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Internationales Filmfestival Locarno
"Was Kino muss: ungesehene Bilder zeigen"

In der ersten Hälfte des Filmfestivals im schweizerischen Locarno waren viele Filme mit politischen Themen zu sehen. Zu entdecken sind aber auch Produktionen mit Gespür für die kleinen, scheinbar unbeachteten Welten.

Rüdiger Suchsland im Gespräch mit Henning Hübert | 12.08.2019
Die Piazza Grande in Locarno während einer spätabendlichen Filmvorführung beim Filmfestival in Locarno, August 2018.
Große Kulisse: die Piazza Grande in Locarno während einer spätabendlichen Filmvorführung (picture alliance/dpa/KEYSTONE/Alexandra Wey)
Das Festival von Locarno sei kein großes Containerschiff wie etwa die deutsche "Berlinale" oder die Filmfestspiele in Cannes, fasste DLF-Filmkritiker Rüdiger Suchsland zur Halbzeit der 72. Ausgabe seine Eindrücke zusammen: "Es ist vielmehr so ein kleines, schnelles, flitziges Beiboot - das schneller ist, deshalb auch leichter und ein bisschen prekärer ist, das aber viel beweglicher ist." Locarno sei außerdem immer auch ein "Nachdenken über die Zunkunft", so Suchsland - nicht nur, weil viele Produktionen von jungen Regisseurinnen und Regisseuren oder Menschen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen, zu sehen seien. Besonders deutlich sei das im zweiten Wettbewerb zu sehen, in dem es nicht um die begehrten "Leoparden"-Auszeichnungen geht.
Von Menschen und Hunden
Die deutsch-österreichische Koproduktion "Space Dogs" zum Beispiel erzähle nicht nur die Geschichte der ersten Lebewesen im All, der so genannten "Weltraumhunde". Der Film hebe dieses dokumentarische Thema zugleich auf eine Ebene, die am Beispiel von Straßenhunden in Moskau das Verhältnis zwischen Mensch und Tier ganz allgemein reflektiere - aus der Perspektive der Tiere: "Da sind viele Bilder drin, die habe ich noch nie gesehen", so Suchsland in "Kultur heute". "Ein philosophischer, tiefer Film. Ein sehr schöner Film, der das macht, was Kino tun muss: ungesehene Bilder zeigen."
Die Natur der Freiheit
Der Film "Das freiwillige Jahr" hingegen beschreibe das Verhältnis zwischen zwei Generationen am Beispiel eines Vaters, der seine Träume auf seine Tochter projiziert - die selbst noch gar nicht weiß, was sie will: "Es geht um die Natur der Freiheit." Auch das Kino selbst sei in diesem Jahr wieder Thema in Locarno, so Rüdiger Suchsland: "Es geht um Kino als Kunst. Das auch dafür plädiert, dass Filme unbequem sind, dass Filme herausfordern, provozieren, irritieren, verstören."