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Italien
Paolo Gentiloni wird neuer Ministerpräsident

Die Suche nach einem Nachfolger für den scheidenden Ministerpräsidenten Matteo Renzi hat ein Ende: Der bisherige Außenminister, Paolo Gentiloni, soll die Regierungsgeschäfte übernehmen. Staatspräsident Sergio Mattarella hat den 62 Jahre alten Sozialdemokraten mit der Regierungsbildung beauftragt.

Von Lisa Weiß | 11.12.2016
    Paolo Gentiloni verlässt ein Gebäude und hebt die Hand zum Winken.
    Paolo Gentiloni ist zum neuen Premierminister Italiens ernannt wurden. (picture alliance /dpa / Angelo Carconi)
    Es war eine der kürzeren Regierungskrisen in Italien: Erst letzten Sonntag ist das Verfassungsreferendum gescheitert, was zum Rücktritt des bisherigen Ministerpräsidenten Matteo Renzi geführt hat. Genau eine Woche später, nach schnellen Sondierungsgesprächen und kurzer Bedenkzeit hat Staatspräsident Sergio Mattarella bekannt gegeben, wer in Zukunft Italiens Regierung führen soll. Verkünden durfte den Namen der Generalsekretär des Präsidenten, Ugo Zampetti:
    "Der Präsident der Republik hat heute Morgen im Quirinalspalast Paolo Gentiloni empfangen und hat ihm den Auftrag gegeben eine neue Regierung zu bilden. Gentiloni hat unter Vorbehalt zugestimmt."
    Unter Vorbehalt deswegen, weil Paolo Gentiloni noch die Liste der Minister seiner neuen Regierung Mattarella vorlegen muss. Doch das ist eher eine Formsache, in einer kurzen Ansprache machte der bisherige Außenminister Italiens gleich deutlich: Er nimmt die Herausforderung an.
    "Ich versuche diese Aufgabe mit Würde und Verantwortung zu erfüllen."
    Gentiloni verspricht schnelle Regierungsbildung
    Er versuche, diese Aufgabe mit Würde und Verantwortung zu erfüllen, sagte Gentiloni. Und kündigte an: Er werde so schnell wie möglich eine Regierung bilden, die von der Parlamentsmehrheit unterstützt wird.
    "Mir ist bewusst, wie dringend es ist, Italien eine voll handlungsfähige Regierung zu verschaffen. Um unsere Mitbürger zu beruhigen und um mit größtem Engagement und mit größter Bestimmtheit die drängenden Herausforderungen anzugehen - auf internationaler, wirtschaftlicher und sozialer Ebene."
    Herausforderungen gibt es viele: Das Land ist wirtschaftlich schwer angeschlagen, braucht dringend ein neues Wahlgesetz; nach dem verheerenden Erdbeben im Sommer muss der Wiederaufbau organisiert werden. Und dann ist da auch noch die Krisenbank Monte dei Paschi di Siena - um die schwächelnde Bank zu stabilisieren, braucht es möglichst schnell politische Stabilität.
    Opposition kündigt Demonstrationen an
    Auch deswegen dürfte es Staatspräsident Mattarella so eilig gehabt haben mit der Suche nach dem Nachfolger für Matteo Renzi - er wollte ihn präsentieren, bevor die Börsen öffnen. Mit Paolo Gentiloni hat sich Mattarella für einen besonnenen, etwas farblosen Politiker entschieden, einen Pro-Europäer, einen wunderbaren Kollegen, wie ihn der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier nennt - und für einen Parteifreund und engen Vertrauten des scheidenden Ministerpräsidenten. Genau das kritisiert die Opposition: Allen voran Giulia Grillo von der europakritischen Fünf-Sterne-Bewegung:
    "Sicherlich wird die Fünf-Sterne-Bewegung nicht tatenlos zuschauen bei einer neuen Regierung, die ein Abklatsch der Regierung von Matteo Renzi ist."
    Sie kündigte Demonstrationen auf den Straßen Italiens an. In die gleiche Kerbe schlägt auch Giorgia Meloni von der rechtsgerichteten Partei Fratelli d’Italia.
    "Wir müssen über die Verantwortung sprechen, die der Partito Democratico hat. Mit der Ernennung von Gentiloni wird alles verändert, damit am Ende alles gleich bleibt. Renzi installiert im Palazzo Chigi seine Marionette."
    Fast alle Parteien wollen Neuwahlen
    Doch am Widerstand der Opposition dürfte Gentiloni nicht scheitern: Das Parlament muss ihm zwar noch das Vertrauen aussprechen, doch das sollte kein Problem werden, die Mehrheiten sind da. Allzulange wird Gentiloni aber wohl nicht an der Regierung sein: Fast alle Parteien wollen Neuwahlen, aber davor muss noch das Wahlgesetz geändert werden, sonst wäre Italien wahrscheinlich unregierbar.
    Viele vermuten, dass der scheidende Ministerpräsident Matteo Renzi bei den nächsten Wahlen wieder antreten will. Bis dahin dürfte Gentiloni zwar einen anderen Stil, aber wirklich eine ähnliche Politik wie sein Vorgänger Renzi vertreten. Der hat inzwischen mal sein Büro ausgeräumt. Und auf Facebook betont: Ich bin zurückgetreten. Ernsthaft. Ich habe es gesagt und getan.