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Is was?! Aufreger der Woche
Das Kreuz mit den Kreuzen

Markus Söder könnte statt Kreuzen auch Weißwürste in bayerische Eingangsbereiche hängen, der Echo verabschiedet sich als Integrationsbambi für Antisemiten in die Geschichtsbücher und die Staatsanwaltschaft klärt, wo man den Osterhasen überall hinnageln darf. Die Aufreger der Woche im Rückblick.

Von Philipp Walulis | 27.04.2018
    Markus Söder, Bayerischer Ministerpräsident (CSU), hängt ein Kreuz im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei auf.
    Markus Söder will weniger kritische Fragen, dafür mehr Mut zum Aufhängen (dpa/Peter Kneffel)
    Drei Kreuze für ein Halleluja. Eines davon kam diese Woche von Bayerns Landesvater Markus Söder, der sich einen neuen Wahlkampf-Jux ausgedacht hat: Im Eingangsbereich aller bayerischen Dienstgebäude soll deutlich wahrnehmbar ein Kreuz hängen.
    Schwupps schwappte Söder ein Shitstorm in die Staatskanzlei: Also stellte er sich gestern in den Tagesthemen der Kritik:
    Söder: "Guten Abend und Grüß Gott"
    Ha, sehr gut! Dem ketzerischen Moderator gleich im ersten Satz den Gottesbezug reingewürgt. Und überhaupt, was soll das Theater? Das Kreuz hängt da gar nicht als religiöses Symbol, sondern weil es…
    Söder: "…eine prägende Wirkung…"
    …für Bayern hat. Gut, dann hätte man auch einfach eine Weißwurst an die Wand nageln können. Wäre genauso identitätsstiftend und traditionsverbunden in Bayern. Dass aber auch noch Kritik von den Kirchen kommt, das hat Gotteskrieger Söder dann doch verwundert:
    Söder: "Da wäre mir ehrlich lieber, man würde sich zum eigenen Kreuz bekennen, man würde sich zum Symbol der eigenen Religion dazustellen, anstatt es kritisch zu hinterfragen."
    Integrationsbambi für Antisemiten
    Jaha, kritisch hinterfragen! Wer macht denn sowas?!
    Wohin wir kommen, wenn Dinge kritisch hinterfragt werden, haben wir ja beim Echo gesehen! Die Auszeichnung für kommerziell erfolgreiche Musik ist jetzt Geschichte. Denn obwohl im Vorfeld an der ein oder anderen Stelle darauf hingewiesen wurde, dass man Auschwitz-Vergleiche möglicherweise kritisch hinterfragen könnte, sahen die Verantwortlichen erst mal kein Problem mit dem Battle-Rap von Kollegah und Farid Bang. Das Ergebnis: Der Echo wurde zum Integrations-Bambi für Antisemiten und die Musikindustrie hat jetzt das Schlimmste am Hals, was ihr passieren konnte: eine Diskussion über Werte. Also schnell die Reißleine gezogen und das Symptom abgeschafft, anstatt sich mit der Ursache beschäftigen zu müssen, Amen. Das ist natürlich komplett Banane, denn jetzt können sich Kollegah und Farid Bang auch noch damit brüsten, den Echo ans Kreuz genagelt zu haben!

    Dabei geht Provokation viel einfacher, siehe "Heute Show". Oliver Welke hatte zu Ostern einen Plüschhasen gekreuzigt. Und tatsächlich, auch noch im Jahre 2018 nach Christus, regt sich darüber jemand auf und erstattet Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Mainz leitet aber kein Ermittlungsverfahren ein, denn: Es liegt kein "beschimpfender Charakter im strafrechtlichen Sinne" vor. Gott sei Dank!
    Kleiner Pro-Tipp fürs nächste Mal unter uns Katholiken: Die Anzeige einfach in Bayern erstatten. Denn hier wird noch gehandelt,
    Söder: "Statt es kritisch zu hinterfragen."