Donnerstag, 18. April 2024

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Is was?! Aufreger des Jahres
"Hier wird nicht nur rumgeblödelt"

Donald Trump hat das Jahr überschattet - aber er war nicht der alleinige Politunterhalter 2017: Wo ist eigentlich Luxus-Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst geblieben? Das fragen sich die Corso-Kolumnisten. Ein satirischer Rückblick auf die Irrlichter 2017 und ein Einblick in die Arbeit der Glossen-Schreiber.

Klaus Pokatzky, Stefan Reusch und Philipp Walulis im Gespräch mit Sigrid Fischer | 29.12.2017
    Ein roter Gegenstand liegt am 05.09.2017 in Heidelberg (Baden-Württemberg) auf dem Universitätsplatz bei einer Wahlkampfveranstaltung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel hinter einem Rednerpult auf dem Boden.
    2017 gab es viel, worüber man sich aufregen konnte (Uwe Anspach/dpa)
    Angela Merkel: Abgerechnet wird am Jahresende.
    Sigrid Fischer: Genau! Und das ist der letzte Corso-Freitag in diesem Jahr. Freitags gibt es bei Corso immer den Aufreger der Woche, die Glosse zum Wochenende - bei Ihnen, den Hörerinnen und Hörern offenbar recht beliebt, wie die Reaktionen zeigen. Und so haben sich die "Is was?!"- Autoren heute mal zusammengesetzt und das Jahr Revue passieren lassen. Um mich versammelt im Hier und Jetzt sind alle vier "Is was?!"-Kollegen. Zugeschaltet aus Berlin und München Klaus Pokatzky und Philipp Walulis, hier im Studio Stefan Reusch und ich selbst, Sigrid Fischer. Hallo! Und damit sich keiner verschaukelt fühlt: Wir zeichnen das hier kurz vor der Sendung auf. So passte das Timing einfach besser.
    Ja, liebe Freunde der Satire bei Corso! Heute wäre ja die letzte Nummer dran gewesen. Zwei Minuten, das wäre natürlich der Jahresrückblick gewesen. Was hätte unbedingt denn rein gehört? Und wer hätte ihn gerne geschrieben? In zwei Minuten, das ganze Jahr.
    Klaus Pokatzky: Laut Dienstplan war ich dran.
    Fischer: Klaus Pokatzky.
    Pokatzky: Grüßgott aus der Diaspora. Laut Dienstplan wäre ich dran gewesen. Ja und ich weiß jetzt nicht, ob wir wieder unentwegt die Namen all der Leute, die ich schon wieder verdrängt habe, drin haben müssen. Ich hätte geschrieben, wen ich vermisse. Wen ich vor Jahren geliebt habe, wer mein Lieblings-Is-Wer war, das war der alte Bischof von Limburg Franz-Peter Tebartz-van Elst. Das hätte jetzt auch zur Weihnachtszeit gepasst. Den haben sie leider in den Vatikan abgeschoben. Aber sich vorzustellen, wie der wieder nach Deutschland kommt und ganz bescheiden in einem Schrebergartenhäuslein - natürlich illegal - neues Domizil nimmt. Das hätte mir jetzt gerade in der Weihnachtszeit und zum Jahresende Spaß gemacht. Einfach mal jemanden beschreiben: Wen habe ich geliebt und wen vermisse ich.
    Fischer: Ja, hat keine Rolle gespielt dieses Jahr.
    Stefan Reusch: Klaus, du weißt, ich komme aus Limburg. Ja. Und meinen Bischof, den möchte ich erst mal, wenn ich ihn sehen will, im Vatikan sehen. Das nu als kleine Anmerkung.
    Pokatzky: Meine Diözese ist Berlin. Ich zahle hier Kirchensteuer und deshalb ist mir das egal.
    Reusch: Dann können wir uns ja gleich über Luther unterhalten.
