Donnerstag, 28. März 2024

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IOC
Ban Ki-moon soll Ethik-Kommission vorsitzen

Der frühere UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon soll neuer Vorsitzender der Ethik-Kommission des Internationalen Olympischen Komitee (IOC) werden. Die Organisation wird seit Jahren vom sportpolitischen Journalisten Robert Kempe beobachtet. "Das IOC setzt auf einen integren Namen, um sich einen seriöseren Anstrich zu geben", sagte Kempe im Deutschlandfunk.

Robert Kempe im Gespräch mit Philipp May | 18.06.2017
    In sichtbar lockerer Atmosphäre gestikulieren 2014 IOC-Präsident Thomas Bach (rechts) und der damalige UN-generalsekretär Ban Ki-moon vor dem Olympiamuseum in Lausanne.
    Ex-UNO-Generalsekretär Ki-moon (li.) und IOC-Präsident Bach sind Weggefährten. (KEYSTONE)
    Das Grundproblem seien die Strukturen im IOC, das werde auch der Name Ban Ki-moon nicht ändern können, sagte Journalist Kempe. "Die Ethikkommission, die er führen soll, ist alles andere als unabhängig. (...) Das größere Problem ist, dass sie nicht von selbst tätig wird, sondern die Fälle ihr übertragen werden." Und die Bewertung eines Falls diene nur als Vorschlag: "Das letzte Wort hat dann wieder der IOC-Vorstand oder die IOC-Session."
    Von der Struktur her sei man damit selbst dem Weltfußball-Verband FIFA meilenweit hinterher. "Dort gibt es zwei Kammern in der Ethikkommission- eine ermittelt, die andere fällt Urteile." Sie seien unabhängig bei der Wahl ihrer Fälle und auch beim festzulegenden Strafmaß, das dann auch umgesetzt werden müsse. "Das kann dann auch Gianni Infantino, der FIFA-Präsident, nicht beeinflussen."
    Cleverer Schachzug von Bach
    Die Bilanz von Sportjournalist Kempe: Die Verpflichtung von Ban Ki-moon sei ein cleverer Schachzug des IOC-Präsidenten Thomas Bach. "Hier setzt man beim IOC auf einen integren Namen, um sich einen seriöseren Anstrich zu geben." Und es erhöhe die eigene Bedeutung.
    Auf die Frage, warum der ehemalige UNO-Generalsekretär seinen Namen hergegeben habe, sagte Kempe: "Es ist schon paradox. Während man sich weltweit eher von diesen großen Sportorganisationen abwendet, wenden sich ehemalige Politiker diesen Organisationen zu." Bach habe immer stark die Nähe zu den vereinten Nationen gesucht, um wichtiger zu werden. "Ban Ki-moon war ja auch regelmäßig Fackelträger der Olympischen Spiele."
    Echte Ermittlungen würden Beben auslösen
    Wäre die Ethik-Kommission des IOC unabhängig, gäbe es viel zu tun, findet Kempe. Zum Beispiel der Fall Patrick Hickey, irisches IOC-Mitglied, das 2016 in Rio de Janeiro bei den letzten olympischen Spielen verhaftet wurde. Hickey soll in den Schwarzmarkthandel mit Tickets verwickelt sein. "Man weiß nicht, ob sich die Ethik-Kommission mit dem Fall beschäftigen wird. In einer Mitteilung heißt es, sie beobachte den Fall, ermittele aber nicht, weil Herr Hickey seine Mitgliedschaft auf Eis gelegt habe."
    Und weiter: "Es gibt auch den Fall um Ahmad al-Sabah, dem kuwaitischen Scheich." Der hat Ende April alle seine Ämter im organisierten Fußball aufgegeben. Dokumente eines US-Gerichts lassen darauf schließen, dass Al-Sabah Teil eines Bestechungsnetzwerks war. Richard Lai, Präsident des Fußballverbands von Guam und Mitglied des Audit und Compliance Komitees der FIFA, hatte vor den US-Behörden eingeräumt, knapp eine Million Dollar an Bestechungsgeld erhalten zu haben. Al-Sabah weist jedoch die Vorwürfe zurück.
    "Al-Sabah sitzt auf wichtigen Ämtern im IOC. Er verwaltet die Geldfonds. Er war einer der wichtigsten Wahlhelfer für Thomas Bach 2013. Da ergeben sich viele Fragen. Ob die IOC-Ethik-Kommission da tätig wird, weiß man auch nicht. Aber würde sie der Sache auf die Spur kommen, wäre das ein Beben."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.