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Ist da wer?

Exobiologie.- Riesig viele Erfolge gibt es auf der Suche nach außerirdischen Lebensformen allerdings nicht zu feiern. Denn offenbar, so scheint es zumindest, ist die Menschheit allein im All. Oder?

Von Guido Meyer | 19.10.2010
    "Is there anyone on the air ... ??"

    So ließ Orson Welles sein Hörspiel "Krieg der Welten" am Vorabend von Halloween des Jahres 1938 enden. Nach einer Invasion von Marsmenschen fragt sich einer der letzten überlebenden Menschen per Funk, ob er nunmehr der einzige seiner Art auf der Erde sei. Dass die Außerirdischen gerade vom Mars kamen, hat seinen Grund, denn spätestens seit der Erfindung des Fernrohrs steht der Rote Planet im Blickwinkel von Astronomen und eben auch von Astro- oder Exobiologen, Wissenschaftlern also, die nach Leben im All an anderen Orten als der Erde suchen.

    "Die wirklich interessante Frage, wenn wir Leben auf dem Mars entdecken sollten, wäre, ob es sich dabei um eine zweite Genesis handelt, eine eigenständige Entstehung von Leben. Mars ist der Testfall für den Rest des Alls. Sollte mögliches Leben auf dem Mars den gleichen Ursprung haben wie das irdische, also beispielsweise durch Meteoriten hin und her transportiert worden sein, sagt das nicht viel über die Bewohnbarkeit des Weltraums insgesamt aus. Treffen wir aber auf eine von der Erde völlig unabhängige Lebensform, gäbe es bereits allein in unserem Sonnensystem mindestens zwei Planeten, auf denen Leben entstanden ist. Daraus ließe sich ein lebensfreundliches Universum ableiten."

    Steven Dick ist Weltraumhistoriker im Auftrag der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA. Seit 50 Jahren sucht diese nach Gesellschaft im All, sei es in Form von Funksignalen einer intelligenten Zivilisation, sei es mit Raumsonden auf den Spuren von Mikroorganismen. Im nächsten Jahr soll das Mars Science Laboratory auf die Reise zum Roten Planeten gehen. Doch Vorsicht, rät Noel Hinners vom US-Weltraumkonzern Lockheed Martin.

    "Wir sollten aufpassen, dass wir mit unseren Sonden nicht irdische Bakterien zum Mars transportieren, sie per Probenrückführung wieder zur Erde bringen und dann behaupten, wir hätten Leben auf dem Mars gefunden, das genauso aufgebaut ist wie das auf der Erde! Genauso wenig dürfen wir unseren Nachbarplaneten mit irdischem Leben verseuchen wie wir darauf achten müssen, dass Proben vom Mars steril verpackt zur Erde gelangen, damit sie nicht während des Transport mit Material von anderswo verunreinigt werden."

    Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, trotz Flotten von Raumsonden und Terabytes von Funksignalen: Noch hat sich nichts und niemand dort draußen als Leben geoutet. Oder, wie es die Biologin Lynn Margulis von der Universität von Massachusetts-Amherst formuliert, eine der NASA-Astrobiologinnen der ersten Stunde:

    "Exobiologie sei das einzige akademische Forschungsfeld ohne Forschungsgegenstand. Denn nach dem suchen die Exobiologen qua Definition ja erst noch. Und dennoch: 50 Jahre Suche nach Leben im All habe die Wissenschaft vorangebracht, findet Lynn Rotschild vom NASA Ames Research Center in Mountain View im US-Bundesstaat Kalifornien."

    "Noch vor wenigen Jahrzehnten wurde man für verrückt erklärt, wenn man vor Chemikern oder Astronomen über Atome oder gar Moleküle anderswo im All gesprochen hat. Heute wissen wir, dass es im interstellaren Raum nicht nur Atome und Moleküle gibt, sondern mit Aminosäuren gar die Grundbausteine des Lebens. Die Sprache des Lebens auf der Erde scheint universell zu sein. Die Studenten in der Nähe des Sterns Alpha Centauri bedienen sich also im wesentlichen den gleichen Schulbüchern wie wir."

    Wenn es also Leben im All gibt – egal ob auf Mars, dem Planeten gleich nebenan, oder auf Planeten um das nächste Sternsystem Alpha Centauri, dann scheint es aus denselben chemischen Grundbausteinen aufgebaut zu sein wie das Leben auf der Erde – das glaubt auch der Astrophysiker Harald Lesch von der Technischen Universität München:

    ""Wenn wir der kosmische Normalfall sind, dann werden die Lebewesen auf anderen Planeten aus Kohlenstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen. Die werden natürlich auch Sensoren haben für das Licht des Sterns, den ihr Planet umkreist. Wir müssen davon ausgehen, dass es ein Planet ist, der eine ordentliche Atmosphäre hat, die diese Lebewesen einatmen. Es wird natürlich Öffnungen geben für die Aufnahme von Nahrungen und auch für die Abgaben der entsprechenden Müllprodukte. Und diese Lebewesen werden auf keinen Fall ihre zentrale Prozessoren-Einheit, also ihr Gehirn, irgendwie auf dem Boden rumtragen, sondern möglichst weit weg, weil auf dem Boden ist es einfach zu gefährlich. Also, schlussendlich muss man sagen – also, meine These ist: Der Außerirdische ist auch nur ein Mensch."