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Inselstreit
Peking warnt Washington

Die USA wollen im japanisch-chinesischen Inselstreit vermitteln. Doch Peking verbittet sich vor dem Besuch von Vizepräsident Joe Biden Einmischung. Washington fühlt sich provoziert.

03.12.2013
    Im Streit über seine neue Luftraumüberwachung im Ostchinesischen Meer hat China die USA und Japan gewarnt. Chinas Streitkräfte seien in der Lage, die Zone "wirksam" zu kontrollieren, teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums vor der Ankunft von Obamas Stellvertreter in Peking mit. Biden brauche sich keine Hoffnung auf Entspannung zu machen, sollte er an seiner Auffassung festhalten, hieß es in einem Leitartikel der staatseigenen Zeitung "China Daily". Es seien keine Fortschritte zu erwarten, sollte er seine früheren "falschen und einseitigen Äußerungen" wiederholen.
    In dem neuen Überwachungsgürtel in einem mit Japan umstrittenen Seegebiet verlangt China, dass sich ausländische Flugzeuge anmelden, identifizieren und den Anweisungen seiner Luftwaffe folgen. Die US-Streitkräfte wollen sich aber nicht an die neuen Regeln halten, wie US-Beamte sagten.
    Vor der Abreise aus Tokio sprach Biden von einer "provokativen Aktion". "Wir betrachten es als einseitiges Bemühen, den Status Quo im Ostchinesischen Meer zu verändern", sagte Biden nach einem Treffen mit Japans Ministerpräsident Shinzo Abe am Dienstag. In dem Gebiet streiten Japan und China um die chinesisch Diaoyu und japanisch Senkaku genannte Inselgruppe.
    Politikwissenschaftler: Tür geöffnet für Unfälle
    Der Vizepräsident will seine "tiefe Sorge" über das chinesische Vorgehen heute bei einem Treffen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in Peking vorbringen. Biden warnte vor Unfällen in der Zone, die sich mit ähnlichen Überwachungsgürteln Japans und Südkoreas überlappt. Um das Risiko einer Eskalation zu verringern, müssten China und Japan Mechanismen zum Krisenmanagement und wirksame Kommunikationskanäle schaffen. Wie ein mitreisender hoher US-Beamter bekräftigte, wollen die USA die Militärzone nicht anerkennen. "Unsere Militärflugzeuge werden weiter normal fliegen, ohne auf die ADIZ (Identifikationszone zur Luftverteidigung) Rücksicht zu nehmen."
    In einer umfassenden Erläuterung teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Peking mit, die Reaktion auf ausländische Flugzeuge hänge davon ab, ob es sich um eine zivile oder militärische Maschine handele, und wie groß die Bedrohung oder die Entfernung sei. "Kampfflugzeuge werden nicht benötigt, wenn sich herausstellt, dass ein einfliegendes Flugzeug keine Gefahr für uns darstellt, aber notwendige Überwachung muss gewährleistet werden", sagte der Sprecher.
    Der Politikwissenschaftler Dirk Schmidt warnte im Deutschlandfunk vor einer Eskalation der Lage. Es sei die Tür geöffnet worden für "unbeabsichtigte Unfälle"; beispielsweise bestehe die Gefahr, dass ein Pilot einen Fehler begeht, der "Bündnislogik" zur Folge habe. Dass China eine Anmeldung ausländischer Flugzeuge verlange, sei keine ungewöhnliche Praxis. Und Peking habe mit seinen Forderungen "keine Zuspitzung geplant", habe sie aber ohne Rücksprache mit anderen Regierungen gestellt, so der Asienexperte.
    Peking warnt vor falschen Signalen aus den USA
    Trotz des Widerstandes gegen die Zone hatte Washington die US-Fluggesellschaften aufgefordert, sich aus Sicherheitsgründen an die üblichen Anordnungen im Luftverkehr (NOTAM) zu halten, die China wie jedes Land erlassen kann. Auf Druck der Regierung in Japan weigern sich Japans Airlines allerdings, ihre Flugpläne einzureichen.
    Unter Hinweis auf die schon seit 1969 betriebene, japanische Luftraumverteidigungszone kritisierte der Verteidigungssprecher in Peking den Widerstand Japans. Es habe kein Recht, "unverantwortliche Äußerungen" über Chinas Vorgehen zu machen, das rechtmäßig sei. Japan habe den Territorialstreit im Ostchinesischen Meer verschärft, indem es einen Teil der Inseln nationalisiert habe. Auch spiele Japan die Bedrohung durch China hoch, um seine pazifistische Verfassung zu ändern und aufzurüsten. Die USA forderte der Sprecher auf, mit ihrer Unterstützung für Tokio nicht "falsche Signale" zu senden.