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Integrationsbeauftragte Giousouf (CDU)
"Ein Islamgesetz brauchen wir in der Form nicht"

Die Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag, Cemile Giousouf, hat Forderungen nach einem Islamgesetz in Deutschland abgelehnt. "Wir können keine Sondergesetze nur für eine bestimmte Religionsgemeinschaft machen", sagte Giousouf im DLF. Gleichzeitig forderte sie jedoch ein hartes Vorgehen gegen Imame, die Hass predigen und Religion und Politik vermischen würden.

Cemile Giousouf im Gespräch mit Martin Zagatta | 03.04.2017
    Die Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag, Cemile Giousouf
    Die Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag, Cemile Giousouf (picture-alliance / dpa / Rolf Vennenbernd)
    Auch momentan werde schon hart gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen in Moscheegemeiden vorgegangen, sagte Gousouf. 90 der insgesamt 2.500 Gemeinden würden vom Verfassungsschutz beobachtet. Zuvor hatte auch die Bundesregierung erklärt, man sehe keine Notwendigkeit für ein Islamgesetz. Der Vorschlag war vom CDU-Politiker Spahn gekommen. Demnach sollte das Gesetz unter anderem Regeln für die Ausbildung von Imamen enthalten.

    Martin Zagatta: In Berlin haben Unions-Politiker, allen voran Jens Spahn, jetzt gefordert, ein Islamgesetz auf den Weg zu bringen – ein Vorstoß, der allerdings auch in den eigenen Reihen umstritten ist.
    Mitgehört hat Cemile Giousouf, Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag. Guten Tag!
    Cemile Giousouf: Hallo! Ich grüße Sie.
    Zagatta: Frau Giousouf, dass wir ein Islamgesetz brauchen, ist das eine populistische Schnapsidee?
    Giousouf: Ein Islamgesetz brauchen wir in der Form nicht, und da gebe ich auch meinen Vorrednern im Beitrag Recht. Es wäre auch verfassungswidrig. Die Punkte, die meine CDU-Kollegen allerdings im Kontext dieser Diskussion aufgeworfen haben, die würde ich jetzt nicht vom Tisch wischen und würde auch nicht sagen, dass das ein Nacheifern der AfD ist, sondern das sind tatsächlich Punkte, über die wir reden müssen. Aber das Haupt-Schlagargument ist, das Religionsverfassungsrecht hält uns an, dass wir alle Religionen gleich behandeln müssen. Das heißt, wir können keine Sondergesetze nur für eine bestimmte Religionsgemeinschaft machen. Das ist verfassungswidrig. Und ich halte das auch von der Symbolkraft her gerade im jetzigen Zeitpunkt, wo wir viel über emotionale Beheimatung und Integration sprechen, für einen sehr falschen Zeitpunkt.
    "Österreich hat eine ganz andere Verfassung"
    Zagatta: Wieso geht so was in Österreich und ist hier bei uns nicht möglich?
    Giousouf: Österreich hat eine ganz andere Verfassung. Die islamische Religionsgemeinschaft ist schon seit, ich glaube, 1913 oder so als Körperschaft anerkannt. Das ist eine ganz andere Basis, in der man auch Gesetze machen kann. Bei uns ist es so, dass die jüdische Gemeinschaft, auch die christlichen Gemeinschaften als Religionsgemeinschaft anerkannt sind, aber die Muslime eben noch nicht. Und die Punkte, die jetzt angesprochen werden, die sind ja auch schon seit sehr vielen Jahren in der Diskussion, mindestens seitdem wir die Islamkonferenz haben, die Herr Schäuble ins Leben gerufen hat.
    Zagatta: Wo sehen Sie denn jetzt vor allem Handlungsbedarf? Da heißt es ja immer wieder, man muss dagegen vorgehen, dass Moscheen aus dem Ausland finanziert werden. Ist das zu machen?
    Giousouf: Erst mal: Wenn wir ein Verbot aussprechen würden, dann dürften gar keine Geistlichen mehr aus dem Ausland finanziert werden. Das heißt, das müsste dann auch für andere Religionsgemeinschaften gelten, auch für die jüdische und auch für die katholische, und das ist definitiv nicht in unserem Interesse und das wollen wir auch nicht. Das heißt, hier könnten wir kein Extragesetz machen.
    "Wenn ein Imam Hass predigt, dann wird er ausgewiesen"
    Zagatta: Auch keine Deutschpflicht durchsetzen, dass die Imame Deutsch sprechen müssten?
    Giousouf: Das können wir auch nicht gesetzlich regeln. Gleichwohl finde ich es gut und richtig und es gibt auch viele Moscheen, die auch schon Übersetzungsleistungen fordern. Aber meine Kollegen wollen ja ein Gesetz, wonach es eine Deutschpflicht geben soll, und der Vorrang deutscher Gesetze vor islamischen Glaubensvorschriften soll in diesem Gesetz festgeschrieben werden. Wir können den Leuten nicht per Gesetz vorschreiben, was in ihrem Kopf vorgeht und wie sie das Grundgesetz bewerten. Das können wir bei aller Liebe nicht, auch wenn ich diesen Wunsch definitiv unterstreiche.
    Was mich aber auch tatsächlich stört an der Debatte jetzt: Erst mal ist die Debatte um ein Islamgesetz nicht neu. Aber sie suggeriert eben auch, dass wir gegen verfassungsfeindliche Hetze nichts tun können, und dem ist nicht so. Von den über 2500 Moscheegemeinden, die wir in Deutschland haben, werden 90 vom Verfassungsschutz beobachtet, und wenn ein Imam Hass predigt, dann wird er ausgewiesen und die Moschee wird auch geschlossen. Da gehen wir schon mit aller Härte vor.
    "Insbesondere in türkischen Moscheen wurde Religion und Politik vermischt"
    Zagatta: Sie haben gesagt, diese Vorschläge aus der Union, die seien jetzt nicht dem Druck der AfD geschuldet. Umfragen zufolge glauben aber immerhin 40 Prozent der Deutschen, dass der Islam unser Land unterwandert. Kann man diese Sorgen einfach so abtun?
    Giousouf: Nein! Ich finde das auch nicht verkehrt, darüber zu sprechen. Ich möchte einfach nur deutlich machen, dass wir das nicht per Gesetz regeln können. Ansonsten sind die Probleme auf dem Tisch und aktuell mussten wir leider wieder erleben, dass insbesondere in türkischen Moscheen Religion und Politik vermischt worden ist. Und da ist mein konkreter Vorschlag: Wenn das tatsächlich so stattfindet, dann dürfen wir solche Moscheen nicht mehr mit Steuergeldern und Fördermitteln unterstützen. Dann müssen wir die Fördermittel auch entsprechend abbrechen, haben wir zum Teil auch schon gemacht und könnte man für die Zukunft grundsätzlich überlegen.
    Zagatta: … sagt die Integrationsbeauftragte der Unions-Fraktion im Bundestag, Cemile Giousouf. Ich bedanke mich für das Gespräch.
    Giousouf: Sehr gerne.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.