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Insektenschutz
Bundestag beschließt strengere Vorgaben

Experten warnen, dass Lebensräume von Bestäubern wie Bienen und Hummeln in Gefahr sind - auch durch den Einsatz von Pestiziden auf den Feldern. Kurz vor der Wahl hat der Bundestags nun Maßnahmen für den besseren Schutz für Insekten beschlossen. Was sich im Insektenschutz ändert.

Von Ann-Kathrin Büüsker | 25.06.2021
Eine Hummel sammelt auf einer Lavendelpflanze Pollen ein. Hummeln gehören zur Gattung der Echten Bienen. Die Hautflügler werden 1 bis 1,4 Zentimeter groß und haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 28 Tagen.
Ohne Pflanzenbestäuber wäre unsere Nahrungsmittelkette in Gefahr, betont auch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (dpa-Zentralbild)
Es war ein langwieriges Unterfangen, diese Einigung für mehr Insektenschutz zustande zu bringen. Denn es galt die Interessen von Umweltschutz und Landwirtschaft zusammenzubringen. Dabei hängen beide eng zusammen, betonte in der Bundestagsdebatte auch Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner, CDU: "Denn wir wissen, ohne Pflanzenbestäuber wäre unsere Nahrungsmittelkette in Gefahr. Rund 80 Prozent aller Pflanzen, die unserer Nahrung dienen, die sind auf Bestäuberinsekten angewiesen. Deshalb ist es im ureigenen Interesse der Landwirtschaft, Insekten zu schützen."
Eine Vielfalt von Insekten aus der Sammlung des Museums fuer Naturkunde in Berlin (Foto vom 20.02.2019).
Insektensterben - Viele Arten leiden, manche profitieren
Die Insekten-Bestände schrumpfen Jahr für Jahr – allerdings nicht in allen Regionen der Erde. Forschende zeichnen jetzt ein differenziertes Bild der Lage.
Schutzgebiete sollen deshalb leichter ausgewiesen werden können, so sieht es die beschlossene Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vor. Ein Gesetz, das Umweltministerin Svenja Schulze, SPD, verantwortet: "Es stellt zusätzliche Flächen, wichtige Lebensräume unter Schutz. Streuobstwiesen, artenreiche Weiden, Wiesen, werden als Biotope jetzt anerkannt. Viele Schutzgebiete bekommen jetzt noch einen besseren Schutz. Dort wird endlich der Einsatz von insektenschädlichen Bioziden, zum Beispiel von Holzschutzmitteln, eingeschränkt." Zudem sind Maßnahmen gegen Lichtverschmutzung vorgesehen, um nachtaktive Insekten zu schützen.

Einsatz von Glyphosat soll deutlich eingeschränkt werden

Als zweiter Bestandteil des Insektenschutzpaketes wird die Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung durch den Bundesrat verändert werden. Dies liegt in der Verantwortung von Landwirtschaftsministerin Klöckner. Darin enthalten: deutliche Einschränkungen der Verwendung des Unkrautvernichters Glyphosat – er darf auf geschützten Flächen nur noch bedingt eingesetzt werden, etwa im Gartenbau. Mit Beginn des Jahres 2024 soll der Einsatz vollständig verboten werden, derzeit hat das Mittel nur eine europäische Zulassung bis 2022, diese könnte jedoch verlängert werden.
Ein Landwirt fährt mit einer Pflanzenschutzspritze am 17.10.2017 über ein Feld nahe Petersdorf (Brandenburg) (Luftaufnahme mit einer Drohne). Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB
Bauernverband zu Insektenschutz: "Mit den Landwirten gemeinsam organisieren"
Auch die Landwirte wollen etwas für den Insektenschutz tun. Nötig seien einfach umsetzbare Maßnahmen für Biodiversität, sagte Bernhard Krüsken vom Bauernverband im Dlf. Er nannte als Positivbeispiel die Niederlande.
Der Wegfall dieses chemischen Unkrautvernichters bedeutet, dass auf einem kleinen Teil der Flächen die Bewirtschaftung umgestellt werden muss, etwa auf mechanische Unkrautbekämpfung. Ein Mehraufwand, so Klöckner: "Das sind Erschwernisse für die Landwirte, für diejenigen, die nicht nur schwerer zu arbeiten haben, sondern auch Vertragseinbußen haben. Und deshalb sage ich hier sehr klar: Das war der Union immer wichtig, dass wir Ausgleiche schaffen müssen."

Grüne: Insektenschutzpaket ist nicht umfangreich genug

Die Verabschiedung des Pakets war mehrfach verschoben worden, weil es erheblichen Widerstand aus der Unionsfraktion gab. Diese hatte einen Erschwernisausgleich gefordert, für Landwirtinnen und Landwirte, die betroffene Flächen in Schutzgebieten bewirtschaften. Hierfür hat die Agrarministerkonferenz bei ihrer letzten Sitzung Mitte Juni nun zusätzlich 65 Millionen Euro aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur freigegeben.
Ein Punkt, der bei Steffi Lemke, Umweltpolitikerin der Grünen, übel aufstößt, denn aus ihrer Sicht trifft diese Maßnahme nur einen kleinen Teil der Flächen: "Und diese 65 Millionen auf 0,6 Prozent der Fläche runtergerechnet ist mehr als die derzeitige Ökolandbauförderung." Den Grünen ist das Insektenschutzpaket nicht umfangreich genug, ebenso sehen es die Linken. FDP und AfD sehen die Landwirtschaft dadurch unangemessen belastet.