Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Jarzombek (CDU) zu A380-Aus
"Zeichen eines Wandels im Markt"

Der A380 sei ein tolles Flugzeug, aber letzten Endes zu teuer gewesen, so der CDU-Politiker Thomas Jarzombek im Dlf. Airbus habe das Ganze kommen sehen und deswegen schon ein Nachfolgemodell entwickelt. 1.000 Arbeitsplätze in Deutschland seien von dem Produktions-Stopp betroffen, würden aber möglichst umverteilt.

Thomas Jarzombek im Gespräch mit Christoph Heinemann | 14.02.2019
    Fallback Image
    Vierstrahlige Flugzeuge wie der A380 von Airbus seien heute zu teuer, sagt Thomas Jarzombek (Deutschlandradio)
    Christoph Heinemann: Am Telefon ist jetzt Thomas Jarzombek, CDU, der Koordinator der Bundesregierung für die deutsche Luft- und Raumfahrt. Guten Tag!
    Thomas Jarzombek: Schönen guten Tag, Herr Heinemann!
    Heinemann: Herr Jarzombek, unser Korrespondent war nicht überrascht von der Entscheidung. Und Sie?
    Jarzombek: Wir waren davon auch nicht überrascht. Ich glaube, das ist am Ende das Zeichen eines Wandels im Markt, wie es bei vielen Märkten der Fall ist. Die Gründe wurden schon genannt, vierstrahlige Flugzeuge sind heute zu teuer – und der A380 war sozusagen der letzte seiner Art, das letzte vierstrahlige Flugzeug, was noch in Serie produziert wurde. Ein tolles Flugzeug, aber jetzt kommen die neuen Stars wie der A350.
    Heinemann: Eine Art Dinosaurier?
    Jarzombek: Ich weiß nicht, ob er ein Dinosaurier war. Ich glaube, er hat zu der Zeit, als er im Markt eingeführt wurde, viele Menschen begeistert. Auch heute sind Piloten wie Passagiere begeistert vom A380, und ich glaube, dass er insgesamt Airbus auf Augenhöhe mit Boeing gebracht hat, und deshalb war er ein großer Erfolg für die Firma. Er hat eben auch den Verkauf der kleineren Flugzeuge deutlich mitgezogen. Ein tolles Projekt, aber am Ende gibt es einen wirtschaftlichen Wandel, und jetzt hat Airbus frühzeitig auch auf neue Flugzeuge gesetzt, den nagelneuen A350 entwickelt – und das ist nun auch ein Erfolgsmodell im Markt.
    "Es sind etwa 1.000 Arbeitsplätze davon betroffen"
    Heinemann: Wie viele Arbeitsplätze in Deutschland sind bedroht?
    Jarzombek: Es sind etwa 1.000 Arbeitsplätze davon betroffen, und wie es gerade auch schon gesagt worden ist, wir reden natürlich als Regierung auch mit Airbus und schauen, dass die Arbeitsplätze halt eben jetzt auf die neuen Flugzeuge umverteilt werden, die jetzt auch mehr produziert werden. Emirates hat ja die Bestellung nicht gekündigt, sondern umgewandelt in eine Bestellung neuer Flugzeuge vom A350 und vom A330neo, und da werden wir natürlich auch unsere Interessen vertreten, auch was den Standort Deutschland betrifft im Konzernverbund.
    Heinemann: Sind die deutschen Produktionsstandorte entsprechend vorbereitet?
    Jarzombek: Ja, ich glaube, dass alle darauf vorbereitet sind, das kann am Ende niemanden mehr wirklich überrascht haben. Und der Auftrag von Emirates war ja sozusagen die Mindestmenge, die man noch gebraucht hätte, um so ein Flugzeug profitabel herzustellen, und deshalb hat man bei Airbus auch meines Wissens nach schon lange sich überlegt, was passiert, wenn man unter diese Schwelle kommt.
    Heinemann: Das heißt, Sie rechnen nicht damit, dass Arbeitsplätze verlorengehen?
    Jarzombek: Es ist ein wirtschaftlicher Wandel, und das werden Sie nie eins zu eins umsetzen können, aber es entstehen natürlich auch eine Menge neuer Arbeitsplätze. Und das ganze Thema Luftverkehr wird herausgefordert noch durch ganz andere Akteure. Das, was man gemeinhin als Flugtaxis und als Drohnen bezeichnet, mit Drohnen können Sie heute viele Dinge machen, für die man früher Hubschrauber gebraucht hat. Wenn man in den nächsten Jahren irgendwann dahin kommt, und da gab es gestern eine Vereinbarung zwischen einer neuen deutschen Firma, Volocopter, und dem Flughafen Frankfurt, dass sie auch Menschen damit transportieren können, wird ein völlig neues Geschäftsmodell entstehen. Und hier werden viele neue Arbeitsplätze entstehen, aber hier werden auch bestehende Akteure natürlich erneut herausgefordert.
