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Islam-Satire
Wo eiserne Jungfrauen im Mekka-Wasser baden

Das Portal "Noktara.de" - erfunden von zwei Satirikern aus Wiesbaden - macht sich lustig über Fundamentalisten, Terroristen und Nazis. Die Meldung, dass während des Ramadan die Stadt Essen in "Fasten" umbenannt werde, schaffte es sogar ins ungarische Staatsfernsehen.

Von Kirsten Lorek | 10.10.2018
    Screenshot von der Noktara.de-Webseite
    Spott mit Gott: eine typisches Noktara-Wunder (Noktara.de)
    "Noktara.de - feinste Ethno-Satire mit Nachrichten aus dem Morgenland, schon heute."
    Mal ehrlich, wer nach diesem Werbetrailer nicht kapiert hat, dass es hier um Satire geht, ist selber schuld. Und Satire darf, frei nach Tucholsky, schließlich alles. Obwohl, da schränken die beiden Macher von "Noktara.de" ein:
    "Ich würde sagen, man kann sehr viel machen, es ist immer die Frage, wie man es macht. Man kann auch sehr viel machen mit dem Islam."
    Erklärt Soufian El Khayari. Der 32-Jährige und sein Kollege Derya Saydjari sind die Köpfe hinter "Noktara.de". Ihre Satireseite sieht auf den ersten Blick aus wie der Internetauftritt einer ganz normalen Tageszeitung. Und in dieser Verkleidung macht sie sich lustig: Nicht über die Religion - aber mit Wonne über deren Anhänger. Freche Schlagzeilen, bissige Artikel und - schließlich sind die beiden im normalen Leben Marketing-Experten - auch professionell wirkende Reklame gibt es hier. So etwa:
    "Jetzt neu von Nestlé: Zam-Zam-Wasser, direkt aus Mekka - schmeckt nicht nur Pilgern lecker!"
    Moschee für Transgender-Muslime
    El Khayari dazu: "Zam-Zam-Wasser, das ist ein ganz besonderes Brunnenwasser aus Mekka, (…) das hat für Muslime eine sehr hohe Bedeutung, (…) Da ging es darum, dass wir das Gerücht gestreut haben, dass Nestlé einen exklusiven Deal mit Saudi-Arabien eingegangen ist, um das exklusive Zam-Zam-Wasser abzuzapfen und zu verkaufen, was ein ziemliches Sakrileg für Muslime wäre."
    Glaubt man den Kommentaren, die als Reaktion auf die Reklame gepostet wurden, haben etliche Noktara-Leser einen derartigen Ausverkauf des heiligen Wassers sowohl Nestlé als auch Saudi-Arabien zugetraut.
    Fundamentalisten, Nazis, Terroristen: Sie alle kriegen auf "Noktara.de" via Schlagzeile ihr Fett weg. Kostprobe?
    "Schmerzhafte Verwechslung: 72 eiserne Jungfrauen für Terroristen"
    "Nazi-vin – wirksames Heilmittel gegen AfD-Nasen entwickelt"
    "Haramcheck24.de – Das erste Vergleichsportal für Sünden"
    Oder, besonders hübsch:
    "Zu viel Ähnlichkeit mit dem Logo: Nike verklagt AfD wegen Markenrechtsverletzung!"
    Manche Artikel sind wirklich gewagt und schlagen hohe Wellen. Wie etwa der über die erste Moschee, die angeblich neben dem Männer- und Frauen-Gebetsraum jetzt auch einen für Transgender-Muslime eröffnet hat. Die Kommentar-Zeilen liefen heiß:
    "Jetzt kommt ihr mit so einem Scheiß! Jemand der transsexuell ist kann den Islam weder ausüben noch annehmen noch praktizieren, weil das im Islam strengstens verboten ist! (…)Diejenigen, die (…) solche Gerüchte rausbringen, verfluchen wir zutiefst. Möge Gott euch eure Nacken brechen und euch als Brennholz in der Hölle nützen!"
    "Wegen Typen wie dir hat der Islam einen so beschissenen Ruf"
    Allerdings war dieser Leser mit seiner Meinung ziemlich allein. Ihm antworteten insgesamt vierundvierzig Noktara-Leser – fast alle Muslime. Die überwältigende Mehrheit fand den Artikel gut, den Kommentar dagegen unterirdisch, wie folgende Kommentare zeigen:
    "Du bist unsympathisch. Wegen Typen wie dir hat der Islam so `nen beschissenen Ruf!"
    "Natürlich kann man als Homosexueller Muslim sein! Alles andere ist einfach eine Lüge."
    "Du Heuchler. Leute wie du haben mir damals die Augen geöffnet, um mich intensiver mit dem Islam zu beschäftigen. Wodurch ich zum Atheisten geworden bin."
    "Das war sehr kontrovers und es wurde sehr viel und heiß diskutiert und (…) das ist genauso ein Punkt: Wir versuchen auch, das Gespräch auf bestimmte Themen zu bringen, über die vielleicht eher nicht gesprochen wird und da ist dann Satire auch ein sehr gutes Vehikel für", sagt Soufian El Khayari.
    Die beiden Satiriker aus Wiesbaden haben keine Angst vor gewaltbereiten Spinnern. Im Gegenteil, durch die vielen positiven Reaktionen aus dem Netz fühlen sie sich bestärkt.
    Der größte Coup gelang Derya Saydjari und Soufian El Khayari mit einem Artikel über die Stadt Essen:
    "Wir haben `nen Satirebeitrag im Ramadan platziert, in dem es darum ging, dass die Stadt Essen sich aus Rücksicht auf die Muslime während des Fastenmonats Ramadan in "Fasten" umbenannt wird. (…) Jeder normaldenkende Mensch sollte erahnen, dass das Satire ist und dass eine Stadt nicht einfach ihren Namen ändert, aber da hatten wir nicht mit dem ungarischen Staatsfernsehen gerechnet, da kam dann der Orbanfunk und hat es in den Abendnachrichten als reale News gesendet, so in dem Sinne: "Ja, in Deutschland ist die Islamisierung so weit fortgeschritten, dass die da werden sogar ganze Städte aus Rücksicht auf Muslime umbenannt."
    Schade nur, dass außer den Redakteuren beim ungarischen Fernsehsender quasi jeder den Artikel als das verstanden hatte, was er war: Satire. Wochenlang feixte die Presse im internationalen In- und Ausland über das fremdenfeindliche und dümmliche ungarische Regierungsfernsehen. Für die Noktara-Macher ein Ansporn:
    "Die Story mit dem ungarischen Staatsfernsehen war für uns natürlich ein Ritterschlag."
    Und natürlich machen sie weiter, mit immer mehr Fans und Followern. Bei Twitter heißt ihr Slogan schließlich nicht umsonst: Noktara.de – wer nicht folgt, wird gesteinigt!