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Initiative in Köln
Rugby für Flüchtlingskinder

Das Leben im Flüchtlingsheim ist nicht einfach: Wenig Platz, viele Menschen und viele Sorgen vor der Zukunft. Außerdem gibt es kaum etwas zu tun. Besonders für Kinder kann es schnell sehr langweilig werden. In Köln bietet deshalb "Rugby United" Rugby-Training für Flüchtlingskinder an.

Von Sebastian Trepper | 04.08.2018
    Training bei Rugby United
    Training bei Rugby United (Rugby United)
    Der Dienstag ist das Highlight der Woche für die Kinder, die bei "Rugby United" mitmachen. Denn Dienstag ist Trainingstag. "Wir freuen uns dann. Wir warten immer auf Rugby. Bis Johanna kommt. Mit dem Auto holt die uns ab. Wir haben einen Spielplatz. Wir warten immer da, bis sie kommt", erzählen Bassam und Saud, neun und zehn Jahre alt und im Irak geboren.
    Mit einem Kleinbus werden die Kinder vom Flüchtlingsheim zum Rugbypark gebracht. Die Ankunft gerät dabei regelmäßig zu einem lebhaften Tohuwabohu. Raus aus dem Bus und ab zum Umziehen. Der Verein richtet nicht nur das Training für die Flüchtlingskinder aus, sondern sorgt auch für adäquate Trainingskleidung.
    "Das ist nett von ihnen"
    "Wenn wir gegeneinander spielen, kriegen wir manchmal Trikots und so. Ja, wir dürfen uns Sachen ausleihen, aber nicht nach Hause mitnehmen. Aber das ist nett von ihnen", finden Saud und Bassam.
    Stollenschuhe, Hosen, Shirts und Stutzen sind größtenteils Spenden von Spielern des Rugby-Sport-Vereins Köln. Lisa Naumann, Rugby-Nationalspielerin und eine der Gründerinnen von "Rugby United", sieht auch die Ausrüstung als Teil der Integrationsbemühungen.
    "Ich denke, das gehört auf jeden Fall dazu. Also speziell, wenn wir auch manchmal Trainings organisieren, zu denen die Kinder von 'Rugby United' kommen und auch welche aus den anderen Jugendmannschaften hier im Verein, dass da der Kontakt hergestellt wird. Dann will man natürlich nicht dastehen und im Gegensatz zu denen keine Sportklamotten haben."
    Die Homepage von Rugby United
    Ende vergangenen Jahres brauchte "Rugby United" dringend einen Platz für die mittlerweile zahlreich gespendete Leih-Ausrüstung. Lisa Naumann erzählt: "Dann hatten wir die Hütten von einem kleinen Weihnachtsmarkt abgekauft und haben gedacht, das wär doch ne tolle Aktion, die mit den Kindern zusammen zu bemalen. Und so ist das entstanden."
    Bei der Bemalung half "Art Asyl" - eine Initiative, die Flüchtlingen in und um Köln Möglichkeiten zu künstlerischer Entfaltung bietet. So stehen seit diesem Frühjahr zwei ebenso bunte wie schöne Hütten auf dem Gelände des Rugby-Parks. Dort, wo das Training von "Rugby United" und allen Mannschaften des Rugby-Sport-Vereins stattfindet.
    Ausflug zum Rugby-Länderspiel in Köln
    Ausflug zum Rugby-Länderspiel in Köln (Rugby United)
    Die Verzahnung von "Rugby United" mit dem Verein ist ohnehin eng. Denn die vier Gründerinnen der Initiative sind aktive Spielerinnen und Trainerinnen. So sind gemeinsame Trainings oder die Teilnahme und Mithilfe der Flüchtlingskinder beim Sommerfest Bestandteil der Idee von "Rugby United".
    "Am Anfang ist schon ein bisschen ein Fremdheitsgefühl da, auch von unserer Seite. Weil man einfach mit den Leuten noch nie was zu tun hatte und dann vielleicht die Sprache schwierig ist und man irgendwie Hemmungen hatte", sagt Lisa Naumann, "aber das ist so schnell abgebaut, und das merkt man jetzt auch immer mehr, wenn hier die Kinder rumlaufen und mal welche aus dem Verein hier sind: Dass das irgendwie total schön ist, dieses Miteinander. Und das diese Gefühle abgebaut werden."
    "Respekt und Fair Play vermitteln"
    Integrations-Nachhilfe auf beiden Seiten also. Während die Vereinsmitglieder die Kinder aus dem Irak, Syrien und anderen Ländern besser kennenlernen, bekommen auch die Flüchtlingskinder viel mehr als nur Bewegung gegen die Langeweile. Im Tackling oder Gedränge geht es zwar knüppelhart zur Sache. Aber gerade deswegen muss Fairness im Rugby eine extrem große Rolle spielen. Das sollen auch die Kinder lernen, sagt Lisa Naumann:
    "Rugby ist ja sehr bekannt für Fair Play und auch Respekt für die Mitspieler, für die Gegner, ein respektvolles Miteinander sozusagen. Und das wollen wir auch über das Training den Kindern vermitteln."
    Keine Schimpfwörter, keine Gewalt, keine Drohungen
    Gerade bei den ersten Trainingseinheiten des Projekts gab es regelmäßig Auseinandersetzungen zwischen den Kindern. Bald entwickelten sich drei klare, einfache Grundsätze - die Rugby-United-Regeln: Keine Schimpfwörter, keine Gewalt, keine Drohungen. Wer diese Regeln bricht, bekommt die Konsequenzen zu spüren, erzählt Lisa Naumann.
    "Wenn sich jemand mehrmals nicht an Regeln hält, dann gibt es gelbe Karten. Und bei der roten Karte wird man dann nicht mehr abgeholt fürs Training. Also das heißt, du setzt mindestens eine Woche aus. Und das ist schon immer ziemlich hart für die Kinder."

    Das Essen nach dem Training
    Das Essen nach dem Training (Rugby United)
    Hart, aber gerecht - und so setzen die Kinder diese Regeln auch untereinander durch. Auch beim gemeinsamen Essen nach jedem Training. Alle bleiben sitzen und hören sich gegenseitig zu, wenn das Training besprochen wird. Respektvoll - auf dem Platz, aber eben auch daneben.