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Integrationsgipfel
Von Burka-Verbot bis Abschiebestopp

Anlässlich des Integrationsgipfels der Bundesregierung hat die Industrie einen Abschiebestopp von Flüchtlingen in der Ausbildung gefordert. Gleichzeitig sprach sich die CDU-Vize-Chefin Julia Klöckner für ein Burka-Verbot aus. An dem Treffen im Kanzleramt nehmen Vertretern von Ministerien, Unternehmen, Gewerkschaften und Migranten-Organisationen teil.

01.12.2014
    Schüler mit "Migrationshintergrund"
    Jeder fünfte Einwohner in Deutschland hat einen Migrationshintergrund (picture alliance / dpa)
    Die Botschaft des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) vor dem Integrationsgipfel ist deutlich: Gefordert wird ein Abschiebeverbot für asylsuchende Jugendliche während einer Ausbildung. Ansonsten seien Unternehmen kaum bereit, Asylbewerber einzustellen, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer in der ARD. Zugleich forderte er junge Flüchtlinge auf, sich bei Unternehmen und den Verbandsstellen bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle zu melden. "Wir haben noch unbesetzte Ausbildungsplätze. Wir brauchen sie", sagte Schweitzer.
    Der Zentralrat der Muslime hat Bund und Länder ebenfalls dazu aufgerufen, das große Potenzial von Flüchtlingen zu erschließen. "Wir brauchen einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Flüchtlingen", sagte Zentralratschef Aiman Mazyek der "Rheinischen Post". Für Flüchtlinge sollten Integrationskurse verbindlich werden, zudem sollten ihre Qualifizierungen frühzeitig erfasst und ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht verwehrt werden.
    Die Kanzlerin hält nichts von anonymen Bewerbungen
    Mit Blick auf die Ausbildungschancen von Migranten und Jugendlichen mit Migrationshintergrund haben außerdem mehrere Verbände anonyme Bewerbungen gefordert. Diese seien "ein ganz wichtiges Instrument für Chancengleichheit im Bewerbungsprozess", führte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, aus. Auch die Türkische Gemeinde sprach sich für anonyme Bewerbungen aus.
    Probleme auf dem Ausbildungsmarkt für Migranten stehen im Mittelpunkt des siebten Integrationsgipfels mit Vertretern von Ministerien, Unternehmen, Gewerkschaften und Migranten-Organisationen im Kanzleramt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte in ihrer Video-Botschaft am Wochenende Diskriminierungen von Einwanderern durch Firmen beklagt. Dass Menschen mit ausländischen Namen beispielsweise viel seltener zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden, sei "leider richtig", sagte Merkel. Von anonymen Bewerbungen hält die CDU-Chefin jedoch nichts.
    Kritik am Symbolcharakter der Veranstaltung
    Bei Bildung, Ausbildung und Zugang zum Arbeitsmarkt sind Ausländer im Vergleich zu Deutschen noch deutlich im Hintertreffen. So bleiben 30,5 Prozent der ausländischen jungen Menschen ohne Berufsabschluss - dreimal so viele wie junge Deutsche. Jeder fünfte Deutsche hat eine Zuwanderungsgeschichte - das sind etwa 16 Millionen Bürger. Die größten Gruppen sind Menschen türkischer und polnischer Herkunft. Beim Integrationsgipfel sind für die Regierung unter anderen die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD), Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) dabei. Ergebnisse, wie die Lage junger Menschen aus Zuwandererfamilien verbessert werden kann, will Merkel am Nachmittag vorstellen. Kritiker der Veranstaltung beklagen, diese liefere zu wenig konkrete Ergebnisse und habe nur Symbolcharakter.
    CDU-Vize-Chefin fordert Burka-Verbot
    Zeitgleich hat die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner sich für ein Burka-Verbot in der Öffentlichkeit ausgesprochen. "Die Burka-Vollverschleierung steht für mich nicht für religiöse Vielfalt, sondern für ein abwertendes Frauenbild", sagte die rheinland-pfälzische Landespartei- und Landtagsfraktionschefin der "Rheinischen Post". Das Grundgesetz bestehe darauf, dass Frauen und Männer gleich viel wert seien. Außerdem gehöre es zu einer offenen Gesellschaft, jemandem offen ins Gesicht schauen zu können. "Ich bin dafür, dass Vollverschleierung verboten wird."
    Ähnlich hatte sich auch ihr Parteikollege Jens Spahn im Wochenmagazine "Die Zeit" geäußert, der beim anstehenden Parteitag der CDU für einen Platz im Präsidium kandidieren und dabei gegen Gesundheitsminister Hermann Gröhe antreten will. (cc/tgs)