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Integration von Flüchtlingen
CDU schwächt Vorschlag für Mindestlohn ab

Der CDU-Vorstand hat ein neues Integrationspapier beschlossen. Demnach soll es für Flüchtlinge Kürzungen von Sozialleistungen geben, wenn Integrations- und Arbeitsangebote nicht angenommen werden. Den Plan, den Mindestlohn für die ersten sechs Monate auszusetzen, schwächte das Präsidium nach Kritik vom Koalitionspartner ab.

15.02.2016
    Bundeskanzlerein Angela Merkel und die CDU-Vorsitzende von Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner.
    Bundeskanzlerein Angela Merkel und die CDU-Vorsitzende von Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner. (dpa/picture alliance/Michael Kappeler)
    Stattdessen hat nun eine alternative Formulierung Einzug in das Papier gehalten: Demnach sollen für Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge die Praktikumszeiten, bei denen vom Mindestlohn abgewichen werden kann, auf mindestens sechs Monate verlängert werden. "Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die Sozialdemokraten es kategorisch ablehnen, über Änderungen beim Mindestlohn zu sprechen", sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Die Pläne sehen darüber hinaus etwa vor, dass anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte ein unbefristetes Daueraufenthaltsrecht künftig erst dann erhalten, wenn sie nachweisen können, dass sie ausreichend Deutsch sprechen und ihren Lebensunterhalt sichern können. Nach dem Prinzip "Fördern und Fordern" setze die CDU mit dem Papier auf mehr verpflichtende Vorgaben für die Integration länger in Deutschland bleibender Flüchtlinge, so Tauber.
    Gabriel: Union verschweigt Kosten der Integration
    Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte nach der SPD-Präsidiumssitzung, auch die SPD wolle Integration unter dem Motto "Fördern und Fordern" vorantreiben. Auch spreche seine Partei sich dafür aus, Instrumente aus der Arbeitsmarktpolitik einzusetzen, wie etwas, dass es Konsequenzen habe, wenn man Angebote nicht annehme. Am Mindestlohn solle allerdings nicht gerüttelt werden: "Für mich ist es völlig klar, dass die SPD am Mindestlohngesetz nichts ändern wird", sagte Gabriel. Es dürften nicht "die Armen, die kommen, gegen die Armen, die da sind", ausgespielt werden. Das wäre nichts anderes als ein Aufbauprogramm für die AfD. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte, sie habe kein Interesse daran, dass Beschäftigte im Niedriglohnbereich "zittern müssen um ihre Arbeitsplätze, weil die Flüchtlinge denselben Job für fünf Euro machen". Gabriel sagte weiter, man halte am "Dreyer-Plan" fest: Der Parteivorstand der Sozialdemokraten hatte bereits im Januar ein Papier verabschiedet, in dem Sprachförderung, Bildung, Ausbildung, Arbeitsmarkt, der Wohnungsbau und auch die Vermittlung der Regeln des Zusammenlebens als Kernaufgaben für die Integration gesehen werden.
    Gabriel warf der Union vor, die Kosten der Integration zu verschweigen. Schon einmal hätten CSU und CDU der Bevölkerung die Unwahrheit bei der Finanzierung einer großen gesellschaftlichen Aufgabe gesagt: bei der Deutschen Einheit. Zwar seien die Kosten der Flüchtlingsintegration überschaubarer, dennoch gehe es für den Bund dabei um drei bis fünf Milliarden Euro jährlich zusätzlich etwa für Wohnungsbau, Sprachunterricht, Integrationskurse und Arbeitsmarktpolitik.
    Es gibt aber auch Übereinstimmungen zwischen CDU und SPD: Zum Beispiel befürworten beide Parteien eine zeitlich befristete Wohnsitzauflage, für diejenigen, die nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können. Auch ist man sich einig, dass es mehr Kita-Plätze braucht und das Programm "Sprach-Kitas" weiter finanziell und personell aufgestockt werden muss.
    Die CSU begrüßt das Integrationspapier, auch wenn man "über Einzelheiten" immer sprechen müsse, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer nach der Präsidiumssitzung in München. Er betonte aber auch, dass gelingende Integration nur durch eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen zu erreichen sei.
    Özdemir: Ausnahmen vom Mindestlohn "völlig untauglich"
    Die Linke kritisierte das Integrationspapier. Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn sagte, seine Partei lehne eine "Politik der Spaltung" ab. Unterschiede beim Mindestlohn zu machen, sei hoch gefährlich und stärke die AfD.
    Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir sagte, das Papier der CDU sei nur für die kommenden Landtagswahlen am 13. März geschrieben worden. "Danach wird es wieder in den Regalen verschwinden, denn es ist nicht zur Umsetzung geschrieben worden," sagte er in Berlin. Er kritisierte die Ausnahmen vom Mindestlohn als "völlig untauglich". Damit spiele man Arbeitnehmer gegeneinander aus. Bei den Gastarbeitern hätte man es besser gewusst: Damals habe man bewusst die sozialen Standards nicht geändert.
    (cvo/tzi)