    Heinemann: Was also genau muss an den deutschen Produktionsstandorten jetzt passieren?
    Jarzombek: Wir müssten halt jetzt eben schauen, dass Airbus selber eine Konzeption vorlegt, wie sie eben mit den Mitarbeitern umgehen. Ich glaube aber, dadurch, dass jetzt zusätzliche Flugzeuge hergestellt werden, halt andere Typen, ist es ja auch das Interesse von Airbus selbst, die Mitarbeiter auf die neuen Projekte zu setzen, denn auch in der Flugzeugindustrie sind Fachkräfte Mangelware und die Unternehmen reißen sich um Flugzeugingenieure.
    Heinemann: Herr Jarzombek, wieso hat Airbus das Ganze nicht kommen sehen?
    Jarzombek: Ich glaube, Airbus hat das Ganze kommen sehen und hat deshalb ja auch schon frühzeitig darauf gesetzt, ein Quasi-Nachfolgemodell zu entwickeln mit dem A350. Es ist ein zweistrahliges Flugzeug, es kann interkontinental fliegen, es ist extrem verbrauchssparsam, es ist nicht mehr aus Metall gefertigt, sondern aus Kohlefaserverbundstoffen und das modernste, das beste Flugzeug im Markt jetzt, um interkontinentale Verbindungen zu machen. Und die Umwandlung von Emirates zeigt am Ende, dass das auch funktioniert. Man hat sich nicht für Boeing-Produkte entschieden, sondern für den A350 – und damit hat Airbus sehr frühzeitig die Weichen gesetzt auf einen Wandel im Markt, den man genau gesehen hat.
    "Airbus hat das Ganze kommen sehen"
    Heinemann: War die Entscheidung für den Bau des A380 falsch?
    Jarzombek: Ich glaube, dass die Entscheidung richtig war, denn ich habe vorhin schon einmal gesagt: Ähnlich, wie Sie das auch von Automobilherstellern kennen, dass sie ein Topmodell platzieren, was möglicherweise für sich allein genommen gar nicht so wirtschaftlich ist, zieht es aber das Image der ganzen Marke mit nach vorne und hilft ihnen, eben dann auch die kleineren Produkte zu verkaufen. Und genau das ist passiert, Airbus ist der Marktführer in den sogenannten Single-Isle-Flugzeugen, also in der A320-Familie, es gibt einen Rückstand oder ein Auftragsbuch von mehr als 5000 Flugzeugen, das ist schon wirklich sehr beeindruckend.
    Und eben mit dem A350 ist man jetzt erstmalig auch tatsächlich im Bereich der zweistrahligen Interkontinentalflugzeuge konkurrenzfähig. Insofern glaube ich, hat sich das Unternehmen hier schon gut aufgestellt. Und die Ergebnisse der Bilanzpressekonferenz heute Morgen sprechen ja auch deutlich dafür, Umsatzwachstum und ganz erhebliches Gewinnwachstum.
    Heinemann: Wollte Airbus vielleicht zu sehr den Konkurrenten Boeing in den Schatten stellen, vor allem den großen Jumbo, den 747?
    Jarzombek: Das hat man natürlich auch geschafft, weil die 747 ja inzwischen auch schon nicht mehr hergestellt wird, und insofern der A380 noch deutlich länger läuft.
    Heinemann: Kann man von einer Trendwende im Flugzeugbau sprechen ab heute?
    Jarzombek: Die Trendwende, die sehen wir schon eine ganze Zeit. Sie haben auch natürlich immer wieder neue Trends und wechselnde Moden. Hat man vor zehn Jahren noch sehr stark darauf gesetzt, sogenannte Hubs zu bedienen, also alle Passagiere zu möglichst großen Flughäfen zu bringen und zu anderen großen wieder weiterzufliegen, gibt es heute auch viele Interkontinentalverbindungen zwischen mittelgroßen Flughäfen, die sich auch wirtschaftlich abbilden lassen mit genau solchen Flugzeugen wie dem A350.
    Und wir werden auch in der Zukunft Veränderungen sehen, wie vorhin schon mal gesagt, das ganze Thema Drohnen, bemannt wie unbemannt, wird etwas sein, was die gesamte Luftfahrtindustrie revolutionieren wird, in einem Ausmaß, wie wir es uns heute vielleicht heute gar nicht vorstellen können.
