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Investigativjournalismus
Für die Pressefreiheit kämpfen

Pro Jahr werden Dutzende von Journalisten in der ganzen Welt umgebracht, weil sie an Enthüllungsgeschichten arbeiten. Das französische Projekt "Forbidden Stories" sorgt dafür, dass diese investigativen Recherchen fortgeführt und veröffentlicht werden.

Von Suzanne Krause | 29.11.2017
    Das Bild zeigt ein Portrait der ermordeten maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia, die am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet wurde.
    Die ermordete maltesische Journalistin Daphne Caruana Galizia, die am 16. Oktober 2017 durch eine Autobombe getötet wurde. (AFP/Matthew Mirabelli)
    "Die Informationsfreiheit wird in vielen Ländern beschnitten, nur jeder 7. Weltbürger lebt in einem Land mit freier Presse," heißt es im Video-Spot des internationalen Journalisten-Netzwerks, das bedrohte Journalisten beschützen, ermordeten Journalisten eine Stimme geben möchte. Deren Ziel: "Enthüllungsgeschichten am Leben erhalten, sicherstellen, dass die Bevölkerung Zugang hat zu unabhängigen Informationen betreffs Themen wie Umweltverschmutzung, öffentliche Gesundheit, Menschenrechte, Korruption.
    "Wenn Sie an einem heißen Thema sind, können Sie uns über sichere Kanäle Ihr Recherchematerial zukommen lassen. Wir bunkern Ihre Geschichte elektronisch und veröffentlichen sie nur mit Ihrem Einverständnis. Sollte Ihnen etwas zustossen, bringen wir dank ihrer Vorgaben die Recherche zu Ende und veröffentlichen das Ergebnis."
    Autor unzähliger Geschichten zu Drogenkartellen tot aufgefunden
    Eine Idee, die so simpel wie genial wirkt. Richard wurde bei seinen Recherchen in Aserbeidschan oder China selbst immer wieder Opfer von Einschüchterung und Zensurversuchen. Unvergessen ist bei Laurent Richard zudem ein Erlebnis von vor knapp drei Jahren in Paris.
    "Mein Büro lag neben dem der Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Ich bekam hautnah mit, wie am 7. Januar 2015 Terroristen von Al-Qaida dort ein Blutbad angerichtet haben. Das weckte meinen Wunsch, die Arbeit von ermordeten Journalisten fort zu führen."
    Von Kollegen wie Javier Valdez, Autor unzähliger Geschichten zu den Drogenkartellen in Mexiko. Im vergangenen Frühjahr wurde er tot aufgefunden.
    "Die Bedrohung reicht weit über das Lokale hinaus."
    Valdez' Geschichte ist die erste auf der Webseite von "Forbidden Stories". Eine Art digitale Fortsetzung des "Arizona Projects". Als im Sommer 1976 Don Bolles im US-Bundesstaat Arizona bei Recherchen zu einem lokalen Korruptionsfall ermordet wurde, schlossen sich 38 Reporterkollegen, teils von den größten Zeitungen im Land, zusammen, um Bolles Arbeit zu Ende und an die Öffentlichkeit zu bringen. Eventuell die Geburtsstunde des kollaborativen investigativen Journalismus. Doch richtig praktiziert wird der erst seit den Panama Papers, den weltweiten Enthüllungen zu Steueroasen und Geldwäscherei.
    Der Informationsfluss wird immer globaler, sagt Christophe Deloire, Generalsekretär von Reporter Sans Frontières. Der Journalisten-Hilfsverein gehört zum Netzwerk des Projekts Forbidden Stories.
    "Heute kann jemand anhand von lokalen Quellen einem lokalen Korruptionsfall nachgehen, der über die Region hinaus weiter Kreise zieht. Und so reicht die Bedrohung mittlerweile auch weit über das Lokale hinaus."
    Hintergründe der Ermordung von Journalisten gemeinsam aufdecken
    Vor einigen Tagen trafen sich 1.200 investigative Journalisten in Südafrika. Christophe Deloire erzählt, dass das Projekt Forbidden Stories dort begeistert aufgenommen worden sei:
    "Dass Enthüllungsjournalisten ihre Kompetenzen in den Dienst der Pressefreiheit stellen können, indem sie die Hintergründe der Ermordung von Kollegen aufdecken, das ist ein Gedanke, der vielen uns unter zusagt. Denn so kann ein Journalist aktiv werden, um verfolgten Kollegen in der südlichen Hemisphäre zu helfen. Dahinter steckt eine neue Idee: Der Journalismus per se ist ein Mittel zur Verteidigung der Pressefreiheit."