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Italiens neue populistische Regierung
Viele Männer, viele Professoren, einiges Konfliktpotenzial

Giuseppe Conte wurde als neuer Ministerpräsident Italiens vereidigt. Der Rechtswissenschaftler will jetzt Ruhe in die Politik seines Landes bringen. Doch birgt das neue Kabinett mit nur fünf Frauen, etlichen Ministern ohne nennenswerte Parteikarriere und einigen Professoren Konfliktpotenzial.

Von Nikolaus Nützel | 01.06.2018
    Der neue italienische Regierungschef Conte bei seiner Vereidigung durch Präsident Mattarella
    Der neue italienische Regierungschef Conte bei seiner Vereidigung durch Präsident Mattarella (AFP/Alberto Pizzoli)
    "Ich schwöre der Republik die Treue" - mit dieser traditionellen Formel und einem Bekenntnis zur Verfassung Italiens hat der neue Ministerpräsident Giuseppe Conte sein Amt angenommen. Damit gehen fast drei Monate zu Ende, in denen unklar war, wie die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone künftig regiert wird. Zwischenzeitlich hatten alle Zeichen auf Neuwahlen gestanden, weil vor allem die Lega den 81-jährigen Ökonomieprofessor Paolo Savona unbedingt für das Amt des Wirtschafts- und Finanzministers durchsetzen wollte. Dagegen hatte Staatspräsident Mattarella sein Veto eingelegt.
    Die neuen Minister
    Er hatte die Befürchtung, dass Savonas besonders eurokritische Haltung Italien - und damit allen italienischen Bürgern - auf internationaler Ebene schadet. Nun haben die Mehrheitsparteien und der Staatspräsident den Kompromiss gefunden, dass Savona um europäische Angelegenheiten kümmern soll. Für Wirtschaft und Finanzen ist der weniger eurokritische Ökonomieprofessor Giovanni Tria zuständig. Und für die Außenpolitik Italiens wird Enzo Moavero Milanesi verantwortlich sein - er gilt als erfahrener Fachmann auf diesem Gebiet - er war schon in zwei früheren Regierungen Minister für Europa-Angelegenheiten. Der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi di Maio wird Minister für Entwicklung und Arbeit. Vor seiner Vereidigung zeigte er sich gut gelaunt und optimistisch.
    "Ein wunderbarer Tag. Heute gehen wir an die Arbeit, um Arbeit zu schaffen - für diejenigen, die keine Arbeit haben, für diejenigen, die unter unwürdigen Bedingungen arbeiten, für die Unternehmer, die das Land am Laufen halten - dafür machen wir uns an die Arbeit."
    Neue Regierung will Wirtschaft und Arbeitsmarkt ankurbeln
    Italien liegt mit einer Arbeitslosenquote von rund elf Prozent deutlich über dem Durchschnitt der Euro-Zone. Zu den Maßnahmen, mit denen die neue Regierung die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt ankurbeln will, gehört eine Steuerreform, die für wesentlich niedrigere Steuersätze sorgen soll. Außerdem sollen Rentenreformen wieder rückgängig gemacht werden. Es gibt Schätzungen, wonach diese Maßnahmen mit jährlichen Kosten von 70 bis 120 Milliarden Euro verbunden sind. Die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega setzen darauf, dass sich dieses Geld aufbringen lässt, wenn die Wirtschaft Italiens wieder besser in Schwung kommt. Und Matteo Salvini, der Chef der Lega, machte deutlich, dass er sich beim Thema Staatsschulden von anderen Ländern Europas nichts vorschreiben lassen möchte.
    Kurz nachdem Staatspräsident Mattarella gestern den Weg für die neue Regierung freigemacht hatte, griff der künftige italienische Innenminister Salvini zu markigen Worten, um klarzumachen, dass er eine Politik nach dem Motto "Italien zuerst" auch nach außen durchsetzen will.
    "Denn Italien ist das schönste Land der Welt, wir brauchen die Deutschen nicht zu beneiden, auch nicht die Franzosen oder die Luxemburger - deswegen werden wir zusehen, dass Italien wieder eine Führungsrolle in Europa bekommt."
    13 Männer und fünf Frauen
    In Italien finden es etliche Medien bemerkenswert, dass es neben 13 Männern nur fünf Frauen im neuen italienischen Kabinett gibt. Ebenfalls als Besonderheit gilt es, dass insgesamt sechs sogenannte Tecnici dabei sind - also Fachleute, die gar keine oder keine nennenswerte Parteikarriere hinter sich haben, und es sind drei Minister mit Professorentitel und eine Universitätsdozentin im Kabinett. Mit der Umsetzung des Regierungsprogramms will die neue Regierung gleich nächste Woche beginnen.