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Irak-Iran-Konflikt
Vor 40 Jahren begann der erste Golfkrieg

Am 22. September 1980 erklärte der irakische Diktator Saddam Hussein dem regionalen Rivalen Iran den Krieg. Er glaubte, das Revolutions-geschwächte Land im Blitzkrieg niederringen zu können. Doch für beide Seiten wurde dieser "erste" Golfkrieg zu einer verheerenden achtjährigen Schlacht.

Von Otto Langels | 22.09.2020
    Saddam Hussein (r.), irakischer Diktator in einer Kampfpose vor dem Golf-Krieg 1990
    Irak-Iran-Krieg:der irakische Diktator Saddam Hussein (r.) in einer Kampfpose vor dem Golfkrieg 1990 (imago/ZUMA/Keystone)
    "Chomeini ist vom Wahnsinn befallen und spielt mit dem Heiligen Buch wie Kinder mit Bällen." - "Chomeini ist ein Hanswurst, der mit dem Islam nichts gemein hat, ein Schah im Turban."
    Ayatollah Ruhollah Khomeini sitzt am 1. Februar 1979 im Flugzeug von Paris nach Iran
    Ayatollah Ruhollah Chomeini bei seiner Rückkehr in den Iran 1979 (dpa / AP Photo / Thierry Campion)
    "Ich sage zu Saddam: Ich kenne nur einen Weg für dich, Selbstmord, wie Hitler. Mach es genauso wie Hitler. Wenn du ein Mann bist, dann bring dich um!"- "Saddam Hussein, der sein antiislamisches und unmenschliches Antlitz entlarvt hat, will den Islam zerstören."
    Dem Krieg gingen Wortgefechte voraus, zwischen Saddam Hussein, dem irakischen Diktator, und Ayatollah Chomeini, dem politischen und religiösen Führer des Iran, beide an die Macht gekommen im Jahr 1979. Mit missionarischem Eifer standen sich zwei totalitäre Regime gegenüber, die ihre Ideologie und ihren Herrschaftsanspruch über die ganze Golfregion ausdehnen wollten. Hinzu kamen territoriale Konflikte um den Grenzfluss Schatt al-Arab und die erdölreiche, mehrheitlich von Arabern bewohnte iranische Provinz Khuzestan.
    Im Laufe des Jahres 1980 häuften sich die Grenzzwischenfälle, bis Saddam Hussein am 22. September dem Iran den Krieg erklärte. Ein britischer Reporter berichtet vom Kriegsschauplatz im äußersten Südwesten des Iran: "Wir sind im Augenblick Zeugen eines Angriffs der irakischen Artillerie, der sich augenscheinlich gegen die Raffinerie von Abadan richtet."
    Zankapfel Khuzestan
    Irakische Truppen marschierten in die Provinz Khuzestan ein, die Bagdad sich als "Arabistan" einverleiben wollte. Saddam genoss die Unterstützung vieler Staaten, darunter der USA, die hofften, mit Hilfe des Irak das Gespenst der Islamischen Revolution im Iran vertreiben zu können.
    US-Präsident Jimmy Carter erklärte am 24. September: "Wir sind beunruhigt, dass die Kampfhandlungen zwischen beiden Ländern noch an Umfang zunehmen können. Wir fordern alle Nationen auf, die Sowjetunion und alle anderen Länder, sich nicht in diesen Konflikt einzumischen."
    Iraks Strategie geht nicht auf
    Der Irak ging von einem raschen Sieg aus, da das iranische Regime nach dem Machtwechsel innenpolitisch geschwächt schien. Doch Saddams Truppen stießen auf erbitterten Widerstand. Leidtragende waren – wie meist im Krieg – die Zivilisten, wie der Auslandskorrespondent Ernst Dohlus berichtete.
    Die Auswirkungen dieses Krieges zeigen sich inzwischen im täglichen Leben. "Beispielsweise in Teheran hat die Regierung heute verkündet, es werde zwei Tage kein Benzin, kein Diesel und kein Heizöl mehr geben."
    Soldaten der irakischen Truppen mit Abwehrwaffen einer befestigten Stellung im Juni 1984. 
    Der Erste Golfkrieg zwischen dem Irak und dem Iran (picture alliance / Merliac)
    Langwieriger Stellungskrieg
    Ende 1980 kam die irakische Offensive rund 100 Kilometer hinter der Grenze zum Erliegen. Im folgenden Jahr gingen die iranischen Streitkräfte zum Gegenangriff über. Saddam Hussein zog seine Truppen aus den noch besetzten Teilen des Iran ab und verkündete im Juni 1982 einen einseitigen Waffenstillstand, den der Iran jedoch ablehnte: "Es gibt keinen Grund, den Krieg zu beenden. Der Irak muss besetzt werden, sonst ist unsere Revolution zum Scheitern verurteilt," verkündete Ruhollah Chomeini in der Hoffnung, die islamische Revolution auf das Nachbarland übertragen zu können. Doch es folgte ein langwieriger Stellungskrieg ohne nennenswerte Geländegewinne.
    Waffen für den Irak aus den USA und Deutschland
    Für Empörung sorgte, dass der Irak international geächtete biologische und chemische Kampfstoffe einsetzte, wobei häufig verschwiegen wurde, dass die USA, die Sowjetunion, Saudi-Arabien und viele europäische Länder, darunter auch die Bundesrepublik, den Irak mit Waffen versorgten und so eine mehrjährige Fortsetzung des militärischen Konflikts ermöglichten.
    Der Iran wiederum rekrutierte Kinder und Jugendliche, um sie unter anderem als menschliche "Minenräumer" an die Front zu schicken. Den Eltern versprach das Regime Prämien, falls ihre Kinder im Kampf als "Märtyrer" starben.
    In Teheran behauptete ein Mann auf der Straße stolz: "Die Menschen hier wollen kämpfen. Sie haben ihre Familien und Häuser verlassen und wollen gegen die Iraker kämpfen. Der Junge hier ist gerade mal 14 Jahre alt, 14 und hat Mutter und Vater verlassen."
    Im August 1988 endete der erste Golfkrieg nach acht Jahren mit einem Waffenstillstand. Bis zu einer Million Menschen kamen ums Leben, darunter viele Zivilisten. Die Grenzen blieben unverändert, Irak und Iran weiterhin eine Krisenregionen.