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Italien
Flüchtlinge dürfen Schiff verlassen

Es ist das Ende einer tagelangen Irrfahrt: Nach einer Intervention des italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella konnten 67 Flüchtlinge von Bord des italienischen Schiffs Diciotti gehen - der italienischen Innenminister Matteo Salvini von der rechtsextremen Lega Nord hatte sie zuvor öffentlich kriminalisiert.

Von Sarah Zerback | 13.07.2018
    Das Bild zeigt das Schiff am Hafen im Gegenlicht der Abendsonne.
    Das Schiff "Diciotti" der italienischen Küstenwache am 12.7.2018 im Hafen der sizilianischen Stadt Trapani. An Bord sind 67 Flüchtlinge, um die es Streit in der Regierung gab. (Igor Petyx / ANSA / AP)
    Matteo Salvini hätte sie am liebsten in Handschellen von Bord geholt. Die Migranten, die tagelang erst auf dem einen und dann auf dem anderen Schiff ziellos übers Mittelmeer gefahren waren. Blockiert von einem Innenminister, der von ihnen nur als "Verbrecher" und "gewalttätigen Piraten" spricht, die sich gegen die Crew gestellt hätten:
    "An Bord dieses Schiffes waren Personen, die laut Zeugenaussagen, die Crew bedroht haben, sie überfallen haben. Und deshalb habe ich getan, was ich getan habe um zu verhindern, dass diese Menschen in Italien drei Mahlzeiten am Tag gratis bekommen. Das muss erst mal untersucht werden."
    Staatspräsident Sergio Mattarella musste eingreifen und in einem vertraulichen Gespräch mit dem Ministerpräsidenten auf ein Ende der Blockade dringen, bis die am späten Abend aufgehoben wurde. Fernsehbilder zeigen wie die 67 Männer, Frauen und Kinder das Schiff der italienischen Küstenwache Diciotti um kurz vor Mitternacht verlassen und in einen schwarzen Bus steigen, begleitet von Polizeifahrzeugen. Ein richtiger Schritt, findet auch Luigi di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung, der sich damit gegen den Koalitionspartner stellt:
    "Ich glaube, wenn der Präsident interveniert, müssen wir das respektieren. Insbesondere in diesen wichtigen Fragen, denn dann sind die Abläufe schneller. Wir teilen die Bedenken des Präsidenten."
    Ende einer tagelangen Irrfahrt
    Für die Menschen auf der Diciotti endet damit eine tagelange Irrfahrt. Bereits am Montag hatte sie das italienische Schiff Vos Thalassa an Bord genommen. Laut Medienberichten hatten sich dann offenbar einige von ihnen dagegen gewehrt, dass libysche Patrouillenboote sie holen kommen. In den Medien und auch in den öffentlichen Vorwürfen Salvinis wurde daraus eine gewaltsame Meuterei. Sarah Ibrahim von der humanitären Organisation Intersos, die mit der Besatzung der Vos Thalassa gesprochen hat:
    "Das, was ich gehört habe, war, dass sie sehr verzweifelt waren. Sie haben gesagt, sie würden lieber sterben als nach Libyen zurückzukehren. Das war die eigentliche Bedrohung – die Besatzung war nicht in Gefahr."
    Alle Passagiere werden nun von der Staatsanwaltschaft im sizilianischen Trapani als Zeugen verhört. Es besteht der Verdacht, dass sich zwei Schlepper unter die Geflüchteten an Bord gemischt hatten. Wasser auf den Mühlen des Innenministers, der jede Gelegenheit nutzt, um für seinen harten Abschottungskurs zu werben. Eine Botschaft, die er auch nach dem Treffen der EU-Innenminister in Innsbruck wiederholt hat
    "Wenn wir Abfahrten und Ankünfte drastisch verringern, werden auch die Probleme kleiner in den einzelnen europäischen Staaten. Italien wird auf seinem Kurs bleiben – Schutz der Grenzen und Tausende und Tausende illegale Einwanderer zurückzubringen."
    Und so ist es wenig überraschend, dass er auf die – Zitat – "höfliche Frage vom deutschen Kollegen Seehofer, der mich gefragt hat, aus Deutschland kommende Migranten zurückzunehmen, habe ich genauso höflich gesagt: Nein danke."