    "Grüßgott, hier aus der holzvertäfelten Franz-Josef-Strauß-Stube im Bayrischen Rundfunk"
    Fischer: Aber ich meine, dieses ganze Konzept gerät natürlich durcheinander, wenn wir jetzt gar nicht so auf die Leute kommen, die das Jahr eine Rolle gespielt haben. Philipp, tu mir den Gefallen. Das Jahr hat angefangen mit dem 20. Januar, oder? Also 20. Januar, da sind neue Leute ins Weiße Haus eingezogen.
    Philipp Walulis: Ja, erst mal ein herzliches Grüßgott, hier aus der holzvertäfelten Franz-Josef-Strauß-Stube im Bayrischen Rundfunk in München. Und nachdem der Intendant hinter mir steht, kann ich nichts anderes sagen, als Markus Söder loben, der ja hier in Bayern jetzt gerade Tage … nicht des Umsturzes hat, aber …
    Pokatzky: Wer?
    Walulis: Das ist der Mensch, der noch ein Jahr Ministerpräsident sein wird, wenn dann 2018 die Wahl nach hinten losgeht.
    Pokatzky: Kenn ich nicht.
    Fischer: Das heißt, in einem Jahr sprechen wir gar nicht mehr über Herrn Söder, möglicherweise?
    Walulis: Ich glaube, der hat so ein becksteineskes Schicksal vor sich, ja.
    Fischer: Aber ich bringe jetzt mal selber den Namen.
    Reusch: 20.01., ja.
    Fischer: 20. Januar, Stefan Reusch. Ich weiß es nicht, haben wir es übertrieben mit dem Herrn wie alle anderen in den Medien?
    Pokatzky: Wie? Mit Beckstein?
    Reusch: Ja, ja! Auch, auch. Ich fand, alles wurde eigentlich schon mit einem Tweet gesagt - nicht von Herrn Trump, sondern von Stephen King, der sich ja mit Horror auskennt. Der sagte: Jetzt beginnt das Zeitalter der Dummheit. Und wer ihn gewählt hat, ist dafür verantwortlich. Also wenn es selbst einen Stephen King graust, ich glaube, dann ist wirklich etwas passiert.
    Pokatzky: Ich muss sagen, Berlin ist da offenbar hinterher. Stephen King hat etwas über Beckstein, Günther Beckstein …? Das ist doch dieser alte Lutheraner von der CSU, richtig?
    Fischer: Ich glaube, wir hören den jetzt mal kurz im Original, weil: Ich habe ja den Eindruck …
    Reusch: Den Beckstein.
    Günter Beckstein, früherer bayerischer Ministerpräsident, steht an einem Pult und hält eine Rede.
    Stephen King hat doch nicht über ihn getwittert: Günter Beckstein (imago / reportandum)
    Fischer: Den Beckstein, genau.
    Walulis: Luther?
    Fischer: Den amerikanischen Beckstein. Weil: Ich glaube, man kann gar keine Witze mehr machen, die kommen da ganz von allein. Also ich fand zum Beispiel diese Bemerkung … Die hat er nach so ein paar Monaten im Amt gemacht:
    Donald Trump: Actually, this is more work than in my previous life. I thought it would be easier. I do miss my old life. I like to work. So that's not a problem. But it is actually more work.
    Fischer: Ja. Präsident-Sein macht doch Arbeit. Das ist mehr Arbeit, als Immobilienhai zu sein.
    Reusch: Das ist gut möglich. Ich habe heute gelesen, er wäre nur 89 Mal Golfspielen gewesen während seiner Amtszeit.
    Fischer: Oh.
    Reusch: Und das ist natürlich eine Einschränkung.
    Pokatzky: Jetzt verstehe ich. Ihr meint Donald aus Trumpenhausen.
    Fischer: Genau.
    Pokatzky: Den! Jetzt ist alles klar. Den kann ich auch bald nicht mehr hören.
