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Internationaler Friedenspreis
US-Sprinter Tommie Smith geehrt

Vor 50 Jahren bei den Olympischen Spielen in Mexiko City nutzen die US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos die Siegerehrung, um auf Rassismus und die Unterdrückung dunkelhäutiger US-Amerikaner aufmerksam zu machen. Tommie Smith bekam dafür nun den Internationalen Friedenspreis.

Von Bastian Brandau | 18.02.2018
    Bei der Siegerehrung für den 200m-Lauf der Männer demonstrieren die Amerikaner Tommie Smith (M, Goldmedaille) und John Carlos (r, Bronzemedaille) mit hochgereckter geballter Faust in schwarzem Handschuh für die "Black Power" Bewegung. Links der Gewinner der Silbermedaille, der Australier Peter Norman.
    Black Power: Die US-Sprinter Tommie Smith (Mitte) und John Carlos bei der Siegerehrung für den 200-Meter-Lauf 1968. Links der Gewinner der Silbermedaille, Peter Norman (Australien). (picture alliance / dpa / UPI)
    Es war fast zu erwarten. Auch bei der Preisverleihung des Dresden-Preises in der Semperoper waren sie wieder zu sehen: Die Bilder des 200-Meter-Finales von Mexiko 1968. In der Kurve liegt Tommie Smith noch hinten, holt aber mit großen Schritten auf und reißt schon vor dem Zieleinlauf die Hände zum Jubel in die Luft. Er gewinnt in der damaligen Weltrekordzeit von 19,8 Sekunden.
    Geste im kollektiven Gedächtnis verankert
    Gänsehaut verursachen die Bilder, weil Tommie Smith und der Drittplatzierte John Carlos bei der Siegerehrung jeweils eine Faust in die Höhe halten. Als Protest gegen den Rassismus in den USA, wo die Bürgerrechtsbewegung für die Rechte der Schwarzen kämpfte.
    Die Bilder gingen um die Welt und sind heute im kollektiven Gedächtnis verankert. Tommie Smiths' Geste sei nicht kalkuliert gewesen, er habe einfach getan, was ihm notwendig erschienen sei, sagte Laudator Günter Wallraff. Das Risiko sei ihm bewusst gewesen.
    John Carlos (re.) und Tommie Smith (beide USA) erinnern während der Verleihung der ESPY Awards 2008 an ihre Siegerehrung bei den Olympischen Spiele 1968.
    John Carlos (re.) und Tommie Smith (beide USA) erinnern während der Verleihung der ESPY Awards 2008 an ihre Siegerehrung bei den Olympischen Spiele 1968. (imago sportfotodienst)
    "Tommie Smith wurde nicht erschossen, aber die Rassisten aller Herren Länder fühlten sich ertappt und herausgefordert von seiner Demonstration schwarzen Selbstbewusstseins. Sie reagierten wutenbrannt. Smith und Carlos wurden kaltgestellt, sofort. Noch am Abend der Siegerehrung und ihrer großen antirassistischen Geste wurden sie von den Herren der Spiele aus ihrer Unterkunft gejagt und von der weiteren Teilnahme ausgeschlossen."
    Das nationale amerikanische Olympische Komitee sperrte ihn auf Lebenszeit. Nie wieder durfte Smith, damals gerade 24 Jahre alt, an einem Wettkampf teilnehmen. Besonders tat sich dabei der damalige IOC-Präsident Avery Brundage hervor, ein Rassist und Antisemit.
    Smith als Vorbild für Footballer
    "Seine rassistische Gesinnung offenbarte er dann auch noch mit seiner Reaktion auf den Protest von Smith und Carlos. Dieser sei nichts anderes als eine 'Zitat' "üble Demonstration gegen die amerikanische Flagge durch Neger", so Wallraff.
    Womit wir in den USA 2018 sind, wo US-Präsident Trump schwarze Footballer beschimpft, die während der Hymnen niederknien, um auf Polizeigewalt hinzuweisen. Smith als Vorbild für Footballer wie Colin Kaepernick, der die Geste des Niederkniens als erster praktiziert hatte und noch immer ohne einen neuen Vertrag ist: So hatte die Jury des Dresden-Preises die Verleihung an Tommie Smith begründet.
    Der Quarterback der San Francisco 49ers, Colin Kaepernick, kniete während der Nationalhymne.
    Der Quarterback der San Francisco 49ers, Colin Kaepernick, kniete während der Nationalhymne. (imago sportfotodienst)
    Smith, heute 73 Jahre alt, stieg mit seiner berühmten Geste auf die Bühne. Leider lebten wir immer noch in einer rassistischen Welt, sagte er in seiner Dankesrede: "Wegen rassistischer Vorbehalte durfte ich 1968 nicht sprechen. Ich musste also einen Weg finden, ohne Stimme zu sprechen. IM Schweigen handelnd, wurde die stille Geste bei den Olympischen Spielen in Mexiko Stadt hörbar. Es war eine gänzliche Offenlegung, die spürbar wurde mit der geballten Intensität einer ganz bestimmten sozialen Veränderung."
    "Nicht die Athleten haben Probleme miteinander"
    Smith Geste hat etwas verändert, auch bei den Olympischen Spielen. Smith spielte später Football, unterrichtete Soziologie an der Universität San Jose in Kalifornien. Dort ist die Geste von 1968 als Denkmal verewigt. Bis heute verfolgt Smith auch die Olympische Bewegung weiterhin.
    Die Spiele heute seien genauso politisch wie 1968, meint er: "Aber die Athleten sind inzwischen weiter, es gibt regen Austausch. Es sind ja nicht die Athleten, die Probleme miteinander haben. Es sind die politischen Kräfte in den Ländern. Sie können politische Probleme lösen, nicht die Athleten. Die Zustände können sich nur ändern, wenn sich die politischen Führer mäßigen. Wenn wir uns zu Themen äußern, muss uns jemand zuhören."