Gut Ding hat Weile. Was man wahrlich nicht von allen Berliner Groß-Bauprojekte sagen kann. Mit der jetzt fertiggestellten James-Simon-Galerie aber verblasst die Erinnerung an lange Bauzeiten und an Kostensteigerungen. Einst als "teuerste Garderobe der Welt" verspottet, findet sich heute kaum noch ein kritisches Wort in den Zeitungen zum neuen zentralen Eingangsgebäude, das künftig wie die gläserne Pyramide des Louvre die Besucherströme der Museumsinsel empfangen und lenken soll.
Sieben Jahre länger gebaut als geplant
Dass der Bau 134 Millionen Euro kostete, fast doppelt so viel, wie veranschlagt, und seine Fertigstellung sieben Jahre länger brauchte als geplant – geschenkt! Wenn heute Bundeskanzlerin Angela Merkel das Gebäude feierlich einweiht, ist alle Mühsal vergessen. Wie ein eleganter, moderner Tempelbau erhebt sich das Gebäude über der Spree, hebt sich hell ab vom dunklen Grund der dahinter liegenden Museumsbauten. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, ist begeistert.
"Die Fertigstellung diese Gebäudes ist für uns enorm wichtig, einerseits ist es das Weiterbauen der Museumsinsel ins 21. Jahrhundert, was wunderbar gelungen ist, mit dieser einerseits Modernität, die aber dann doch mit Freitreppen, Kolonnaden, Sockelzone auf die historischen Gebäude der Umgebung Bezug nimmt, und natürlich was das Gebäude leisten muss. Besucherführung, also praktische Funktionen…"
Das sind, neben zentralen Ticketschaltern, Garderobe, Bookshop, Cafeteria und einem Auditorium für Veranstaltungen auch ein dringend benötigter Saal für Wechselausstellungen. Vor allem aber sollen von hier aus künftig die Touristenmassen verteilt werden zur archäologischen Promenade, die die Museen einst unterirdisch miteinander verbinden wird. Innen ist der Bau licht und transparent, Glasflächen geben immer wieder überraschende Blicke auf die benachbarten Museen und die Stadtumgebung frei. Der britische Architekt David Chipperfield.
"Die Museumsinsel ist eher hermetisch. Jedes Museumsgebäude steht für sich, es sind schwere 19.-Jahrhundert-Bauwerke. Und wir wollten, dass dieses Gebäude Offenheit ausstrahlt, es soll wie eine Einladung sein, auch für die Bürger von Berlin."
"Monströses Furunkel im Gesicht eines alten Freundes"
Es ist der erste Neubau auf der Berliner Museumsinsel seit der Eröffnung des Pergamonmuseums im Jahr 1930. Und als solcher nicht unumstritten. Mancher Kritiker fürchtete schon, der Museumsinsel könne der Weltkulturerbestatus abgesprochen werden. Ganz im Sinne des Modernitätsskeptizismus eines Prinz Charles, der den ersten Entwurf für einen Anbau an die altehrwürdige Londoner National Gallery einst als "monströses Furunkel im Gesicht eines alten Freundes" bezeichnet hatte. Auch Chipperfield musste nach heftiger Kritik seinen ursprünglich geplanten Glasbau überarbeiten. Der jetzt umgesetzte Entwurf entstand schließlich während einer Zugfahrt auf einer Papierserviette, wie Chipperfields Chefentwerfer Sascha Schwarz berichtet.
"Es gibt tatsächlich eine erste Skizze von dieser Zugfahrt, die erstaunlich präzise das zeigt, was heute gebaut ist. Das ist nicht immer so im Entwurfsprozess."
Namensgeber des Gebäudes ist James Simon, der bedeutende jüdische Mäzen, dessen zahlreichen Schenkungen die Staatlichen Museen ihren Weltruhm und unter anderem die Nofretete verdanken. Von den Nationalsozialisten verfemt, war sein Name nach dem Krieg in Vergessenheit geraten. Beschämend sei das, erklärte Kulturstaatsministerin Monika Grütters schon beim Richtfest. Und fügte hinzu:
"Dank des jetzt nach ihm benannten Eingangsgebäudes führt nun künftig im wahrsten Sinne des Wortes kein Weg auf die Museumsinsel mehr an ihm vorbei."