    Fischer: Genau, so ist es. Vielleicht haben wir uns inzwischen auch schon daran gewöhnt. Das hat ja abgenommen. Wir haben am Jahresanfang viel geschrieben, natürlich. Das habe ich noch einmal nachgeguckt. Und dann hat es abgenommen.
    Pokatzky: Wobei: Wenn ich mir etwas wünschen dürfte - also wenn der Limburger Bischof schon nicht mehr heimkehrt -, wenn ich mir etwas wünschen könnte für das Jahr 2018, das wäre, wenn die Queen sich überwindet und den Donald aus Trumpenhausen empfängt und den dann mal so richtig zusammenstaucht. Weil: Auf die hört er.
    Walulis: Aber dafür, dass die Queen etwas sagen würde, gibt es doch das zweite Amendment in Amerika. Ich glaube, das wurde doch extra dafür geschaffen, dass Donald Trump dann Nägeln mit Köpfen präsentiert.
    Fischer: Achso! Philipp Walulis kennt sich aus.
    Reusch: Ich bin jetzt völlig baff.
    Pokatzky: Was steht denn in diesem zweiten Amendment?
    Walulis: Als großer Simpson-Fan wissen wir, das ist natürlich die Rechtfertigung, mit einer Waffe im Haus herumzulaufen, weil die KönigIn von England hinein marschieren könnte und deswegen jeder gute Amerikaner eine Waffe bereithalten muss.
    Pokatzky: Das war damals ein König. Ich will jetzt nicht sexistisch werden …
    Fischer: Bitte nicht.
    Pokatzky: … aber 1776 da gab es einen König, da hatten wir keine Königin.
    Walulis: Ich habe das "i" groß gesprochen: KönigIn, sagte ich.
    Das Foto zeigt die britische Königin Elizabeth am Schreibtisch in Raum 1844 im Buckingham Palace, nachdem sie ihre Weihnachtsansprache 2017 aufgezeichnet hat.
    Schreckgespenst für Donald Trump? Die Queen könnte Trump mal so richtig zusammenstauchen, findet Klaus Pokatzky. (dpa-Bildfunk / AP / Pool Photo)
    "Die Obernull und die fünf Nullen"
    Fischer: Ich bleibe mal kurz gerne in München, weil Philipp Walulis sich gerade gemeldet hat. Ich hatte ja auch sehr viel Spaß an diesem Herren hier.
    Horst Seehofer: 200.000, ich kann es Ihnen auch aufschreiben. Fünf Nullen.
    Fischer: Ja, die Obernull und die fünf Nullen: 200.000. Die Obergrenze. Habt ihr das am Ende verstanden, worauf die sich da jetzt am Ende geeinigt haben?
    Pokatzky: Ja, das war jetzt wahrscheinlich wieder der Beckstein, oder?
    Reusch: Fast.
    Fischer: So in der Art. Die haben sich ja auf etwas geeinigt, was gar nicht geht, also eine Begrenzung, die es aber eigentlich nicht geben kann.
    Reusch: Die sie auch nicht ernstnehmen wollen. Nur in dem Falle, dass sie sie ernstnehmen müssen. Dann würden sie es eventuell versuchen. Und gleichzeitig auch: sich ernstzunehmen. Aber, man möchte auch in manche Köpfe gar nicht hineinschauen.
    Pokatzky: Ich würde gerne mal untersuchen, wie viele Leute, die jetzt so reden, ihren eigenen Migrationshintergrund haben. Also ich meine: Der erste, der das losgetreten hat vor ein paar Jahren, war ja wohl Thilo Sarrazin, dessen Vorfahren ganz klar Hugenotten aus Frankreich waren und die unter den toleranten Preußenherrschern des 17. Jahrhunderts nach Preußen gekommen sind. Und wenn ich mir angucke, wie viele Migranten wir nach dem Zweiten Weltkrieg nach Bayern haben einströmen sehen, die dort auch nicht besonders gut behandelt wurden am Anfang, also da würde ich mir mal gerne so manchen Politiker angucken.
