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James Donovan: "Apollo 11"
Weltraum-Drama aus Zeitzeugenberichten

Am Anfang stand eine politische Vorgabe: Die Mondlandung sollte die technologische Überlegenheit der USA gegenüber der Sowjetunion demonstrieren. Bei James Donovan stehen die Menschen im Mittelpunkt, die diese Vision Wirklichkeit werden ließen - eine epische Erzählung, spannender als jede Science Fiction.

Von Michael Lange | 07.07.2019
Der Astronaut Neil A. Armstrong, gefolgt von seinem Kollegen Edwin E. Aldrin Jr.: Gemeinsam laufen sie zu der Rakete, die sie zum Mond bringen wird.
Der Astronaut Neil A. Armstrong, gefolgt von seinem Kollegen Edwin E. Aldrin Jr.: Gemeinsam laufen sie zu der Rakete, die sie zum Mond bringt (NASA)
Der Sputnik-Schock saß tief. Deshalb wollte US-Präsident John F. Kennedy 1961 sein Land aufrichten und er versprach, dass die USA bis zum Ende des Jahrzehnts einen Menschen auf den Mond und heil wieder zurück zur Erde bringen werden. Wie das geschehen sollte, davon hatte der Präsident keine Ahnung. Klar war nur: In Zeiten des kalten Krieges und sozialer Umbrüche war dieses Projekt für das ganze Land von enormer Bedeutung. Es wurde zum Erfolg, weil Aufgeben keine Option war.
Am 20. Juli 1969 war es dann soweit: Der Astronaut Neil Armstrong betrat als erster Mensch den Erdtrabanten. Die vielen Hindernisse und Probleme, die auf dem Weg dorthin überwunden werden mussten, lassen noch heute die Verschwörungstheorien ins Kraut schießen. Der erfahrene Buchautor James Donovan geht die Fragestellung, wie Unmögliches möglich werden konnte, äußerst sachlich an. Wie ein Historiker hat er zahlreiche Quellen ausgewertet und mit Dutzenden Zeitzeugen gesprochen. Er erklärt einige technische Hintergründe; im Mittelpunkt aber stehen die Menschen: die Astronauten, die Konstrukteure und die Spezialisten im Kontrollzentrum – fast alle jung und voller Tatendrang.
Draufgänger am Raumschiff-Steuer
Die ersten Astronauten waren ausschließlich erfahrene Testpiloten mit militärischer Erfahrung. Sie waren es gewohnt, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Immer wieder weigerten sie sich, wie ein Affe in einer Kapsel in den Weltraum geschossen zu werden, um dann auf vorgegebenen Bahnen zu fliegen. Sie wollten als richtige Piloten Raumschiffe durch das Weltall steuern und selbst entscheiden, wann und wie sie ihr Leben riskieren. Echte Draufgänger, die von den NASA-Oberen kaum zu bändigen waren. Neil Armstrong war einer der besonnensten Männer der Astronauten-Klicke. Er hatte sich schon einmal in einer Notsituation bewährt, als seine Gemini-Kapsel ins Trudeln geriet und er ruhig blieb und knapp einer Katastrophe entging. Buzz Aldrin als zweiter Mann durfte mit, weil er eine wissenschaftliche Ausbildung besaß und Flugbahnen berechnen konnte – mit dem Rechenschieber, falls der kleine Computer an Bord ausfallen sollte.
Die Vielfalt der Charaktere erinnert bisweilen an Romane von Dostojewski. Eine Liste der vielen unbekannten Helden wäre eine hilfreiche Ergänzung gewesen. Trotz aller Details kommt James Donovan ohne Fachchinesisch aus. Er verzichtet weitgehend auf persönliche Bewertungen und setzt auf exakte Schilderungen der zahlreichen brenzligen Situationen. Konsequent bleibt er bei seiner amerikanischen Perspektive. Die russische Konkurrenz, von der man nie genau weiß, wie weit sie wirklich ist, kommt nur am Rande vor. Diese Sichtweise ist vertretbar, denn sie gibt Einblick in die amerikanische Gefühlslage. Denn ohne sie lässt sich nicht verstehen, wie das unmöglichste aller Raumfahrtprojekte gelingen konnte.
Buchcover James Donovan: "Apollo 11"
Kein anderes Buch beschreibt die einzelnen Ereignisse auf dem Weg zum Mond so sorgfältig und detailliert. Von Zeitzeugen hat James Donovan viele Einzelheiten erfahren, die bislang verborgen waren. So entsteht eine epische Erzählung, die an große Romane erinnert. Es geht um Begeisterung, Hoffnung, aber auch um Rückschläge und Enttäuschungen. Ein Weltraum-Drama, spannender als jede Science Fiction. Fazit: Die Geschichte der Mondlandung muss man nicht dramatisieren, damit sie spannend wird.
Apollo 11
Der Wettlauf zum Mond und der Erfolg einer fast unmöglichen Mission
Sachbuch von James Donovan
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hainer Kober
Deutsche Verlags-Anstalt DVA, München 2019, 544 Seiten, 28 Euro