. Denn sein Herzstück, große wärmeisolierte "Sandkästen" mit tonnenweise Schüttgut darin, ließe sich noch einfacher realisieren.

    Aber wie überträgt man Hitze möglichst effizient auf die Quarzkörner, um den Speicher zu laden? Am Solarinstitut Jülich hat man dazu einen neuartigen Luft-Sand-Wärmetauscher entwickelt. Sein Aufbau ähnelt einer Sanduhr: Von der Schwerkraft getrieben, rieseln die Quarzkörner durch eine Öffnung in einen Behälter. Während ihres Falls durchqueren sie einen 680 Grad heißen Luftstrom und werden dabei auf rund 670 Grad Celsius erhitzt, erklärt Cristiano Boura.

    "Es ist so, dass ein wesentliches Element die Filterwände sind, die den Sand und die Luft räumlich trennen. Diese Filter müssen mehrere Eigenschaften besitzen. Sie dürfen sich nicht abnutzen in so einer schnellen Zeit. Zweitens müssen sie hohe thermische Belastungen aushalten und Temperaturgradienten innerhalb des Materials sowie auch einen sehr geringen Druckverlust nur hervorrufen, wenn die Luft da dadurch strömt. Denn jeder Druckverlust, den der Luftweg beinhaltet, ist ein Kostenfaktor, der über die Betriebskosten einfließt – und der muss gering gehalten werden."

    In Laborversuchen testen die Forscher derzeit unter anderem verschiedene keramische Filtermaterialien und untersuchen, wann der Wärmeübertrag am effizientesten ist. Für präzise Aussagen ist es zu früh. Klar ist bislang nur: Es gibt kritische Punkte, die berücksichtigt sein wollen. Boura:

    "Also wenn der Luftmassestrom zu hoch wird, dann tritt eine Sandblockade ein. Das bedeutet, man verstopft eigentlich das Fallrohr. Das liegt auf der Hand, dass das passieren kann. Und da ein Optimum zu finden, welche Fließgeschwindigkeiten zulässig sind, ist auch ein Teil unserer Aufgaben – und entsprechende Lösungskonzepte heraus zu arbeiten, wie man das vielleicht verhindern kann."

    Der Zeitplan ist ambitioniert. Bereits 2012 soll ein Praxistest mit einer 150 Kilowatt-Pilotanlage starten. Und zwar am Solarturm Jülich. Bei dem vergangenen Sommer eingeweihten Versuchskraftwerk fokussieren über 2000 am Boden montierte Spiegel Sonnenlicht auf die Spitze eines 55 Meter hohen Turmes und erzeugen dort 680 Grad heiße Luft. Momentan wird überschüssige Wärme in Jülich in einem keramischen Speicher gebunkert. Künftig dann vielleicht in einem großen Sandkasten.