Freitag, 29. März 2024

Archiv

Industriestrategie 2030
"Aus der Wirtschaft gibt es schon viel Kritik"

Die deutsche Wirtschaft soll krisenfester werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt dafür auf künstliche Intelligenz und Batteriezellen. Doch an seiner Industriestrategie 2030 gibt es viel Kritik.

Sina Fröhndrich im Gespräch mit Mario Dobovisek | 05.02.2019
    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU)
    Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) (imago / Thomas Trutschel)
    Mario Dobovisek: Eine neue Industriepolitik für Deutschland: Die strebt Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier an – das Papier dazu stellt er am Vormittag vor. Darüber sprechen wir mit Sina Fröhndrich: Der Staat mischt sich ein – das ist aus Sicht von Unternehmen vermutlich ein rotes Tuch?
    Sina Fröhndrich: Bislang liegt das Konzept von Wirtschaftsminister Altmaier noch nicht komplett vor, aber aus der Wirtschaft gibt es schon viel Kritik daran. Der Wirtschaftsweise Lars Feld ist sehr deutlich geworden – er vergleicht die geplanten Eingriffe mit Planwirtschaft, er findet es schwierig, dass da jetzt ein zwei große Konzerne Bestandsgarantien erhalten sollten, so nennt er das. Altmaier will nämlich, dass Konzerne wie Thyssenkrupp oder die Autobauer dauerhaft erfolgreich sind, weil das im nationalen wirtschaftlichen Interesse sei. Er möchte Champions, durch Zusammenschlüsse. Und nicht nur das: Altmaier gibt auch Technologien vor, die er gefördert wissen will – das ist die Batteriezelle und das ist die künstliche Intelligenz.
    Dobovisek: Schwerpunkt auf Champions – da hören Wettbewerbshüter sicherlich auch genau hin?
    Fröhndrich: Ganz sicher: Machen wir es mal konkret an einem aktuellen Beispiel: Siemens möchte seine Zugsparte ja mit Alstom fusionieren, da werden wir wohl morgen das Nein aus Brüssel hören – weil sonst ein Riese in Europa entstünde. Siemenschef Joe Kaeser wirbt für diese Fusion – trotz kartellrechtlicher Bedenken. Die Frage ist nur, wie schädlich wäre das für die Verbraucher? Dazu sagt Hubertus Bardt vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln.
    "Wir dürfen den Wettbewerb auch für die Konsumenten hier in Deutschland und in Europa nicht aufs Spiel setzen, wir müssen gleichzeitig es aber auch schaffen, international auch mit chinesischen Unternehmen im Wettbewerb uns behaupten zu können.
    Also: nationale oder europäische Champions im Tausch gegen Verbraucherrechte, das finden Kritiker doch schwierig.
    Investition in Forschung und Ausbildung
    Dobovisek: Wie sinnvoll ist es denn überhaupt, sich auf die Großen zu fokussieren?
    Fröhndrich: Naja, wenn man bedenkt, dass viele wichtige Unternehmen in Deutschland, Weltmarktführer, dass das eher kleine Firmen sind – dann ist dieser Fokus schon schwierig. Die kleinen hätten vielleicht das Nachsehen - dazu nochmal Hubertus Bardt.
    "Deutschland ist stark geprägt von einer Industrie, die international sehr erfolgreich ist, die aber nicht immer unbedingt riesengroß ist, da sind auch ganz viele internationale Champions, die aber unterm Radar sind, nicht immer Dax-30-Unternehmen – die müssen wir stärken, das ist einer der Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung."
    Also – da der Rat an den Minister, den Blick zu weiten.
    Dobovisek: Viel Kritik also an Altmaiers Strategie - wie sollte nach Ansicht von Wirtschaftsvertretern Industriepolitik denn aussehen?
    Fröhndrich: Es geht um den Rahmen, schnelles Internet, niedrige Energiepreise, gutes steuerliches Umfeld. Investition in Forschung und Ausbildung, so dass es Experten gibt, die sich mit Künstlicher Intelligenz auskennen. Solche Wünsche werden ja auch immer wieder adressiert – offen – oder auch durch Lobbyarbeit. Es ist ja nicht so, dass die Industrie da kein Gehör findet.