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Israel
Heiliges Land auch für Bahai

Haifa im Norden Israels ist die Stadt der fünf Religionen: Juden, Muslime, Christen, Drusen und Bahai leben dort ausgesprochen friedlich zusammen. Für die Anhänger des Bahai-Glaubens ist dieser Ort aber von ganz besonderer Bedeutung, denn hier liegen einige ihrer Heiligen Stätten.

Von Astrid Pietrus | 06.02.2018
     Im Schrein des Bab im israelischen Haifa sind die sterblichen Überreste Abdul-Bahas, des ältesten Sohn des Religionsstifters für die Bahai, Baha ullah, aufgebahrt.
    Die Gärten der Bahai in Haifa (imago stock&people)
    Wenn die Anhänger des Bahai-Glaubens ihre täglichen Pflichtgebete verrichten, dann beten sie alle in Richtung Bahji, einem kleinen Ort bei Akko im Norden Israels - unweit der Grenze zum Libanon. Es ist der heiligste Ort für die Bahai. Denn hier, inmitten einer riesigen Gartenanlage, steht der Schrein Bahāʾullāhs, ihres Religionsstifters. Shervin Setareh, der stellvertretende Generalsekretär der Internationalen Bahai Gemeinschaft, erklärt, warum Bahāʾullāh im heutigen Israel beerdigt ist.
    "Durch Verbannung im Heiligen Land gelandet"
    "Es resultiert aus der Verbannung damals, als Bahāʾullāh, der Religionsstifter der Bahai-Religion, 1853 aus dem Iran verbannt wurde. Dann zunächst nach Bagdad, über Bagdad, Istanbul und Adrianopel - und letztendlich dann sollte der abschließende Verbannungsort die Festungsstadt Akko sein, wo die Idee war, dass er hoffentlich mit seinen 70 Anhängern dort elendig sterben würde. Also durch die Verbannung ist die Bahai-Religion am Ende im Heiligen Land gelandet."
    Tausende andere Glaubensanhänger wurden damals in Persien hingerichtet, so auch Seyyed ʿAli Muhammad Schirazi. Der "Bab", so sein Ehrentitel, gilt den Bahai ebenfalls als Religionsstifter.
    Sie nennen ihn auch "Manifestation Gottes" oder "Offenbarer". Seine Gebeine hatten Bahāʾullāh und seine Anhänger mit nach Palästina gebracht. Sie beschlossen, dass ihr Bab am Berg Karmel in Haifa seine letzte Ruhestätte finden sollte. Der Schrein des Bab ist heute einer der insgesamt 14 Pilgerorte für die Bahai in Israel.
    Eine heilige Stätte: Das Gefängnis in Akko
    "Die beiden heiligsten Stätten sind der Schrein Bahāʾullāh in Akko und der Schrein des Bab in Haifa. Aber es gibt auch andere heilige Stätten, wo Bahāʾullāh gelebt hat oder die er besucht hat. Etwa das Gefängnis in Akko in der Altstadt."
    14 der für sie heiligen Stätten, alle gelegen in Israel, können Bahai besuchen. Weitere Pilgerorte in anderen Ländern sind tabu. Denn im Iran und im Irak können die Bahai bis heute ihren Glauben nicht leben. Manch ein Pilgerort ist auch zerstört - etwa das Haus des Bab in Schiras im Iran. Dort verkündete er 1844 erstmals die Ankunft eines größeren Propheten. Damit beginnt die Zeitrechnung der Bahai.
    "Das Haus wurde dann kurz nach der Islamischen Revolution 1979 zerstört. Und dann ein anderes Haus, in dem Bahāʾullāh lebte, in Bagdad, das wurde den Bahais 2013 entnommen und es wurde auch teilweise zerstört."
    Einmal im Leben sollte jeder Bahai zu den Heiligen Stätten nach Israel reisen, vorausgesetzt er hat die wirtschaftlichen Möglichkeiten. Rund 2.000 Bahai-Pilger aus aller Welt kommen jedes Jahr. Obwohl die Wege innerhalb Israels kurz sind, dauert eine Pilgertour für die Bahai neun Tage.
    "Geistige Reise ... wenn man ins Gefängnis geht"
    "Das ist hauptsächlich eine geistige Reise, die man dort macht, zum Meditieren, auch um mehr über die Geschichte des Glaubens zu erfahren. So ein bisschen auch, wenn man in die Gebäude geht und ins Gefängnis, wo Bahāʾullāh war, dass man auch mehr assoziieren kann mit dem Leben des Religionsstifters."
    Die Pilger treffen während ihrer Reise auch die neun Mitglieder des Universalen Hauses der Gerechtigkeit in Haifa, so nennt sich jene Institution, die sich um alle Bahai weltweit kümmert. Die neunköpfige internationale Bahai-Führung wird alle fünf Jahre gewählt - von rund 1.300 Delegierten aus aller Welt.
    "Die Mitglieder des Hauses der Gerechtigkeit kümmern sich um die Belange der Bahai-Gemeinschaft weltweit. Die informieren sich, was die Situation in den verschiedenen Ländern, die geben eine gewisse Führung auf internationaler Ebene, es gibt so Fünfjahrespläne. Aber wie das dann umgesetzt wird in den verschiedenen Ländern, das ist dann Aufgabe der nationalen Gemeinden. Generell herrscht das Prinzip der Dezentralisierung."
    Kein Klerus
    Die Bahai haben keinen Klerus. Die Mitglieder treffen sich in Privatwohnungen wöchentlich zum Gebet. Gibt es mindestens neun Bahai an einem Ort, dann bilden sie einen geistigen Rat.
    Die Zahl neun hat für die Bahai eine große Bedeutung. Im Arabischen wird sie mit Baha wiedergegeben, was Herrlichkeit heißt. Eines der Bahai-Symbole ist ein neunzackiger Stern, der für die Einheit der Menschheit und die Einheit der Religionen steht. Die Bahai betrachten die Religionen als verschiedene Kapitel eines Buches. Ein Buch, das fortgeschrieben und umgeblättert werden kann.