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Japan und seine Eliteuniversitäten

In Japan ist schon lange Wirklichkeit, wovon viele Bildungspolitiker in Deutschland noch träumen - die Eliteuniversität. Allerdings denkt man beim Begriff "Elite" in Japan weniger an Spitzenforschung und internationales Renommee. Eher daran, dass ein Studium an einer Eliteuniversität quasi eine Garantie für einen Job in einem japanischen Topunternehmen oder bei der Regierung bedeutet.

Von Jörg Albrecht | 28.06.2004
    Ich denke, wenn wir über die Berufschancen unserer Studierenden sprechen, dann sind wir die beste Universität in Japan. Unsere Graduierten haben einen guten Ruf bei privaten Unternehmen und seit Ende des Krieges haben wir sogar viele gute Leute in Regierungsstellen vermitteln können, vor allem ins Außenministerium. Wir ermutigen unsere Studierenden, leitende Positionen in der Gesellschaft zu erreichen.

    Professor Toshiro Tanaka ist Vizepräsident der Keio Universität in Tokyo. Sie steht zusammen mit der Waseda an der Spitze der privaten Elitehochschulen. Ihre Mitbewerber auf staatlicher Seite sind die Universität von Tokyo, Todai, und die städtische Universität von Kyoto, Kyodai.

    Ich glaube, dass die Jobsuche ziemlich leicht für uns ist. Natürlich gibt es auch hier Studierende, die nicht sofort eine Stelle finden, aber wenn ich mir die Kommilitonen anschaue, die ihre Jobs schon gefunden haben, dann ist das Studium an der Keio Uni auf jeden Fall eine günstige Grundlage.

    Keiko Horino ist eine dieser Studierenden, die ermutigt werden sollen, einmal in die Führungsetagen vorzustoßen. Sie selbst möchte aber eigentlich lieber das professionell betreiben, was sie in ihrer Freizeit begonnen hat: Fotografieren. Während der Mittagspause im Schatten vor der Mensa erzählt sie von ihrer ersten eigenen Fotoausstellung, in der Bilder aus Indien gezeigt werden. Noch in diesem Jahr will sie nach Deutschland kommen, um auf Motivsuche zu gehen.
    Fühlt sie sich als Elitestudentin?

    Nee, überhaupt nicht. Weder ich noch meine engen Freunde gehören zu den Leuten, die das Lernen sehr ernst nehmen. Wir machen was wir wollen.

    Diese lockere Einstellung zum Studium findet man oft unter den Studierenden, die nach dem Bachelor Abschluss sofort ins Berufsleben einsteigen wollen. Wer aber plant, bis zum Master Kurs weiterzumachen, scheint mit mehr Ehrgeiz dabei zu sein. Wie zum Beispiel Yoshie Fukudai, die Chemie an der Waseda Universität studiert und sich als Forschungsthema "Katalysatoren" ausgesucht hat.

    Ich werde etwa hundert Seiten über meine eigene Forschungsarbeit schreiben müssen. Das wird mich bestimmt jeden Tag viel Zeit zum lernen kosten.

    Universitäten in Japan sind vergleichsweise jung. Die älteste, Keio, ist noch keine 150 Jahre alt. Doch schon seit den Gründungsjahren übte die Regierung immer großen Einfluss auf die Hochschulen aus. Zum Beispiel bei der Finanzierung.

    Die japanische Regierung hat immer schon Elite produziert durch die Höhe der Finanzmittel, die sie verteilt. Obwohl sie offiziell behauptet, sie würde alle Universitäten, private und staatliche, gleich behandeln, gibt es doch große Unterschiede in der Höhe der öffentlichen Finanzierung. Sogar unter den staatlichen Universitäten.

    Aufgrund dieser Finanzierungspolitik müssen private Hochschulen in Japan in der Regel anderthalbmal höhere Studiengebühren verlangen als staatliche. Das kann einen Unterschied von bis zu 12.000 Euro pro Bachelor Studiengang ausmachen, der in Japan auf vier Jahre angelegt ist. Allerdings bestehen kaum Gebührenunterschiede zwischen Universitäten im Spitzen- bzw. im Mittelfeld.