    "Scheiterhaufen - das macht man heute nicht mehr wegen CO2, oder weil da schon die italienische Fußballnationalmanschaft liegt"
    Fischer: Da sehen Sie, liebe Hörerinnen und Hörer von Corso, hier wird nicht nur rumgeblödelt. Hier ist wirklich Hintergrundwissen vorhanden. Haha. Das war der Herr Pokatzky auf jeden Fall. Das Wort des Jahres ist übrigens "Jamaika-Aus". Haben wir uns da eigentlich auch drüber ausgelassen?
    Reusch: Joa. Jajajaja.
    Fischer:Das war ein schönes Thema. Also ich meine: dankbares Thema.
    Reusch: Ja, das war schon fast zu dankbar. Ich bin auch manchmal ein bisschen undankbar, als hätte ich einen Migrationshintergrund und hätte ihn vergessen. Gut. Jamaika-Aus. Gut, da sind ja viele gescheitert. Da heißt es immer, dieser junge Herr Lindner sei Schuld gewesen. Aber ich glaube, die sind alle gescheitert. Früher wären die auch deswegen auf den Scheiterhaufen gekommen. Das macht man heute nicht mehr wegen CO2, oder weil da schon die italienische Fußballnationalmanschaft liegt. Wir werden die GroKo kriegen. Und das groKo dazu. Also: das große Ko…
    Fischer: Schon im Januar?
    Reusch: Ja, klar. Bis Karneval muss das durch sein.
    Pokatzky: Nein, nein, nein, nein.
    Reusch: Ich habe keine Zeit mehr nach Karneval.
    Pokatzky: Mich interessiert der Wettbewerb, der zustande kommt: Wer zuerst fertig ist: die Koalition oder der Flughafen Berlin-Brandenburg. Die treten in einen schönen Wettbewerb miteinander. Ich hätte Jamaika bevorzugt. Allein schon mit einem Christian Lindner als Außenminister, der vor allem problematischen Auslandsreisen nach Donald aus Trumpenhausen, nach Erdogan und Putin sich krankschreiben lässt, weil er das nicht durchhält. Und dann vielleicht noch mit einem Bildungsminister von und zu Guttenberg, der ein neues Promotionsverfahren durchsetzt. Ich hätte Jamaika bevorzugt.
    (Musik)
    Merkel: Die Welt wartet eigentlich darauf, dass wir agieren können.
    Seehofer: Die sollen sich jetzt an einen Tisch setzen mit uns und arbeiten.
    Fischer: Ja, das machen wir ja gerade, das machen wir ja hier! Zum Jahresende sendet Corso ein "Is was?!"-Spezial - alle Autoren der Wochenglosse sind hier, beziehungsweise zugeschaltet: Stefan Reusch, Klaus Pokatzky, Philipp Walulis und ich, Sigrid Fischer. Jeden Freitag rechnen wir mit der Woche ab. Und jeder hat da so seinen Stil, so mein Eindruck. Die sind nicht alle gleich, diese Glossen. Vermutlich hat auch jeder seine Methode. Wie geht ihr dran, wenn ihr dran seid? Philipp Walulis in München! Wie fängst du an? Montags schon? Notizen machen?
    "Als Verschwörungstheoretiker halte ich dann zwischendurch eine kleine Konferenz mit den außerirdischen Reptilien ab, die ich bei mir im Garten züchte"
    Walulis: Naja, mein großes Steckenpferd sind ja die Medienthemen. Ich muss ja geradezu 24 Stunden am Tag diese Sachen anschauen. Und da bietet sich natürlich Einiges. Und ich habe festgestellt, dass es gar nicht mehr so Tatort oder die klassischen Sachen sein müssen, sondern man kann den Leuten ja inzwischen auch interessante Erscheinungen im Internet nahebringen, was da an Verrücktem herumläuft: die Reichsbürger oder Leute, die einem Thermomix derart huldigen, dass es schon psychopathische Züge hat. Da lässt sich auch Einiges holen.
