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Inspiriert vom Deutschlandfunk
Hamburger Schule erstellt Wissenschaftspodcast

Am Anfang stand eine Radiosendung im Deutschlandfunk: Inspiriert vom Zuhören produzierten Lehramtsstudierende mit Schülerinnen und Schülern einer Hamburger Schule einen Wissenschaftspodcast zum Thema Corona-Pandemie. Das Ergebnis hat die Initiatoren überrascht.

Von Axel Schröder | 11.02.2021
Hand bedient eine App für mobile Podcast-Produktion auf einem Smartphone
Produziert haben die Schülerinnen und Schüler auch mit ihren Smartphones (dpa-tmn/Karolin Krämer)
Die Idee für das Podcast-Projekt an der Stadtteilschule am Hafen, in Hamburg St. Pauli, kam Anna-Lena Wöbcke beim Radiohören. Eingeschaltet hatte die Lehramtspraktikantin den Deutschlandfunk: "Ich hatte einen Beitrag in der Rubrik 'Wissenschaft' gehört. Und da ging es darum, dass eine Neandertaler-Gensequenz auf dem Chromosom 3 assoziiert wird mit einem schweren COVID-19-Verlauf. Und dann haben wir gedacht, das wäre der perfekte aktuelle Einstieg in das Thema ‚Humanevolution‘."
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Ihren Mit-Praktikanten Philipp Büchner hat sie schnell davon überzeugt, das Wissenschaftsthema von den Schülerinnen und Schüler medial bearbeiten zu lassen: "Wir hatten auch zum Beispiel ein Youtube-Video, wo dann neue Videos drauf verlinkt waren, so dass man sich da durchklicken konnte. Dementsprechend war der Podcast angedacht, weil der Deutschlandfunk ja auch einen Podcast rausgebracht hat. Aber im Endeffekt war da doch ein Spielraum."

Vor der Aufnahme kommt die Recherche

Knapp acht Minuten lang ist die Podcast-Folge geworden. Inklusive Eingangsmusik und Moderation: "Wir befinden uns gerade in einer außergewöhnlichen Pandemie, und zwar in der Corona-Pandemie. Wie sah es aber früher aus? Und damit einen schönen Abend und herzlich willkommen!"
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Bevor die Aufnahmen gemacht wurden, mussten das Podcast-Team erst einmal die wissenschaftlichen Hintergründe ihres Themas recherchieren. Sie wollten zeigen, wie sich COVID-19 zum Beispiel von der Cholera unterscheidet, erzählt Fuat Aldemir. Er geht in die 13. Klasse an der Stadtteilschule am Hafen: "Wir sind am Anfang auch darauf eingegangen, welche Definitionen es gibt. Und dann haben wir es so anschaulich gemacht wie möglich, so, dass es für jeden passt, es für jeden ansprechend machen."

Multikultureller Ansatz

Seine Mitschülerin Souhaila Rasoul hat syrische Wurzeln. Sie hat ihre Zweisprachigkeit mit ins Projekt eingebracht: "Da wir auch einen kreativen Teil in unserem Podcast haben sollten, haben wir versucht, unsere Muttersprachen mit einzubringen. Zum Beispiel habe ich die arabische Wissenschaftlerin gespielt, die sich zum Thema Corona geäußert hat. Und ich fand es auch gut, dass mein Partner auch seine türkische Muttersprache miteingebracht hat. Das war ein sehr multikulturelles Ding!" Und als arabische Wissenschaftlerin klingt die Schülerin Souhaila am Ende so.
Die Umsetzung war für Souhaila gar nicht einfach. Einen Internetanschluss und WLAN gibt es bei ihr zuhause nicht. Also musste sie aufpassen, ihr Datenvolumen auf dem Smartphone nicht zu überziehen. Aufgenommen wurden die Textpasssagen auf den Handys der Schülerinnen und Schüler.

Technisches Wissen selbst angeeignet

Zusammenmontiert hat das Ganze dann Phi Long Cao, auch er besucht die 13. Jahrgangsstufe: "Das Programm, das ich benutzt habe, war ‚iMovie‘. Und ‚iMovie‘ ist auch sehr leicht zu verstehen. Es gab auch sehr viele Tipps auf Youtube oder im Internet, wie man schneidet, wie man zusammenfügt und wie man Töne hinzufügt. Das war ganz einfach."
Besser als gedacht lief das Podcastprojekt, resümiert Lehramts-Praktikant Philipp Büchner. Die Schülerinnen und Schüler waren motiviert, wissbegierig und kreativ und vor allem technisch auf der Höhe: "Ich glaube auch, dass Schülerinnen und Schüler doch mehr Ahnung haben als man manchmal denkt. Es gibt da wirklich mittlerweile so viel gute Programme, wo man auch im Nachhinein durch ein paar Filter fast so klingt wie im Studio aufgenommen. Ich glaube, wir sind als Lehrkräfte gar nicht darüber im Bilde, was es eigentlich für Möglichkeiten gibt und was auch genutzt wird."
Neben ihm nickt seine Kollegin und die Ideengeberin Anna-Lena Wöbcke: "Wir waren völlig begeistert, was dabei herumgekommen ist!" Neben dem Podcast müssen alle noch eine schriftliche Aufgabe bearbeiten. Für beides gibt es dann eine Note. Und die fällt, sagt Anna-Lena Wöbcke, wahrscheinlich ziemlich gut aus.