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Investoren dringend gesucht

Ein Jahr ist es her, dass sich das Kosovo einseitig von Serbien für unabhängig erklärt hat, doch die wirtschaftlichen Probleme sind drückend. Das Skiresort Bresovica im Nordwesten des an Mazedonien grenzenden Sar-Gebirges wird von vielen als die Perle einer noch zu entwickelnden Tourismusindustrie gesehen. Doch Lifte, Restaurants und Hotels befinden sich im Besitz eines serbischen Staatsbetriebs. Trotzdem hat die neue Privatisierungsagentur Kosovos angekündigt, noch in diesem Jahr einen Investor finden zu wollen.

Von Dirk Auer | 17.02.2009
    Visar Kryeziu bindet seine Skier vom Dachgepäckträger seines Autos ab und blickt auf die 2500 Meter hohen Gipfel des Šar-Gebirges. Der Kosovo-Albaner ist Anfang 40, er kommt aus Prishtina. Doch jeden Winter verbringt er seine Wochenenden im mehrheitlich serbisch bewohnten Nationalpark.

    "Bresovica ist ein Ort, wo man Albaner und Serben sehen kann – eigentlich alle Nationalitäten, die im Kosovo leben, und niemand fragt dich danach, was deine Muttersprache ist. Es sind einfach nur Leute, die die Berge lieben und Ski fahren wollen."

    Langsam stapft Visar Richtung Lift. Direkt daneben sitzen auf langen Holzbänken Serben und Albaner nebeneinander, trinken Tee oder Rakja. Aus den Lautsprechern dröhnt serbischer Turbofolk.

    "Die Mehrheit unserer Gäste sind Albaner. Eigentlich über 90 Prozent."

    Erzählt Milos. Der 35-jährige Serbe ist in Bresovica geboren. Etwa drei Monate im Jahr arbeitet er als Skiverleiher. Ansonsten ist er arbeitslos.

    "Für uns Serben ist die Lage hier sehr schwierig, wir können nirgends Arbeit finden außer im Tourismus und in der Gemeinde. Und nun soll das Skizentrum privatisiert werden."

    Dass so schnell wie möglich ein Investor für die maroden Anlagen gefunden werden muss – darin sind sich Serben und Albaner ausnahmsweise einig. Doch wie vieles im Kosovo ist die Privatisierung der ehemaligen jugoslawischen Staatsbetriebe ein Politikum. Und nach der einseitig erklärten Unabhängigkeit Kosovos hat sich die Lage sogar noch verkompliziert: Die Privatisierungsagentur, ursprünglich der UN-Verwaltung unterstellt, wurde inzwischen in die Hände der Kosovo-Regierung übergeben. Doch die wird von Serbien nicht anerkannt. Die Folge: Jede Menge rechtliche Unklarheiten, wie auch EU-Rechtsexperten unter der Hand zugeben.

    Unten im Ort Strpce steht das Hotel Narziss. Nur mit Phantasie lässt sich noch der Glamour der Vergangenheit erahnen, als das Hotel eine der allerersten Adressen in Jugoslawien war.

    "Es bleibt uns nur, den schönen Jahren nachzutrauern und zu hoffen, dass der Ort irgendwann wieder auflebt. Im Moment haben wir noch nicht einmal Mittel, um die Fixkosten zu decken."

    Hoteldirektor Jovica Budovic steht im Jogginganzug am Tresen des Hotelrestaurants und blickt auf seine Kellner, die beschäftigungslos herumstehen. Nur ein einziger Tisch ist besetzt.

    "Es ist die Politik, die hier alles blockiert - dieser Stillstand muss aufhören. Wenn es zu Investitionen kommen würde, hätte Bresovica wirklich Zukunft. Der zukünftige Eigentümer wird aber ziemlich viel Geld investieren müssen."

    Von 50 Millionen Euro ist die Rede. Doch wer will diese Summe investieren – angesichts Finanzkrise und umstrittener Eigentumsverhältnissen? Serbien betrachtet Lifte, Restaurants und Hotels weiterhin als Eigentum der Staatsfirma INEK. Demgegenüber hat sich die neue Privatisierungsagentur Kosovos als allein zuständig erklärt – und der Erlös soll natürlich dem Kosovo zukommen. Doch auch hier weiß man: Ohne die Zustimmung der Serben vor Ort wird gar nichts gehen. Und da steigt die Nervosität, wie Visar Kryeziu beobachtet.

    "Ich habe hier im Nationalpark ein Grundstück mit einem zerstörten Haus gekauft und angefangen, das Haus wieder aufzubauen. Aber radikale Serben haben am Eingang des Nationalparks einen Kontrollposten aufgebaut. Sie haben jeden angehalten, der bauen wollte. Aber keiner der Serben wurde angehalten, nur Albaner."

    Stück für Stück hat Visar Kryeziu die Baumaterialen in den Nationalpark geschmuggelt – auch mit Hilfe seiner serbischen Freunde. Es sei hier einfach zu viel Politik im Spiel, meint er. Von Belgrad, aber auch von der Kosovo-Regierung die praktisch nichts unternehme, um die Serben zu integrieren.

    "Die Politik sollte beiseite treten. Mir ist es völlig egal, wer hier der neue Besitzer wird. Durch die Privatisierung würden auch die Serben hier profitieren. Es würde neue Jobs geben. Aber ich weiß einfach nicht, warum sich hier jeder nur anstrengt, diesen Ort zu zerstören und nicht, ihn wieder auf die Beine zu bringen."