Samstag, 20. April 2024

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Investition in Kunst
"Es gibt einen regelrechten Boom"

Die Art Cologne ist eine Kunstmesse, auf der man Kunst kaufen kann. So lockt sie Sammler, aber auch Investoren. Der Kunstmarkt profitiere vom Anlagenotstand, sagt Dlf-Kunstkritiker Stefan Koldehoff. Er sei so etwas "wie die reinste Form von Marktwirtschaft. Und da ist im Moment jeder Preis möglich."

Stefan Koldehoff im Gespräch mit Klemens Kindermann | 11.04.2019
"Evolution Door" von Klemens Torggler auf der Art Cologne 2019
Auf der Art Cologne gibt es Kunst von einem Euro bis zu 3,8 Millionen Euro (Deutschlandradio/ Thorsten Jantschek)
Klemens Kindermann: Die größte deutsche Kunstmesse Art Cologne eröffnet in Köln. 176 Aussteller werden dieses Jahr dabei sein. Stefan Koldehoff, Kunstkritiker des Deutschlandfunks, was für Preise werden da aufgerufen auf der Art Cologne?
Stefan Koldehoff: Das reicht von einem Euro für Postkarten von Klaus Staeck, die er da an seinem Stand verkauft und auf Wunsch auch gerne selbst signiert, und endet dieses Jahr bei 3,8 Millionen für ein großes Gemälde des Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner "Tänzerin am Klavier", da brauchen Sie dann allerdings auch ein bisschen mehr Platz an der Wand.
Kindermann: In Zeiten niedriger Zinsen haben es Anleger immer schwerer, ihr Geld zu investieren. Manch einer geht am liebsten in Sachwerte, vorzugsweise in Immobilien, aber auch Oldtimer, Schiffe, Wein sind Renditeobjekte. Wie sehr profitiert der Kunstmarkt von diesem Anlagenotstand?
Koldehoff: Schon enorm. Denn da sind grosso modo tatsächlich die Preise stabil geblieben, es gab immer mal kleine Abschwünge, in den 90ern beispielsweise in Japan, als viele Unternehmen pleite gegangen sind, die in Kunst investiert hatten zuvor – und zu Dumpingpreisen ihre Werke wieder auf den Markt geben mussten. Aber im Großen und Ganzen gibt es einen regelrechten Boom im Moment. Das liegt daran, dass in verschiedenen Emiraten Museen fast im Jahresrhythmus neueröffnet werden, die müssen mit prestigeträchtigen Werken gefüllt werden. Und natürlich haben auch Anleger erkannt, dass da stabile Werte entstanden sind – denn der Kunstmarkt ist ja letztlich sowas wie die reinste Form von Marktwirtschaft, Sie brauchen einen Anbieter und einen Nachfrager, der etwas unbedingt haben will und da ist im Moment jeder Preis möglich.
Sammler aus Leidenschaft und Sammler aus Anlagekalkül
Kindermann: Man hat ja so ein Bild des Kunstsammlers im Kopf, kundige Menschen mit langem Atem auch für die Entwicklung von Künstlern. Wie muss ich mir die Käufer heute vorstellen? Sind da auch Vermögende dabei, die einfach in ihrem Portfolio auch Kunst haben wollen?
Koldehoff: Es gibt solche und es gibt solche - gerade hier im Rheinland. Und deswegen ist die Art Cologne auch nach wie vor – obwohl Bonn lange schon nicht mehr Hauptstadt ist und ein Schwerpunkt sich nach Berlin verlagert hat, gerade was junge Galerien angeht, - die größte und erfolgreichste Messe, weil es hier eben Sammler gibt, die mit sehr langem Atem sammeln. Und die auch sehr bewusst sich von ihren Werken nicht im nächsten oder übernächsten Jahr trennen. Es gibt aber natürlich neben diesen Sammlern aus Leidenschaft auch die aus Anlagekalkül. Vielen von denen haben inzwischen Berater, da ist eine ganz neue Marktbranche entstanden, die dann so rumgehen und gucken, was ist verfügbar, was würde wozu passen. Also, es gibt beides, das hält sich in etwa die Waage.
China mischt im Kunstmarkt inzwischen kräftig mit
Kindermann: Wenn man auf die Preis-Hitlisten der Auktionshäuser schaut, dann ist da viel moderne Kunst dabei. Ist die besonders gefragt?
Koldehoff: Ja, das ist aus verschiedenen Gründen so. Erstens gibt es da einen wahnsinnigen Nachschub im Moment, die Galerien sind natürlich bemüht – Entschuldigung - in jedem Frühjahr eine neue Sau durchs Dorf zu treiben, neue Stars zu präsentieren. Und ein Sammler, der da mithalten möchte, der hipp sein möchte, der bei jeder Party neue Bilder an der Wand haben möchte, der kann sich das eher leisten. Der andere Grund ist, dass natürlich die großen Namen der Klassischen Moderne, also wenn Sie einen Monet oder einen Van Gogh, einen Gerhard Richter an der Wand haben möchten, die sind dann nur im ein- bis zweistelligen Millionenbereich verfügbar. Und die wirklich guten Werke gar nicht mehr, weil die sich längst Museen gesichert haben oder Sammler, von denen ich schon gesprochen habe, die sich so schnell nicht wieder werden davon trennen wollen.
Kindermann: Die klassischen Kunstmarkt-Länder sind ja eigentlich Großbritannien und die USA. China ist inzwischen eine wirtschaftliche Großmacht – auch im Kunsthandel?
Koldehoff: Auch im Kunstmarkt. Es gibt eine eigene Auktionsszene dort, aber chinesische Sammler und da auch stark Unternehmer aus Prestigegründen, sind auch in Europa und Amerika aktiv. Erst kürzlich ist ein später Van Gogh für 80 Millionen nach China verkauft worden.
Kindermann: Die Art Cologne ist eine Kunstmesse, auf der jeder kaufen kann. Welche Rolle spielen solche Messen im Kunstmarkt? Wird der nicht von den großen Auktionshäusern wie Christie’s oder Sotheby’s dominiert?
"Kaufen sollten Sie aber nur aus Lust, nicht als Investment"
Koldehoff: Schon und das nicht nur in den öffentlichen Auktionen, die wir mitbekommen, sondern auch in den sogenannten private sales, die unterm Tisch sozusagen stattfinden. Nein, die Messen sind so etwas wie ein großes Schaufenster, dienen der Imagepflege, werden von den Messen selbst auch subventioniert, die großen Galerien kriegen kostenlose Stände. Es gibt dann auch immer exklusive Rahmenprogramme für die großen Sammler.
Kindermann: Wenn ich auf die Art Cologne gehen möchte - noch bis Sonntag ist das möglich - , gibt es denn da auch Kunst sozusagen für den Normalverdiener? Und, gesetzt den Fall, ich kaufe etwas, kann es mir auch passieren, dass das Objekt später deutlich unter dem Wert liegt, zu dem ich es gekauft habe?
Koldehoff: Das kann passieren, wenn Sie allerdings beispielsweise für 300 oder 400 Euro ein kleines signiertes Beuys-Objekt kaufen, dann können Sie da ziemlich sicher sein, dass das seinen Wert behält. Kaufen sollten Sie aber nur aus Lust, nicht als Investment.