    Fischer: Wie ist es bei den anderen? So assoziativ von einem zum anderen? Oder wirklich Themen notieren? Wie geht ihr vor?
    Reusch: Ich mache ja manchmal solche Wortspiele, die so 20 Sekunden im Kopf rotieren - ob man mit einem Wort etwas anfangen kann. Und wenn es das nicht bringt, dann ist es vergessen. Da kann es also schon mal sein, dass es gar keine Wortspiele gibt. Naja, das eigentlich weniger. Sagen wir mal: vielleicht nur ein, zwei. Und dann gibt es ja auch noch einen Redakteur oder eine Redakteurin, die dann sagt: Komm, lass die auch noch raus. Dann ist es so richtig schön. Ansonsten, von der Vorgabe her: Ich schnipsel an Zeitungen herum. Und die werden dann …
    Fischer: So richtig mit der Schere? Haha.
    Reusch: Nein, mit der Hand. Ich bin da Handarbeiter. Und dann wird das dann hingelegt und dann wird das dann irgendwie mehr oder weniger sinnvoll in eine Reihenfolge gebracht. Und dann wird versucht, das irgendwie lustig zu machen.
    Fischer: Ja. So versuchen wir das. Und? Herr Pokatzky, wie ist es? Storyboarden vorher und dann nur noch ausmalen?
    Pokatzky: Also manchmal höre ich die lustigsten Sachen in unseren Nachrichten. Das wollen wir nicht unterschätzen. Zweitens kommt - und dann möchte ich doch mal als der erste hier mich bei der Corso-Redaktion ganz, ganz herzlich bedanken, die da ja auch mitarbeitet und die wunderbare Themenvorschläge schickt. Die alle gar nicht verarbeitet werden können, weil das so viele sind, in der Regel. Und da muss ich jetzt sagen: Als Verschwörungstheoretiker mit Migrationshintergrund halte ich dann zwischendurch eine kleine Konferenz mit den außerirdischen Reptilien ab, die ich bei mir im Garten züchte. Und dann setze ich mich vorne auf die Straße und trinke ein Bier und rauche eine Zigarette und beobachte die Hundebesitzer, die da vorbei kommen. Wenn ich dann da einem Menschen, den ich nicht kenne, auf der Straße guten Abend sage, läuft der weg und denkt, ich bin aus der Irrenanstalt ausgebrochen. Inzwischen grüßen sie mich alle selber.
    Fischer: Wunderbar. Dann sage ich das noch selber: Also ich spiele ja ganz gerne mit den O-Tönen. Ich gucke dann auch so ein bisschen durch die Nachrichten. Und manchmal, finde ich, dass die O-Töne die Menschen auch ganz schön entlarven, wenn man die noch mal so herauslöst aus den Nachrichten und den Fokus darauf legt, wie zum Beispiel geheuchelt harmonisch die Pressekonferenz war von Merkel und Seehofer, als sie mitten in ihrem Beziehungsknatsch ja jetzt harmonisch ein Wahlprogramm präsentieren mussten. Da fing mein "Is was?!" so an:
    Merkel: Hier können Sie einfach noch mal ein bisschen träumen! Wohlstand und Sicherheit für alle.
    Seehofer: Wohlstand und Sicherheit für alle.
    Merkel: Vollbeschäftigung.
    Seehofer: Das blinde Vertrauen gegenüber der Bundeskanzlerin.
    Merkel: In völligem Vertrauen miteinander.
    Seehofer: Auch nicht den Hauch einer Differenz.
    Fischer: Ja. Wenn wir uns erinnern, wie das da zuging zwischen den beiden. So. Das waren einfach O-Töne dieser Pressekonferenz. Und wenn man das so locker hört, dann …
    Reusch: Szenen einer Ehe.
