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Jahresbericht Human Rights Watch
Aktivisten prangern US-Abhörpraxis an

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft US-Präsident Obama vor, die Privatsphäre auszuhöhlen. Obama habe bei der Ankündigung der Geheimdienstreform "lediglich vage Versprechen" gegeben. Die Aktivisten fürchten, dass sich andere Staaten ein Beispiel am Verhalten der USA nehmen.

21.01.2014
    Human-Rights-Watch-Direktor Kenneth Roth gestikuliert bei der Vorstellung des Jahresberichts zur Lage der Menschenrechte in Berlin vor einer Plakatwand mit dem Logo der Organisation.
    Human-Rights-Watch-Direktor Kenneth Roth stellt den Jahresbericht zur Lage der Menschenrechte in Berlin vor. (AFP / JOHN MACDOUGALL)
    Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat die von US-Präsident Barack Obama geplante Geheimdienstreform als unzureichend kritisiert. HRW-Direktor Kenneth Roth sagte bei der Veröffentlichung des Jahresberichts zur Lage der Menschenrechte in Berlin, Obama habe in rechtlicher Hinsicht "nichts an der bisherigen Abhörpraxis geändert".
    Spätestens jetzt sei klar, dass das Recht jedes Einzelnen auf Privatsphäre in den USA weiterhin verletzt werde. Beweise für die Behauptung, dass die USA mit ihren Spionageprogrammen einen Anschlag verhindert hätten, existierten nicht. Roth kritisierte weiter, Obama wolle mit seiner Ankündigung, Verbündete nicht mehr abzuhören, vom eigentlichen Skandal ablenken: "Ich freue mich zwar sehr für Kanzlerin Angela Merkel, dass ihr Mobiltelefon nicht mehr überwacht werden soll. Aber darum geht es nicht", sagte Roth.
    Aktivisten: Obamas Reformversprechen unzureichend
    Problem sei nicht Spionage unter Regierungen, sondern die Missachtung der Privatsphäre ganz normaler Bürger. Und da habe Obama "lediglich vage Versprechen" gegeben. Die Definition, Daten nur auszuspähen, wenn die nationale Sicherheit in Gefahr sei, sei ziemlich schwammig. "Stellen Sie sich vor, die Regierung stellt in jedem Schlafzimmer eine Videokamera auf, speichert die Aufnahmen und behauptet dann, die Privatsphäre werde nicht verletzt, weil das Material nur bei Verdacht angeschaut werde", sagte Roth. "Das ist der Ansatz der US-Regierung und der macht absolut keinen Sinn."
    Human Rights Watch fürchtet, dass andere Länder die Abhörpraxis der USA übernehmen könnten. Roth sagte, besonders Länder wie China, Russland und Indien nähmen sich ein Beispiel am "Trendsetter" USA. Eine Reaktion auf die NSA-Aktivitäten sei, dass "viele Länder eine Art nationales Internet entwickeln werden", um die Nutzerdaten in den Landesgrenzen zu halten, erklärte er. Das mache es den Regierungen leichter, herauszufinden, wer im Internet was geäußert habe - und dies zu zensieren.
    Zu wenig Einsatz der internationalen Gemeinschaft für Syrien
    Die Aktivisten stellen außerdem schwere Gräueltaten im Bürgerkrieg in Syrien fest, für die sie sowohl das Regime unter Präsident Baschar al-Assad als auch die Oppositionstruppen verantwortlich machen. Die internationale Gemeinschaft habe zu wenig getan, um die Menschenrechtsverletzungen zu stoppen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, heißt es in dem Bericht. Zudem hätten Russland und China ein Eingreifen der UNO verhindert - weder sei das Vorgehen des syrischen Regimes ausdrücklich verurteilt worden noch ein Waffenembargo verhängt oder der Internationale Strafgerichtshof einbezogen worden.
    Human Rights Watch stellt aber auch positive Entwicklungen der Menschenrechte in einigen Ländern im vergangenen Jahr fest. So hätten die Afrikanische Union, Frankreich, die USA sowie die Vereinten Nationen Friedensmissionen in Zentralafrika und im Südsudan unterstützt, um Massaker an der Zivilbevölkerung zu verhindern. Ruanda sei auf Druck von Verbündeten und durch die Aufstockung von UNO-Friedenstruppen dazu bewegt worden, Rebellen nicht länger militärisch zu unterstützen, die Gräueltaten im Kongo verübten.
    Der Bericht der Menschenrechts-Aktivisten umfasst knapp 700 Seiten und analysiert die Lage der Menschenrechte in mehr als 90 Ländern.