    Heinemann: Herr Jarzombek, für die Entwicklung des A380 sind auch deutsche Steuergelder gezahlt worden, die sollten aus den Erlösen zurückfließen, geht der Staat jetzt leer aus?
    Jarzombek: Das müssen wir jetzt erst mal mit Airbus besprechen. Da wurden schon auch eine ganze Reihe Gelder mittlerweile zurückgezahlt, wir haben da ja entsprechende Programme verändert, noch mal umstrukturiert im letzten Jahr. Und wir müssen jetzt mit Airbus mal reden, wie es am Ende genau aussieht.
    Heinemann: Wieviel fehlt noch?
    Jarzombek: Ja, das ist jetzt vielleicht nicht das Thema, was man heute besprechen muss, weil das auch von Faktoren abhängig ist, die wir noch gar nicht genau beurteilen können, denn in diesen Vertragswerken ist halt erst mal die Frage gestellt, liegt es an Airbus oder liegt es am Markt? Und wir haben eigentlich auch eine Garantie, dass das Programm noch so viele Jahr fortgeführt wird. Und was genau sich hinter einem Stopp des Programms verbirgt, in der juristischen Auslegung, das ist etwas, was wir erst mal prüfen müssen. Deshalb ist es, glaube ich, jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt, hier irgendwie virtuelle Summen in den Raum zu stellen.
    Heinemann: Können Sie den Steuerzahlern und Steuerzahlerinnen denn garantieren, dass Geld noch gezahlt werden wird?
    Jarzombek: Garantieren kann im Leben nie irgendwas, insbesondere dann, wenn man halt eben Forschungsprogramme macht. Die Bundesrepublik Deutschland gibt an vielen Stellen Geld für Forschungsförderung aus, sie wissen am Ende nie, wie die Produkte sich im Markt tatsächlich durchsetzen, aber wenn Sie keine Innovationen mehr produzieren, ist irgendwann Ihre Ökonomie am Ende. Und insofern hat Airbus jedenfalls die Mittel genutzt, um damit ein erfolgreiches Line-Up von seinen Produkten aufzubauen, ist ein großer Arbeitgeber, wir haben in Deutschland über 100.000 Arbeitsplätze im Bereich der Luftfahrtindustrie. Airbus ist der wesentliche Anker, an dem auch die zahlreichen Zulieferer hängen, und Airbus ist einer der größten Steuerzahler an den Standorten. Und insofern ist das, was wir halt eben auch getan haben, um Airbus dahin zu bringen, wo sie heute sind, etwas, was, glaube ich, vielen Menschen und auch vielen Standorten sehr stark geholfen hat.
    "Die Veränderung durch den A380 war nicht die letzte"
    Heinemann: Gleichwohl kann es sein, dass der Staat ab jetzt leer ausgeht?
    Jarzombek: Das kann ich Ihnen zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen. Wie gesagt, das hängt von einer ganzen Reihe von Kriterien ab, die wir prüfen müssen. Aber Tatsache ist auch, dass von den Kreditprogrammen, die wir gemacht haben, schon auch große Teile zurückgezahlt worden sind.
    Heinemann: Herr Jarzombek, für den A380 wurde manch ein Flughafen mit neuem Terminal ausgestattet. Sind diese Investitionen langfristig in den Sand gesetzt?
    Jarzombek: Also, erst mal haben wir ja heute erfahren, dass der A380 noch bis 2021 fortproduziert wird, das heißt, dass noch neue Maschinen in den Markt kommen. Und darüber hinaus gibt es ja viele Maschinen, die im Markt sind und die auch noch viele Jahre weiter fliegen werden. Und deshalb sind die Investitionen, die Airports vorgenommen haben, etwas, was noch über viele Jahre hinaus tragen wird. Aber natürlich wird der Wandel in der Wirtschaft und der Wandel bei den Produkten für die Flughäfen auch in den nächsten Jahren immer wieder dazu führen, dass man sich auch neu aufstellen muss. Was wir in den letzten Jahren ja gesehen haben, ist, dass sehr viele Flughäfen ihre Boarding Gates verändert haben auf die Wünsche der ganzen Low-Cost-Airlines, die heute sehr stark im Markt sind, ob das nur Easyjet oder Eurowings ist, die halt eben mehr Walk-in-Gates haben wollen, wo man von vorne und von hinten in die Flugzeuge gehen kann, die mit den Fingern nicht mehr so gut klarkommen. Insofern haben wir hier eine stetige Veränderung, die Veränderung durch den A380 war nicht die Letzte und das wird natürlich auch weitergehen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.