    Fischer: Braucht man gar nicht mehr zu kommentieren, ne?
    CSU-Chef Horst Seehofer und die CDU-Vorsitzende Angela Merkel beim CSU-Parteitag in Nürnberg, Seehofer überreicht Blumen an Merkel.
    "Völliges Vertrauen zueinander", "Auch nicht den Hauch einer Differenz" - Harmonie zwischen Merkel und Seehofer (imago stock&people)
    "Vor dem letzten Gericht, mein Lieber, ist alles justiziabel"
    Fischer: Ist es so, ist alles erlaubt? Oder verwerft ihr auch schon mal was, weil ihr sagt: Da mache ich jetzt lieber keinen Gag zu. Das könnte nach hinten losgehen. Gibt es das schon mal?
    Pokatzky: Also ich habe Probleme, wenn wir Terrorattentate mit Toten haben. Das ist mein Problem. Da habe ich Schwierigkeiten mit, da irgendwie einen Witz daraus zu drehen.
    Fischer: Wobei es als Phänomen von heute ja doch kommentierenswert wäre.
    Walulis: Wobei wir den Vorteil im Radio haben, dass wir keine Mohammed-Karikatur zeichnen können.
    Fischer: Richtig, Herr Walulis.
    Reusch: Können wir schon, aber …
    Walulis: Zumindest keine justiziable vor dem letzten Gericht, die man sehen kann.
    Reusch: Ja meine letzten waren ihm zu ähnlich.
    Pokatzky: Vor dem letzten Gericht, mein Lieber, ist alles justiziabel. Dort oben hört gerade wieder unser spezieller - ich weiß nicht, welcher von den Aposteln das ist, der für uns zuständig ist - genau jetzt zu, was wir hier alles sagen.
    Fischer: Ganz genau. Stefan Reusch wollte noch etwas sagen.
    Reusch: Ja nur ganz kurz: Was Klaus gesagt hatte, das mit den Terroranschlägen, dass die Tabu sind, das ist richtig. Aber die Berichterstattung darüber ist natürlich dann auch wieder ein Thema. Insofern ist es zumindest indirekt dann als Thema schon einfließend. Manchmal ist die Trauer dann zu arg geheuchelt, manchmal ist es zu oberflächlich in der Berichterstattung. Also man findet eigentlich immer noch einen Punkt, wo man das Über-etwas-Reden noch einmal angreifen kann.
    Fischer: Jetzt ist mir aufgefallen, beziehungsweise - die Frage stelle ich jetzt als Frau mal hier den drei männlichen Kollegen: Ich glaube, wir hatten gar nichts - korrigiert mich, wenn ich falsch liege - gar nichts zu dieser ganzen #metoo-Debatte. Und das kann natürlich, gerade aus männlicher Sicht, schnell nach hinten losgehen. Dieter Nuhr hat, finde ich, in seinem Jahresrückblick ganz daneben gegriffen, indem er so sagte: Ganz Hollywood ist ein Puff und das Bezahlungsmittel sind die Rollenangebote. Damit sind Frauen keine Opfer mehr, ne, sondern es ist ein Deal mit diesen Frauen. Das fand ich zum Beispiel sehr daneben. Aber als Mann, glaube ich, tritt man in den falschen Topf.
    Reusch: Also ich habe bisher entweder Männer gehört, die dann so was sagten: Ach bitte … Ich kenne Frauen die … hahaha. Oder die Sorte Mann, die sagt: Es ist wirklich ganz furchtbar. Also die sich dann mit Wasser übergossen haben und dann gesagt haben: Nein, wir müssen uns wirklich ganz arg beherrschen. Es ist eine Diskussion, die man zunächst einmal beobachten sollte. Als Mann. Aber vielleicht auch mal einfach die Klappe halten könnte.
