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Intelligente Jacke für Hafenarbeiter

Logistik.- An der Uni Bremen wird derzeit eine Jacke entwickelt, die Hafenarbeitern die Datenerfassung beim In- und Export von Automobilen erleichtern soll. Derzeit noch notwendige Papierstapel könnten durch das Kleidungsstück wegfallen.

Von Holger Bruns | 18.07.2009
    Die BLG Logistics Group, einst bekannt als Bremer Lagerhausgesellschaft, betreibt in Bremerhaven ein Autoterminal für den In- und Export von Fahrzeugen. Intelligente Jacken für die Hafenarbeiter sollen diesen Warenumschlag künftig einfacher machen, denn bis jetzt geht das alles nur mit dicken Papierstapeln.

    "Wir haben im Jahr 2008 5,7 Millionen Fahrzeuge bewegt, davon alleine auf unserem Autoterminal in Bremerhaven zwei Millionen. Es ist davon auszugehen, jetzt, und damit ist ja keine Überraschung verbunden, dass wir in diesem Jahr weniger Fahrzeuge bewegen. Aber selbst, wenn es weniger Fahrzeuge sind, sprechen wir immer noch von Millionen von Fahrzeugen, die mit einer entsprechenden Effektivität und Produktivität bearbeitet werden müssen."

    Stefan Schönbrunn, in der BLG zuständig für die Informationstechnik beim Automobilumschlag. Sein Unternehmen sucht gemeinsam mit Informatikern von der Bremer Universität nach Lösungen, um auf dem drei Quadratkilometer großen Parkplatz des Autoterminals den Überblick zu behalten. Die Idee ist hier, Fahrzeugdaten plus einer Angabe des jeweils aktuellen Standorts des Fahrzeugs automatisch zu erheben und zentral in einer Datenbank zu speichern, sagt Jakub Piotrowski vom universitätseigenen Unternehmen Log Dynamics.

    "In der intelligenten Jacke ist ein RFID-Leser eingebaut, sowie ein Kommunikationsmodul, um die Kommunikation in die Außenwelt zu gewährleisten, wie ein Steuerungsmodul. Im Prinzip kann man sich das vorstellen wie ein kleines Notebook, was aber wirklich in die Größe einer Zigarettenschachtel cirka passt."

    In der Tat gibt es an der Bremer Uni eine orange und schwarz gemusterte Jacke, in deren Fächern elektronische Baugruppen liegen, die allerdings noch nicht verkabelt wurden. Bis jetzt ist die intelligente Jacke also nicht funktionsfähig, ergo Zukunftsmusik. Doch die eigentlichen Probleme liegen nicht in der Verdrahtung der Bauteile. Viel schwieriger ist es da, die Vielzahl der Datenformate zu beherrschen, die heutzutage von den RFID-Chips verwendet werden, sagt Stefan Schönbrunn.

    "Wir leiden ein bisschen unter dem heterogenen technologischen Umfeld im Bereich RFID. Ähnlich wie im Barcodebereich scheint die gesamte Industrie sich eine eigene interne Lösung vorzustellen, beim Umsetzen dieser Technologie. Und dann erleben wir natürlich auch noch solche Exoten wie die Chinesen, die sagen, wir überlegen uns mal gleich was ganz anderes, ein ganz anderes Verschlüsselungssystem. So, und jetzt kommen wir am anderen Ende und müssen das Ganze vereinheitlichen, um es in unsere Systeme zu übertragen. Das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen, also eine entsprechende Wirtschaftlichkeit zu rechnen, denn momentan ist das noch nicht machbar."

    Aber man arbeitet daran. An der Bremer Universität wird unter Laborbedingungen die spätere Praxis getestet. Bei einer Presse-vorführung beluden Log Dynamics-Mitarbeiter demonstrativ einen Automobiltransporter. Problemlos wurden wenigstens hier die Daten von den Fahrzeugen in das Lesegerät übertragen. Jakub Piotrowski:

    "Wir sind jetzt dabei, dass wir eine intelligente Jacke schon gebaut haben im ersten Prototypenstadium und erste Tests in der Laborumgebung durchgeführt haben mit reellen Fahrzeugen."

    Es ist damit zu rechnen, dass Log Dynamics und die BLG tatsächlich ihr Ziel erreichen und die zu verladenden Fahrzeuge elektronisch statt manuell erfassen können, zumal es vergleichbare Systeme in anderen Bereichen der Logistik bereits gibt. Für den Hafenarbeiter bedeutet dies gegenüber der heutigen Zettelwirtschaft eine spürbare Arbeitsentlastung, und die BLG freut sich über ein System, das auf alle Fälle zuverlässiger als eine Datenerfassung mit Laufzetteln ist. BLG-Sprecher Stefan Schönbrunn runzelt dennoch die Stirn, denn hier es geht um viel Geld.

    "Die Kostenfrage können Sie ganz einfach belegen. Nehmen Sie zwei Millionen Fahrzeuge am Autoterminal in Bremerhaven. Ein passiver Tag kostet ungefähr 25 Cent, dann rechnen Sie schon mal Fixkosten, plus die ganzen Lesegeräte, die dann noch angeschafft werden müssen, plus das Verheiraten des Tags mit der Fahrgestellnummer, was ein manueller Aufwand ist. Dann reden wir von einem Aufwand, der im Millionenbereich liegt, der dann wirtschaftlich dargestellt werden muss. Das kann man im Moment noch nicht. Und deshalb hinkt diese Technologie momentan noch ein bisschen hinter den elektronischen Ansprüchen, die es ja eigentlich hat, hinterher."