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Intervall-Fasten
Kein Vorteil gegenüber herkömmlichen Diäten

FDH, Trennkost, Paleo: Diäten gibt es viele. Der neueste Trend ist das sogenannte Intervall-Fasten. Dabei wird entweder tageweise auf Nahrung verzichtet oder diese täglich reduziert. Eine Studie hat das Intervall-Fasten jetzt näher untersucht.

Von Volker Mrasek | 27.11.2018
    Symbolbild: Ernährung
    5:2 oder 16-Stunden-Nahrungsverzicht: Intervallfasten ist im Trend (imago/Westend61)
    Untersuchungen über das Intervallfasten gab es schon einige. Das aber, was in Heidelberg lief, noch nie! Die Studie nennt sich "Helena", einer ihrer Leiter ist Tilman Kühn, Ernährungsspezialist und Epidemiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ:
    "Es war die längste Studie mit einem Jahr, dann noch einmal eine Verlängerung auf zwei Jahre. Dann war die Studie die größte Studie mit 150 Studienteilnehmern. Und es war auch die umfangreichste Studie in Bezug auf die medizinischen Untersuchungen."
    Frühere Studien hatten nur zwei Dutzend bis knapp über hundert Teilnehmer, in einem Fall waren es nur Frauen. Die Heidelberger Probanden waren alle übergewichtig und wogen im Schnitt mehr als 90 Kilogramm. 50 von ihnen folgten der Fasten-Formel 5:2:
    "Das sind fünf Tage in der Woche eine normale Energiezufuhr. Das, was dem Bedarf entspricht. Und zwei Reduktions- oder Fastentage, wie man es nennen möchte, wo man in unserem Studienfall jetzt nur 25 Prozent des Energiebedarfs zu sich genommen hat."
    Die Ernährungsmedizinerin Ruth Schübel, Co-Leiterin der Helena-Studie. Weitere 50 Probanden praktizierten dagegen eine andere Diät: Sie minderten ihre Energieaufnahme jeden Tag um etwa 20 Prozent. Man spricht in diesem Fall auch von einer "Reduktionskost". Die Forscher verglichen das Intervall-Fasten also mit der Strategie, täglich ein bisschen weniger zu essen, ohne irgendwelche Fastentage einzulegen.
    Unerwartetes Fazit
    Alle Teilnehmer ernährten sich im Übrigen gesund und aßen viel Obst und Gemüse. Am Ende zieht Tilman Kühn ein unerwartetes Fazit zum Intervall- oder intermittierenden Fasten, wie es auch genannt wird:
    "Unsere Studie besagt, dass das intermittierende Fasten in Bezug auf die biologischen Effekte, in Bezug auf den Stoffwechsel, auf keinen Fall besser ist als herkömmliche Reduktionsdiäten - allerdings auch nicht schlechter. Das ist einfach ein Weg nach Rom von mehreren."
    Beide Diät-Formen führten in der Studie zu einem spürbaren Rückgang des Körpergewichts. Nach den ersten drei Monaten mit intensiver Ernährungsberatung war dieser Effekt in der Fasten-Gruppe zwar zunächst größer.
    "Allerdings: Im weiteren Verlauf der Studie, nach sechs Monaten, nach zwölf Monaten und - nach dem, was wir jetzt wissen - auch nach 24 Monaten, war die Gewichtsreduktion doch in beiden Gruppen sehr vergleichbar bei etwa fünf Prozent auf mittlere und lange Sicht."
    Es gab noch eine Kontrollgruppe in der Studie. Sie bestand aus Übergewichtigen, die weder fasteten noch sonst wie Kalorien einsparten, sich aber zumindest gesund ernährten, mit reichlich Obst und Gemüse. Auch das wirkte sich durchaus positiv aus. Allerdings verlor diese Gruppe im Durchschnitt nur zwei Prozent Körpergewicht:
    "Und das ist eigentlich das Elegante an der Studie, dass wir schon zeigen können: Über diese gesunde Ernährung hinaus hat die Kalorienreduktion mit intermittierendem Fasten oder mit täglicher leichter Reduktion gleichermaßen gute Effekte - wenn man diese Diäten befolgt."
    Wenn man sie also lange genug durchhält. Den Studienteilnehmern fiel das auf Dauer schon schwer. Viele fasteten nach sechs Monaten nur noch einen Tag pro Woche oder gar nicht mehr, wie Ruth Schübel feststellte. Dadurch ergab sich ein gewisser Jo-Jo-Effekt, wie er nach dem Abbruch einer Diät häufig auftritt:
    "So eine kleine Tendenz zur Gewichtszunahme. Aber das war in unserer Studie wirklich noch sehr moderat. Das war bei allen gleichermaßen zu beobachten."
    Intervall-Fasten funktioniert also. Aber es scheint nicht besser zu sein als andere Diät-Konzepte, so lange man diese konsequent verfolgt und sich dabei vernünftig ernährt. Tilman Kühn:
    "Wir erwarten schon eine gewisse Enttäuschung bei den Vertretern des intermittierenden Fastens, die bisher mit sehr mutigen Aussagen in die Öffentlichkeit getreten sind zum großen Nutzen des intermittierenden Fastens.
    Auf der anderen Seite muss man sagen: Wir greifen diese Leute ja eigentlich auch nicht an. Wir sagen nur, dass das Konzept eine Alternative ist, auch wenn es nicht besser oder nicht überlegen ist."
    Positive Effekte auf die Leberfettwerte
    Jeden Tag Reduktionskost oder alle paar Tage 'mal fasten - übergewichtigen Menschen kann Tilman Kühn beide Diät-Strategien guten Gewissens empfehlen:
    "Das Tolle an dieser Studie ist: Wir haben zum Beispiel gesehen, dass das Leberfett ganz enorm zurückgeht, bis zu 50 Prozent und sich damit auch die Leberfunktion verbessert. Das Risiko für Komplikationen des Übergewichts, der Adipositas, haben wir damit, glaube ich, ziemlich reduziert."