    Pokatzky: Also ich bin nicht dieser Meinung. Ich habe mehrfach vor der Sexismus-Debatte bereits geschrieben: Heterosexualität führt zu Überbevölkerung, führt zu Hunger, Not und Elend. Und damit ist zum Sexismus alles gesagt.
    "Dass ich eine richtig gute Pointe habe, merke ich erst im Studio" - "Weil du sie dann verstanden hast"
    Fischer: (Karnevalstusch) Da hatten wir eine Pointe. Seid ihr eigentlich immer sicher, dass eure Pointen gut sind? Ich meine, man sitzt ja so ein bisschen alleine in der Schreibstube und müsste vor sich selber hinlachen.
    Reusch: Absolut.
    Walulis: Darauf basiert das Leben, oder?
    Fischer: Ja? Oder testet ihr die an Leuten? Philipp, wie machst du das?
    Walulis: Ich mache das Fenster auf und schreie sie hinaus. Und wenn dann niemand zurück schreit, "Halt die Fresse!", dann ist es gut.
    Fischer: Dann kannst du sie nehmen, ja?
    Reusch: Jaja. Wenn keine Negativreaktion kommt, dann ist es gut. Und da keine Negativreaktion kommt … Ich würde dem auch was erzählen, wenn der dann … Dann ist es gut! Das ist eigentlich immer gut.
    Pokatzky: Also ich merke, wenn ich eine wirkliche Pointe habe, die richtig gut ist, dass die gut ist, erst, wenn ich dann im Studio hier im Rias-Gebäude vor dem Mikrofon und das lese und dann selber lachen muss an einer bestimmten Passage.
    Reusch: Weil du sie dann verstanden hast.
    Fischer: Dann war sie gut. Dann hast du sie verstanden.
    Pokatzky: Dann habe ich sie nämlich endlich verstanden.
    Reusch: Manchmal schreibt man schneller, als man kapiert, ja.
    Fischer: Jetzt noch mal kurz ein Thema, muss ich drauf kommen. Weil: Die Medien waren ja so was von voll davon und wir im "Is was?!", hatte ich den Eindruck, eher weniger. Wie gesagt, bei meiner Durchsicht. Wir haben nicht sehr viel die AfD thematisiert, hin und wieder vielleicht. Aber wie geht man denn damit um? Wen will man denn noch bekehren? Habt ihr überhaupt eine Absicht? Habt ihr eine Message? Habt ihr eine Haltung? Oder geht es eigentlich um Just-for-Fun? Da habe ich jetzt zwei Fragen in eine gepackt, Entschuldigung. Aber vielleicht kann man das in einem beantworten.
    Reusch: Also AfD, da mache ich nichts mehr drüber. Oder nicht mehr viel. Sondern mehr über die AfD-Wähler.Wenn dann ist das interessant. Diese Leute in der AfD finde ich so degoutant, da macht man schon keine Witze mehr drüber. Die sind nicht mehr satirefähig. Also das habe ich alles vor einem Jahr schon gehabt, ich könnte es gerne wiederholen. Es hätte sich auch nichts geändert in der Einschätzung. Aber über die AfD-Wähler, wie die sich als Protestwähler teilweise aufmetzeln, das kann man schon mal ordentlich weghauen.
    Fischer: Wie ist es eigentlich mit den Pointen, die auf der Straße liegen? Die so jeder macht und dann hat sie euch jemand donnerstags weggeschnappt und freitags ist das "Is was?!". Nehmt ihr sie trotzdem oder lasst ihr sie liegen? Ganz kurze Antwort - Philipp vielleicht. Ist dir das schon passiert? Ist uns allen schon passiert.
    Walulis: Ja. Aber das ist ja meistens auch, weil sie eben so offensichtlich war. Und man versucht ja auch immer noch so ein bisschen was anderes oder einen anderen Twist zu finden. Also dann lässt sich das schon vermeiden.
