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Japan
Der makelose Friedenskaiser Akihito

Bald feiert der japanische Kaiser Akihito seinen 80. Geburtstag. Er repräsentiert die älteste Adelsdynastie der Welt und gilt als modern und weltoffen. Seine Haltung zu Krieg und Frieden wird aber nicht von allen mitgetragen.

Von Jürgen Hanefeld | 15.12.2013
    In prächtige Brokatgewänder gekleidet, versetzen die 26 "Hofmusiker des Kaiserlichen Haushalts" - wie sie offiziell heißen - im eigens zu diesem Zweck errichteten Palast-Theater das Publikum in eine andere Zeit. Sie spielen genau so und tanzen genau das, was sie von ihren Vorfahren gelernt haben. Kein Ton ist verändert, kein Schritt ist aufgeschrieben. Einige Stücke sind seit dem 8. Jahrhundert mündlich überliefert - von Generation zu Generation. Noch unter den heutigen Hofmusikern sind Söhne, Enkel und Urenkel früherer Hofmusiker zu finden. Eine ungebrochene Tradition. Eine Tradition wie die Dynastie der Kaiser selbst. Der offiziellen Chronologie zufolge ist der amtierende Monarch der 125ste auf dem Chrysanthemen-Thron. Tenno Akihito repräsentiert damit die älteste Erbmonarchie der Welt. Und ist doch anders als all seine Vorgänger.
    "Wenn ich an die Kriegszeit zurückdenke, wünsche ich nichts sehnlicher, als dass sich das schwere Unheil des Krieges nie wiederholen möge. Im tiefen Gedenken an die Opfer des Krieges bete ich um Frieden der Welt und das weitere Gedeihen unseres Landes."
    Der Kaiser am 15. August dieses Jahres, dem Gedenktag für die Kriegstoten. Wenige Tage nach der Kernkraft-Katastrophe in Fukushima sprach er in einer bewegenden Rede den Opfern Trost zu:
    "Ich möchte, dass Sie wissen, wie tief mich der Mut jener Opfer bewegt, die die Katastrophe überlebt und all ihre Kräfte zusammengenommen haben, um zu zeigen, dass sie weiterleben werden."
    Zum Frieden zu mahnen und dem Volk nahe zu sein, so könnte man die Botschaft Akihitos beschreiben. Der Sohn des Kriegskaisers Hirohito hat seine Regentschaft unter das Motto "Heisei" gestellt, "Frieden überall". Damit hat sich die japanische Monarchie nach dem Krieg mit der neuen, demokratischen Gesellschaft verbündet, ist vom Gipfel einer autoritären Ordnung zu humanen Werten und Idealen herabgestiegen. Sein Vater Hirohito war noch als gottgleich verehrt worden, denn der Tenno gilt traditionell als Bindeglied zwischen Himmel und Erde.
    Auch Akihito nimmt seine kultischen Aufgaben als oberster Priester der Shinto-Religion wahr. Aber nicht als Gott, sondern als Mensch. Akihito verkörpert das moderne, weltoffene Japan.
    Als erster Kaiser heiratete er eine Frau nach seinem Willen, eine Bürgerliche auch noch. Als erstes Kaiserpaar erzogen Michiko und Akihito ihre Kinder selbst, schickten ihre Söhne zum Studium in die USA. Seinem Motto getreu repräsentiert der Heisei-Tenno sein Land als zivilisierte, friedliebende Nation, die aus den hegemonialen Irrwegen der Vergangenheit gelernt hat. Der Historiker Yuji Otabe erklärt das so:
    "Der Kaiser hat als Kind schon bittere Erfahrungen mit dem Krieg gemacht. Er wurde mehrmals verschickt, hatte ständig Angst vor dem Tod, der Niederlage, dem Auslöschen seiner Familie. All das hat zu einer tiefen Beschäftigung mit Artikel 9 der Verfassung geführt, dem Pazifismusgebot."
    Es waren die Amerikaner, die nach der Kapitulation Japans 1945 beschlossen, das Kaisertum nicht abzuschaffen. Sie beließen Akihitos Vater Hirohito auf dem Thron, allerdings unter einer Verfassung, die es Japan für alle Zeiten unmöglich machen sollte, wieder einen Krieg anzuzetteln. Hirohito unterwarf sich dem Pazifismus-Gebot, Akihito hat es verinnerlicht. Genau das bringt ihn in Konflikt mit der amtierenden Regierung des nationalkonservativen Premierministers Shinzo Abe:
    "Premierminister Abe möchte die Verfassung ändern und das politische System der Vorkriegszeit wieder einführen. Damit will er die Probleme des Landes überwinden. Der Tenno als Friedenskaiser ist dabei ein Störfaktor. Deshalb will Abe den Kaiser auf seinen eigenen politischen Kurs zwingen."
    Das wird mit diesem Tenno kaum gelingen. Und auch Thronfolger Naruhito und Kronprinzessin Masako stehen nicht im Verdacht, der engstirnigen Politik des Regierungschefs folgen zu wollen. Vor allem aber ist es das Volk, das in Umfragen immer wieder beteuert, es stehe hinter dem Kaiserhaus in der Rolle, die Akihito verkörpert. Professor Otabe bringt es auf den Punkt:
    "Politiker sind schmutzig, bestechlich und missbrauchen ihre Ämter. Für Mitglieder des Kaiserhauses gilt das nicht. Ihr öffentliches Auftreten ist makellos. Sie gelten als Idealbild einer schöneren, besseren Welt."