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Insolvenz
Prokon-Anleger im Visier von vermeintlichen Verbraucheranwälten

Anleger, die Geld beim Windkraftunternehmen Prokon investiert haben, werden Geld verlieren - viel Geld. Wer zumindest etwas wiederhaben möchte, muss selbst aktiv werden - und seine Ansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Vermeintliche Verbraucheranwälte werben bei den Prokon-Anleger um neue Mandanten. Doch das lohnt sich für Verbraucher offenbar selten.

Von Dietrich Mohaupt | 14.05.2014
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe (dpa/picture alliance/Carsten Rehder)
    Eigentlich scheint es ja ganz sinnvoll, sich als Kapitalanleger in einem laufenden Insolvenzverfahren rechtlichen Beistand zu suchen. So manch eine Anwaltskanzlei hat das in der jüngsten Vergangenheit als lukratives Geschäftsfeld entdeckt, meint Michael Herte von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein.
    "Die Erfahrungen der letzten fünf Jahre haben gezeigt, dass immer dann, wenn ein größeres Unternehmen ins Schlingern gerät und Anleger ihr Geld zu verlieren drohen, es natürlich auch Anwälte gibt, die versuchen, Mandate zu akquirieren."
    Häufig geschieht das - wegen des gesetzlichen Werbeverbots für Rechtsanwälte - über den Umweg entsprechender Schutz- oder Interessengemeinschaften, hinter denen oft bestimmte Kanzleien stehen.
    "Wenn dann der erste Kontakt zu diesem Schutzverein aufgebaut wird, gibt es häufig schon die Empfehlung, zu einer bestimmten Kanzlei zu gehen. Und dann ist es letztlich so, dass - wenn der Anwalt beauftragt wird - es eine Kostennote auslöst, und dabei ist es relativ egal, ob das Verhalten des Anwalts und seine Arbeit erfolgreich ist."
    Stellt sich also die Frage: Brauche ich als Prokon-Anleger derzeit überhaupt Hilfe und Rat einer speziellen Schutzgemeinschaft oder gar anwaltlichen Beistand?
    Hektische Aktivitäten bringen wenig
    Zur Erinnerung: Am 1. Mai hatte das Amtsgericht Itzehoe das Insolvenzverfahren über das Windkraft-Unternehmen eröffnet, nachdem in den vergangenen Monaten immer mehr Inhaber sogenannter Genussrechte ihre finanziellen Einlagen gekündigt hatten. Seither läuft ein geordnetes Verfahren unter der Führung des Hamburger Insolvenzverwalters Dietmar Penzlin. Hektische Aktivitäten sind jetzt nicht gefragt, betont Dirk Unrau von der Schutzvereinigung Deutscher Wertpapierbesitz, DSW
    "Also, als Anleger im derzeitigen Stadium würde ich nicht jetzt losrennen und mich an bestimmten Gemeinschaften beteiligen, wo man viele Gelder einzahlen muss, um dann am Ende vielleicht dabei zu sein, dass die Ansprüche registriert werden. Über dieses Stadium ist man hinaus. Man braucht derzeit keinen Anwalt, der die Ansprüche mit großer Eile durchsetzt - das ist im Insolvenzverfahren nicht nötig - aber natürlich sollte man sich informiert halten und die Möglichkeiten, die dann auch geboten werden, auch von Verbraucherzentralen oder auch von der Schutzvereinigung, nutzen."
    Es ist also Vorsicht geboten, wenn selbst ernannte Anlegerschützer darauf drängen, ihnen ein Mandat für die Sicherung von Ansprüchen gegen Prokon zu erteilen. Das aktuelle Verfahren ist klar strukturiert, der Insolvenzverwalter hat über die entscheidenden Fakten öffentlich informiert, erklärt Michale Herte von der Verbraucherzentrale.
    "Es gibt jetzt schon konkrete Termine - es gibt eine Gläubigerversammlung, es gibt auch schon einen Termin, bis zu dem man Forderungen anmelden kann. Das sind wichtige Termine, die man aber auch ohne Weiteres alleine und ohne Anwalt in Angriff nehmen kann."
    Gläubigerversammlung am 22. Juli, Fristablauf für die Anmeldung von Forderungen zur Insolvenztabelle am 15. September - das wären diese Termine. Vorher bereits irgendwelche Mandate oder gar Vollmachten zu erteilen, bringe im laufenden Verfahren keinerlei Vorteile, warnt Michael Herte noch einmal. Gefragt seien deshalb jetzt auch die Anwaltskammern, das teils unseriöse Buhlen mancher Kanzleien um Mandanten zu beenden.
    "Ich denke, die Anwaltskammern sind momentan berufen, Anwälte zu ermahnen und zu sanktionieren, auch die Internetseiten von Kanzleien anzuschauen, auch mal zu durchleuchten, wer eigentlich hinter diesen Schutzgemeinschaften steht, die nun wie Pilze aus dem Boden sprießten, wenn doch offensichtlich ist, dass die Tätigkeit der Anwälte für den Mandanten nichts mehr bringt."