    Fischer: Ja. Man lässt sie liegen. So. Wir haben ja kein aktuelles "Is was?!" heute am letzten Freitag des Jahres. Aber wir haben so ein Jahresend-"Is was?!" zusammengebastelt aus unseren "Is wassen?!" des Jahres. Ein kleiner Rückblick sozusagen auf unsere Aufreger der Woche:
    Reusch: "Oje, der Trump - was'n das für'n Depp?"
    Fischer: Gut, Alternativen sind natürlich immer denkbar. Neuerdings ja auch, wenn es um Fakten geht.
    Walulis: Kryo-Elektronenmikroskopie für die hochauflösende Strukturerkennung von Biomolekülen in Lösung.
    Pokatzky: Niemand hat seit Monaten unsere satirisch-alternative Realität so bereichert wie er. Bei mir ist er fester Mitarbeiter.
    Fischer: Das Gemüt eines Kindes hat er ja, dann sollten sie "hide and seek" mit ihm spielen: Er versteckt sich, zum Beispiel in Saudi Arabien, aber keiner sucht ihn.
    Reusch: Donald Trump ist sicher ein Mann, der gerne auch mal selbstkritisch wäre, aber er findet offensichtlich nicht den richtigen Anlass.
    Pokatzky: Die CSU hat eben doch die tollsten Politiker. Deshalb sehnt sie sich ja auch den Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jakob usw. von und zu Guttenberg nach Deutschland zurück.
    Reusch: Gefühlsdieselei! Hauptsache: VW zahlt. 4,1 Milliarden Euro - … Allein dafür könnte man 50 Elbphilharmonien planen und fünf davon sogar bauen.
    Fischer: Noch neunmal schlafen, dann ist die Sonntagsfrage wirklich eine.
    Pokatzky: Ein Duell war uns versprochen worden. Und dann sind die Angela und der Martin völlig unbeschadet an Leib und Seele aus dieser Fernseh-Schmuseshow herausgegangen.
    Walulis: Da, wo sonst "World of Warcraft" gespielt wird, ist plötzlich auch "World of Wahlkampf".
    Fischer: So schöne Fotos von der Kanzlerin, mit Träumchen und Schätzchen, wie sie Bambusstangen knabbern und deutsch-chinesische Freundschaft simulieren - diese Fotos toppen doch jedes leere Wahlversprechen.
    Reusch: Aber dass keiner regieren will, das gibt's ja wohl auch nicht. Aber alles halb so wild. Sie tun ja nur so.
    Walulis: Immerhin ist uns dieses Jahr ein Tierorakel erspart geblieben: kein Eichhörnchen, Laubfrosch oder Knatterleguan, der sich berufen wühlt, den Gewinner des Literaturnobelpreises vorherzusehen.
    Fischer: Die Groko3 unterm Weihnachtsbaum, das wär das schönste Geschenk für die Geschäftsführerin der Deutschland-AG.
    Pokatzky: Isso.
    Fischer: Tja, ist aber nichts draus geworden. Aber Fortsetzung folgt nächstes Jahr. Was auf jeden Fall auf uns zukommt - und zwar schon am Dienstag - das Corso-Jubiläum. Corso wird 20 Jahre alt am 2. Januar. Und deshalb haben wir ganz tief im Sendearchiv gegraben und für Montag, den 1. Januar ein Special zusammengebastelt mit ganz vielen Fundstücken. Darauf bin ich selber mal sehr gespannt. Habe es noch nicht gehört.
    Ja! Stefan Reusch, Klaus Pokatzky, Philipp Walulis, die "Is was?!"-Autoren - vielen Dank! Ich bin Sigrid Fischer und wir sind dann alle ab nächster Woche wieder am Start. Wir werden uns jeden Freitag bei Corso alle Mühe geben. Und was sagt eigentlich die Frau dazu, die kaum zu Wort kam, das ganze Jahr, die First Lady, Melania:
    Melania Trump: Thank you all for your support. And tomorrow we're starting to work. And we will make America great again.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.