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Japanischer Fleiß trotz Strahlenbelastung

Leben darf und sollte man nicht mehr in der Evakuierungszone rund um die Atomreaktoren von Fukushima. Ganz in der Nähe steht auch eine Fabrik, in der weiter produziert wird, als ob nichts geschehen wäre. Ein Stück Normalität mitten in der Dauerkatastrophe.

Von Peter Kujath | 22.02.2012
    Während die Häuser in Iitate von ihren Bewohnern verlassen wurden, summen und knarren die Maschinen einer Fabrik mitten im Ort weiter. 240 Arbeiter von Kikuchi stellen hier Teile für Handys, Kameras und Kopiergeräte her.

    Hiromi Sato, stellvertretender Fabrikleiter Evakuierung:

    "Die Menschen kommen jetzt aus der Stadt Fukushima. Dorthin wurden sie größtenteils evakuiert. Früher war ich schnell in der Arbeit. Jetzt brauche ich ungefähr 50 Minuten."

    Hiromi Sato, der stellvertretende Fabrikleiter, wohnte wie seine Kollegen früher in Iitate etwa 50 Kilometer nordwestlich des havarierten AKWs Fukushima 1. Mitte April forderte die japanische Regierung die Bewohner auf, ihre Häuser wegen der radioaktiven Belastung zu verlassen. Kikuchi erhielt jedoch mit strengen Auflagen die Erlaubnis in Iitate weiter zu produzieren. Sato:

    "Die Unsicherheit bei den Menschen war schon da, aber man konnte ihnen so eine dauerhafte, feste Anstellung zusichern. Das ist gerade in diesen Zeiten sehr wichtig. Was die gesundheitlichen Bedenken angeht, haben wir etliche Maßnahmen ergriffen. Sie haben am Eingang wahrscheinlich die Luftdusche gesehen. Ich glaube, das wir auf diese Weise die Sorgen etwas zerstreuen können."

    Innerhalb der Räume der Fabrik beträgt die radioaktive Strahlung nur 0,3 Microsievert pro Stunde. Das entspricht in etwa dem Wert im Norden Tokios. Die Hallen sind abgedichtet und besondere Klimaanlagen sorgen dafür, dass keine radioaktiven Partikel hineinkommen. Draußen sieht es anders aus. Sato:

    "Auf Grund eines staatlichen Dekontaminierungsprojekts im Dezember und Januar rund um die Fabrik wurde zum Beispiel der Asphalt abgetragen und dann neu gemacht. Auch die Erde hat man bis zu einer Tiefe von 5 Zentimetern entsorgt. Früher hatten wir draußen in der Luft Werte von zwei bis drei Microsievert pro Stunde, jetzt sind es nur noch 0,7."

    Dennoch trägt jeder der Arbeiter einen Geigerzähler bei sich, der 24 Stunden am Tag die Belastung aufzeichnet. Wenn der Wert sich 20 Millisievert pro Jahr nähert, wird die betroffene Person in das Werk in Nihonmatsu versetzt. Bisher ist das bei fünf Personen erfolgt. Hiromi Satos Zähler steht derzeit bei acht Millisievert. Sato:

    "Am 11. März wird die Menge wieder auf null zurückgestellt. Es wird also jährlich neu gemessen, was man an radioaktiver Belastung abbekommt."

    Das hat aber zur Folge, dass über die Jahre der Grenzwert von 20 Millisievert deutlich übertroffen werden kann. Was die Produkte von Kikuchi angeht, gibt es seitens der Zentralregierung keine Vorschriften, aber die Firma hat mit ihren Kunden Grenzwerte vereinbart. Sato:

    "Die Produkte sind nicht das Problem, was die radioaktive Belastung angeht. Aber die Stellfläche, dort wo die Produkte gelagert werden, das war ein Problem. Wir hatten Holzpaletten benutzt, die aber besonders gut radioaktive Partikel speichern. Deshalb haben wir auf Plastikpaletten umgestellt."

    Produktionseinbußen hätte es nicht gegeben, meint Hiromi Sato der stellvertretende Fabrikleiter in Iitate. Natürlich macht auch er sich Sorgen wegen der radioaktiven Belastung, aber innerhalb des Betongebäudes gebe es aus seiner Sicht keinen Grund dafür - draußen spazieren gehen sollte aber man lieber nicht.