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Iron Maiden
Keine Lust auf Rente

Das 40. Dienstjubiläum begeht die Heavy Metal-Band Iron Maiden mit dem opulenten Doppel-Album "The Book of Souls" und einigen Überraschungen. Der 56-jährige Sänger der Band, Bruce Dickinson, hat sich in den letzten Jahren zu einem Metal-Mogul entwickelt, ein Wirtschaftsimperium aufgebaut und denkt noch lange nicht ans Aufhören.

Von Marcel Anders | 08.09.2015
    Bruce Dickinson, Sänger der Band Iron Maiden, bei einem Konzert 2013 in Singapur
    Bruce Dickinson, Sänger der Band Iron Maiden, bei einem Konzert 2013 in Singapur (picture alliance/ANN / The Straits Time)
    "Ich bin Geschäftsmann. Und ich wäre gerne einer, der nur mit dem Geld anderer Leute arbeitet - wovon ja jeder träumt. Allerdings geht es mir nicht so sehr darum, wer weiß, wie reich zu sein, ich bin lieber interessant."
    Das ist der drahtige, kleine Mann aus London eigentlich schon seit Jahrzehnten: Neben seiner Tätigkeit als Sänger von Iron Maiden schreibt er bereits in den 80ern Kinderbücher und Filmskripte, qualifiziert sich als Florettfechter fast für die britische Olympiaauswahl und jobbt als Pilot einer Chartergesellschaft. 2013 dreht er dann so richtig auf, avanciert zum erfolgreichsten Bier-Brauer der Insel, baut das größte Luftschiff der Welt, das nächstes Jahr vom Stapel läuft, betreibt eine eigene Airline und leitet die Firma Cardiff Aviation zur Wartung von Flugzeugen. Ein boomendes Geschäft.
    "Nächstes Jahr werden es 200 bis 250 Leute sein, die für mich arbeiten. Denn wir haben gerade erst mit der Fluggesellschaft angefangen - und Kabinenpersonal und Piloten eingestellt. Das Ganze sollte in einem Jahr profitabel sein. Bei der Wartung von Flugzeugen haben wir bereits im ersten Jahr eine Million Euro Umsatz gemacht. Wir sind noch nicht ganz am Ende des zweiten Jahres, aber schon bei fünf Millionen. Fürs nächste Jahr peile ich zehn bis 14 Millionen Euro an."
    "The Book Of Souls" - ein anspruchsvolles Werk
    Immer größer, besser und erfolgreicher - ein Ehrgeiz, der sich bei Iron Maiden fortsetzt. Selbst wenn Dickinson die Band gerne als großen Spaß und kreativen Ausgleichssport verkauft. Tatsächlich erweist sich "The Book Of Souls" aber als das bislang anspruchsvollste Werk der Briten: Ein opulentes Doppel-Album mit Songs, die nicht selten an epischen Progrock erinnern, bis zu 18 Minuten dauern, und - ein weiteres Novum - durch Bläser, Streicher und Klavier glänzen. Laut Dickinson eher ein Betriebsunfall.
    "Ich habe das Stück 'Empire Of The Clouds' am Klavier geschrieben. Und wenn man das tut, ergeben sich bestimmte Dinge wie von selbst. Ich konnte da zum Beispiel ein Cembalo, Röhrenglocken, Kesselpauken und alles möglich hören. Nach dem Motto: Wow - fehlen noch Waldhörner, Celli und Oboen. Nur: Ich glaube nicht, dass wir das jemals live spielen werden. Das ginge dann doch zu weit."
    Dickinson weiß nur zu gut, wie konservativ sein Publikum ist, wie wenig Metalfans von radikalen Veränderungen halten und wie schnell sie sich von einer Band abwenden. Dem wirkt der Workaholic allein dadurch entgegen, indem er hymnische Melodien zum sofortigen Mitgrölen bietet - und traditionelle Hardrock-Texte über Tod, Teufel, Ehre und Krieg. Die haben zwar wenig mit den im Albumtitel erwähnten Majas zu tun, und folgen auch keinem übergeordneten Konzept. Doch das - so Dickinson - sei ohnehin nur Makulatur.
    "Jeder denkt, auf so einem Album wäre alles bis ins Letzte geplant. Dabei ist es das nicht - es sieht hinterher nur so aus. Was ein bisschen an die Bibel erinnert, die ja auch nie geplant war, sondern sie wurde über Jahrhunderte zusammengetragen, und am Ende hat dann jemand gesagt: 'Ah, es war alles Prophezeiung.' Gar nichts war das! Und in den meisten unserer Texte geht es zwar um Seelen, aber man hätte das Ganze auch 'The Book Of Dark' nennen können - weil in jedem Stück etwas Dunkles erwähnt wird."
    Offenheit und Humor
    Eine Offenheit, die er sich leisten kann. Und ein Humor, der Iron Maiden von den meisten Artgenossen unterscheidet. Aber schließlich hat man ja schon 40 Jahre hinter sich, hat sämtliche Strömungen und Trends überstanden, mehrere Besetzungswechsel überlebt und ist seit Anfang der 2000er erfolgreicher denn je. Sämtliche Alben erreichen weltweit Platz 1 der Charts, die sechs Musiker füllen Stadien und werden längst nicht nur von der Musikpresse wahrgenommen, sondern auch vom Feuilleton und von Wirtschaftsmagazinen. Weshalb Dickinson - trotz seines externen Erfolgs - noch lange nicht ans Aufhören denkt.
    "Ich verstehe das Konzept von Rente nicht. Ich meine, wenn man unbedingt mit etwas aufhören möchte, ist das okay. Aber ich selbst würde nur etwas aufgeben, um etwas Neues zu starten. Bis es soweit ist, machen wir einfach weiter. Heavy Metal ist ja das einzige Genre, in dem man seine Unterhose über der Jeans tragen kann, ohne verhaftet zu werden."